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Stopp der Überstellungen nach Griechenland verlängert – Situation nach wie vor katastrophal
Innenminister Friedrich hat den Überstellungsstopp nach Griechenland um ein weiteres Jahr verlängert. Mit der Entscheidung teilte er gleichzeitig mit, das Dublin-System werde „als solches nicht in Frage gestellt.“ Dabei zeigt sich die Krise des Dublin-Systems nicht nur an Griechenland.
Zum zweiten Mal hat das Bundesinnenministerium den Abschiebestopp nach Griechenland um ein Jahr verlängern müssen. Die Bedingungen, die Flüchtlinge in Griechenland auf der Straße oder in Haft erleiden, sind nach wie vor menschenrechtswidrig. Die Umsetzung des von der griechischen Regierung 2010 vorgelegten Nationalen Aktionsplans zur Etablierung eines Asylsystems lasse zwar „Verbesserungen erkennen“, so heißt es in der Presseerklärung des Bundesinnenministeriums, doch weise das griechische Asylsystem „noch schwerwiegende Mängel auf“.
Schon seit Januar 2011 finden aus Deutschland keine Dublin-Überstellungen mehr nach Griechenland statt. Die Entscheidung fiel nur wenige Tage, bevor der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in einem richtungsweisenden Urteil klargestellt hatte, das unter den Umständen, in denen Flüchtlinge in Griechenland inhaftiert werden, Abschiebungen dorthin menschenrechtswidrig sind.
Noch immer werden Flüchtlinge in Griechenland unter unmenschlichen Bedingungen oft über Monate hinweg inhaftiert, von Polizisten verprügelt, auf die Straße gesetzt und schutzlos Elend und Obdachlosigkeit sowie zunehmenden Angriffen rassistischer Schlägertrupps ausgesetzt. Am Leid der Asylsuchenden in Griechenland hat sich trotz aller „Aktionspläne“ und „Maßnahmen“ bisher kaum etwas geändert. Angesichts der zunehmend desolaten Lage des Landes ist dies leider nur wenig verwunderlich.
Dass die abermalige Verlängerung des Überstellungsstopps zugleich als Hinweis auf das Scheitern des sogenannten Dublin-Systems zu deuten ist, versucht Innenminister Friedrich von sich zu weisen: „Mit Verlängerung der Entscheidung zur Aussetzung wird das Dublin-System als solches nicht in Frage gestellt“, so Friedrich in seiner Pressemitteilung. „Die auf dem Verantwortungsgrundsatz basierenden Zuständigkeitsregelungen“ habe sich „in den über zehn Jahren ihrer Anwendung bewährt“, das Dublin-System biete die Garantie dafür, „dass jeder auf dem Gebiet der teilnehmenden Staaten gestellte Asylantrag auch tatsächlich geprüft“ werde.
Tatsächlich werden in Griechenland die wenigsten Asylgesuche geprüft – ein Großteil der Schutzsuchenden findet dort keinen Zugang zum Asylsystem. Und nicht nur in Griechenland ist die Situation von Asylsuchenden katastrophal. In Malta und Ungarn werden Schutzsuchende systematisch unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert, in Italien landen Flüchtlinge auf der Straße. Das Dublin-System, nach dem das Asylgesuch eines Flüchtlings in dem EU-Staat geprüft werden muss, dass ihn hat einreisen lassen, schiebt die Verantwortung für Flüchtlinge auf die EU-Randstaaten ab – die ihrerseits verantwortungslos handeln und Flüchtlinge mit inhumanen Aufnahmebedingungen abzuschrecken versuchen.
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