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Familiennachzug jetzt!

Zehn­tau­sen­de Fami­li­en sind durch Flucht und Ver­trei­bung getrennt. Die Bun­des­re­gie­rung hat mit ihrem Koali­ti­ons­ver­trag ver­spro­chen, den Fami­li­en­nach­zug zu erleich­tern. Doch das War­ten hat immer noch kein Ende. Ob und wann die Regie­rung ihr Ver­spre­chen ein­löst, ist unklar. Dar­um wol­len wir zusam­men mit euch Druck machen.

12.12.: Aktion Vor dem Brandenburger TOr

Am 12. Dezem­ber 2023 fin­det eine sym­bo­li­sche Akti­on vor dem Bran­den­bur­ger Tor in Ber­lin statt. Dabei sol­len lebens­gro­ße Sil­hou­et­ten von getrenn­ten Fami­li­en durch Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te und Passant*innen zusam­men­ge­führt werden.

Die Akti­on dient als Mahn­mal, um die Bun­des­re­gie­rung an ihr Ver­spre­chen im Koali­ti­ons­ver­trag zu erin­nern, den Fami­li­en­nach­zug für Geflüch­te­te zu erleich­tern. Zwei Jah­re nach die­ser Zusa­ge scheint die Umset­zung ins Sto­cken gera­ten zu sein, und die Orga­ni­sa­tio­nen möch­ten die Öffent­lich­keit dar­auf auf­merk­sam machen.

Die For­de­rung an die Regie­rung besteht dar­in, den Fami­li­en­nach­zug für sub­si­di­är Geschütz­te ent­spre­chend zu erleich­tern und das im Koali­ti­ons­ver­trag gege­be­ne Ver­spre­chen umzusetzen.

Was?    Mahn­mal für getrenn­te Fami­li­en, sym­bo­li­sche Zusam­men­füh­rung von lebens­gro­ßen Sil­hou­et­ten durch MdBs und Passant*innen

Wo?      Bran­den­bur­ger Tor, Berlin

Wer?     PRO ASYL, terre des hom­mes und Abge­ord­ne­te der Regie­rungs­par­tei­en (ange­fragt).

Wann?  12. Dezem­ber 2023

Foto- und Inter­view­ter­min sowie Rede­bei­trä­ge um 12 Uhr

Die gesam­te Akti­on dau­ert von 11:15 Uhr bis 16 Uhr.

Einzelfälle

Um wel­che Men­schen geht es? Wir haben eini­ge Fall­bei­spie­le aus unse­rer all­täg­li­chen Arbeit zusam­men­ge­tra­gen. Jeder öffent­li­che Druck beim The­ma Fami­li­en­nach­zug hilft ihnen, ihre Ange­hö­ri­gen bald wie­der bei sich zu haben!

(Namen aus Schutzgründen geändert)

Najib Ahma­di ist afgha­ni­scher Staats­an­ge­hö­ri­ger und lebt bereits seit 2015 in Deutsch­land. Nach einem lan­gen und zer­mür­ben­den Kla­ge­ver­fah­ren bekam er erst 2021 end­lich sei­ne Flücht­lings­ei­gen­schaft zuge­spro­chen. Dar­auf­hin buch­te er im Novem­ber 2021 bei der deut­schen Aus­lands­ver­tre­tung in Islam­abad (Paki­stan) einen Ter­min für die Bean­tra­gung eines Visums für Fami­li­en­nach­zug sei­ner Ehe­frau. Bis heu­te hat er ledig­lich eine War­te­num­mer erhal­ten. Wann der Ter­min statt­fin­den wird, weiß er nicht. Nach der­zei­ti­gen War­te­zei­ten gehen wir davon aus, dass es bis zu 28 Mona­te dau­ern wird, bis Herr Ahma­di und sei­ne Frau über­haupt einen Antrag stel­len kön­nen. Und damit ist zunächst nur der ers­te Schritt in einem oft jah­re­lan­gen Ver­fah­ren getan.

Hana ist mit elf Jah­ren gemein­sam mit einer älte­ren Schwes­ter aus dem Irak nach Deutsch­land geflo­hen. Sie und ihre Schwes­ter sind Jesi­din­nen. Als der IS in ihre Hei­mat­stadt ein­fällt, bleibt den Eltern kei­ne Wahl, als die Mäd­chen weg­zu­schi­cken. Ihnen droht akut die Zwangs­hei­rat mit IS-Kämp­fern. Der Rest der Fami­lie bleibt zurück. Denn die Zwil­lings­schwes­ter von Hana lei­det unter einer lebens­be­droh­li­chen Herz­krank­heit und wür­de die Flucht nicht über­ste­hen. Nach drei Jah­ren erhält Hana in Deutsch­land den Flücht­lings­schutz. Fast ein Jahr spä­ter wird nur der Nach­zug ihrer Eltern bewil­ligt, ihre Schwes­ter soll im Irak allein zurück­blei­ben. Für die Eltern, aber auch für Hana und ihre Schwes­ter ein kaum aus­zu­hal­ten­der Zustand.

Mari­am Kidane flüch­tet 2016 aus Eri­trea und dem Sudan und wei­ter nach Deutsch­land, wo sie 2018 ihre Flücht­lings­an­er­ken­nung erhält. Ihre zwei Töch­ter und ihr Ehe­mann blei­ben im Sudan zurück, da die wei­te­re Flucht für die Kin­der viel zu gefähr­lich wäre. Sie stellt 2018 einen Antrag auf Fami­li­en­nach­zug und ver­sucht, die gefor­der­ten Doku­men­te zu beschaf­fen. Dies ist nicht ein­fach, da sie zwar eine Arbeit hat, die­se jedoch nur für ihren eige­nen Lebens­un­ter­halt und die Unter­stüt­zung ihrer Fami­lie reicht und die Beschaf­fung von Doku­men­ten sehr teu­er ist. Die War­te­zeit auf einen Ter­min in der deut­schen Aus­lands­ver­tre­tung im Sudan betrug 18 Mona­te. Nach dem Ter­min war­tet die Fami­lie ein wei­te­res Jahr auf eine Ant­wort der Aus­lands­ver­tre­tung, die dann wie­der­um nach wei­te­ren Doku­men­ten ver­langt, die die Fami­lie außer­halb von Eri­trea nicht besor­gen kann. Sie haben nun eine Anwäl­tin in Deutsch­land beauf­tragt, die ver­sucht, das Ver­fah­ren vor­an zu trei­ben. Die Fami­lie ist seit über fünf Jah­ren getrennt.

Tarek Yil­maz ist tür­ki­scher Staats­an­ge­hö­ri­ger und leb­te mit sei­ner Fami­lie in Osma­ni­ye (Tür­kei), bis er im Herbst 2022 nach Deutsch­land flüch­ten muss­te und seit­dem in Nie­der­sach­sen lebt. Im Janu­ar 2023 wur­de ihm die Flücht­lings­ei­gen­schaft zuer­kannt, schon vor­her hat­te er einen Ter­min für die Bean­tra­gung eines Visums zwecks Fami­li­en­nach­zugs gebucht. Sei­ne Frau und sei­ne drei Kin­der leben noch in Osma­ni­ye. Im Febru­ar bebt die Erde in der Tür­kei und Syri­en, Osma­ni­ye liegt mit­ten in dem Gebiet. Zwar über­lebt die Fami­lie von Herrn Yil­maz die Erd­be­ben­ka­ta­stro­phe, doch sie ver­lie­ren alles, was sie besa­ßen. Die Bun­des­re­gie­rung ver­spricht, Visa­ter­mi­ne von vom Erd­be­ben betrof­fe­nen Fami­li­en vor­zu­zie­hen. Doch bis April ist dies nicht passiert.

Jalil Ali* ist aus Syri­en und leb­te dort bis 2016 mit sei­ner Mut­ter und sei­nen vier Geschwis­tern. Sein Vater wur­de 2013 als unbe­tei­lig­ter Zivi­list im Krieg getö­tet. Nach­dem auch sei­ne jüngs­te Schwes­ter bei einem Bom­ben­an­griff starb, flüch­te­te er mit sei­ner Fami­lie 2016 in die Tür­kei, wo sie meh­re­re Jah­re unter äußerst pre­kä­ren Bedin­gun­gen in einem Flücht­lings­la­ger leben muss­ten. Als 17-jäh­ri­ger macht sich Jalil 2020 allein auf den Weg nach Deutsch­land und erhält dort einen Schutz­sta­tus. Sei­ne Mut­ter und sei­ne min­der­jäh­ri­gen Geschwis­ter bean­tra­gen den Nach­zug zu ihm. Aber nur die Mut­ter erhält das Visum, nicht aber sei­ne Geschwis­ter. Da traf die Mut­ter die schwie­ri­ge Ent­schei­dung, die Kin­der bei Bekann­ten in der Tür­kei zu las­sen – um sie dann selbst spä­ter nach­zu­ho­len. Mitt­ler­wei­le ist die Fami­lie in Deutsch­land ver­eint, aber erst nach mona­te­lan­ger unnö­ti­ger Trennung.

Omed Hus­sein ist syri­scher Staats­an­ge­hö­ri­ger und 26 Jah­re alt. Er flieht im Herbst 2022 nach Deutsch­land und bekommt im Dezem­ber 2022 den sub­si­diä­ren Schutz. Eini­ge Tage spä­ter bean­tragt Herr Hus­sein einen Ter­min für den Nach­zug sei­ner Frau und Kin­der. Sei­ne Frau und sei­ne drei klei­nen Kin­der haben Syri­en auch ver­las­sen und sind in die Tür­kei geflo­hen. Doch ihre Lebens­si­tua­ti­on ist dra­ma­tisch, denn sie leben mit­ten im Zen­trum des Erd­be­ben­ge­biets. Durch das Erd­be­ben sind sie obdach­los gewor­den und müs­sen zunächst in Zel­ten leben, da die Not­fall­ver­sor­gung syri­scher Flücht­lin­ge in der Tür­kei äußerst pre­kär ist. Nun sind sie bei Ver­wand­ten vor­über­ge­hend unter­ge­kom­men. Trotz der kata­stro­pha­len und vul­ner­ablen Situa­ti­on der Fami­lie mit einem Baby und zwei Klein­kin­dern und trotz des Ver­spre­chen Deutsch­lands, dass Ange­hö­ri­ge in den Erd­be­ben­ge­bie­ten schnel­ler Ter­mi­ne erhal­ten soll­ten, haben sie bis­lang noch kei­nen Ter­min bei der deut­schen Bot­schaft. Die Fami­lie ist sehr verzweifelt.

Ahmed Hamoud ist aus Syri­en und 2020 als 12-Jäh­ri­ger nach Deutsch­land ein­ge­reist. 2021 wird ihm der sub­si­diä­re Schutz zuer­kannt. Sei­ne Eltern und Geschwis­ter (5, 10 und 13 Jah­re alt) befin­den sich noch in Syri­en. Nach 10 Mona­ten War­te­zeit stellt er Mit­te 2022 Anträ­ge auf Fami­li­en­nach­zug. Nach wei­te­ren acht Mona­ten wird der Nach­zug der Eltern geneh­migt, die Geschwis­ter jedoch erhal­ten eine Ableh­nung. Denn die Behör­den ver­lan­gen den Nach­weis von Wohn­raum und die Lebens­un­ter­halts­si­che­rung für die gan­ze Fami­lie vom mitt­ler­wei­le 15-jäh­ri­gen Ahmed und sei­nem Vor­mund (genau­so wie Kran­ken­ver­si­che­rungs­schutz). Wohn­raum kann mit­hil­fe des Vor­munds nach­ge­wie­sen wer­den, die Siche­rung des Lebens­un­ter­halts jedoch nicht. Von den gesetz­lich vor­ge­se­he­nen Aus­nah­men zur Lebens­un­ter­halts­si­che­rung machen die Behör­den kei­nen Gebrauch. Gegen die Ableh­nung der Visums­an­trä­ge der Geschwis­ter läuft nun ein Remons­tra­ti­ons­ver­fah­ren. Nach 18-mona­ti­gem Fami­li­en­nach­zugs­ver­fah­ren bleibt wei­ter­hin unge­wiss, wann und ob Ahmed sei­ne Fami­lie, inklu­si­ve der Geschwis­ter, wie­der­se­hen wird.

Jawed Nuri ist afgha­ni­scher Staats­bür­ger und lebt seit vie­len Jah­ren in Hes­sen. Nach lan­gem Kla­ge­ver­fah­ren wur­de ihm vom Ver­wal­tungs­ge­richt VG Frank­furt ein sub­si­diä­rer Schutz zuge­spro­chen, wor­auf­hin er im Dezem­ber 2020 bei der deut­schen Aus­lands­ver­tre­tung in Islam­abad (Paki­stan) online einen Ter­min zur Antrags­stel­lung zwecks Fami­li­en­zu­sam­men­füh­rung für sei­ne Ehe­frau buch­te. Nach­dem er zwei Jah­re ver­geb­lich auf eine Rück­mel­dung der deut­schen Behör­den gewar­tet hat­te, buch­te er aus Ver­zweif­lung im Juni 2022 einen wei­te­ren Ter­min bei der deut­schen Aus­lands­ver­tre­tung in Tehe­ran (Iran). Mit gro­ßem Auf­wand gelang es Herrn Nuri, sei­ne Frau in der Zwi­schen­zeit in der Tür­kei für eini­ge Wochen zu sehen. Mitt­ler­wei­le haben die bei­den eine Toch­ter, die zwei Jah­re alt ist, die Fami­lie muss aber wei­ter­hin getrennt leben. Der Ter­min zur Antrag­stel­lung für das Visum zwecks Fami­li­en­nach­zugs für Frau und Toch­ter fand nun end­lich im Febru­ar 2023 in Tehe­ran statt, jedoch ist mit der Ent­schei­dung über das Visum durch die deut­sche Aus­lands­ver­tre­tung frü­hes­tens im August zu rechnen.

2015 flieht der 10-jäh­ri­ge Adil mit Ver­wand­ten aus Syri­en nach Deutsch­land. Nach zwei Jah­ren erhält er wegen des Kriegs in der Hei­mat den sub­si­diä­ren Schutz wie inzwi­schen vie­le Men­schen aus Syri­en. Die Eltern von Adil unter­neh­men drei Ver­su­che, um einen Ter­min beim Gene­ral­kon­su­lat in Erbil zu erhal­ten. Die ers­ten bei­den Ter­min­an­fra­gen wer­den wegen der Aus­set­zung des Fami­li­en­nach­zugs für sub­si­di­är Geschütz­te für ungül­tig erklärt. Mit Ein­füh­rung der Kon­tin­gen­t­re­ge­lung im August 2018 erhält die Fami­lie einen Ter­min für Febru­ar 2019. Das wei­te­re Ver­fah­ren bis zur Visum­ser­tei­lung zieht sich bis Okto­ber 2020 hin, fünf Jah­re nach der Ein­rei­se des inzwi­schen 15-Jährigen.

Wer sind wir?

Die Akti­on wird von PRO ASYL und terre des hom­mes orga­ni­siert und kann ab sofort mit­ge­zeich­net wer­den. Schreibt eine Mail an aktionen@tdh.de, wenn ihr die Akti­on mit eurer Initia­ti­ve oder Orga­ni­sa­ti­on unter­stüt­zen wollt. Die Akti­on wird bereits von fol­gen­den Orga­ni­sa­tio­nen mitgetragen:

Asyl­ar­beits­kreis Hei­del­berg | AWO Bezirks­ver­band Weser-Ems e. V. | AWO Bun­des­ver­band e. V.  | AWO Lan­des­ver­band Thü­rin­gen | Baye­ri­scher Flücht­lings­rat  | Ber­li­ner Flücht­lings­rat | BBZ – Bera­tungs- und Betreu­ungs­zen­trum für jun­ge Geflüch­te­te und Migrant*innen | Ben & Jer­ry­’s | Ber­lin hilft | Bun­des­fach­ver­band unbe­glei­te­te min­der­jäh­ri­ge Flücht­lin­ge e.V. – BumF e.V | Dia­ko­ni­sches Werk Ste­glitz und Zehlen­dorf (Bera­tungs­fach­dienst für Migrant*innen Pots­dam) | Flücht­lings­rat Baden-Würt­tem­berg | Flücht­lings­rat Bran­den­burg | Flücht­lings­rat Nie­der­sach­sen | Flücht­lings­rat Nord­rhein-West­fa­len | Flücht­lings­rat RLP | Flücht­lings­rat Sach­sen-Anhalt e.V. | Hes­si­scher Flücht­lings­rat | Inter­na­tio­nal Res­cue Com­mit­tee IRC Deutsch­land gGmbH | Janusz Kor­c­zak – Huma­ni­tä­re Flücht­lings­hil­fe e.V. | Köl­ner Flücht­lings­rat e.V. | life­line e.V.  | Main-Tau­nus-Bis­tum Lim­burg | Münch­ner Flücht­lings­rat | Pari­tä­ti­scher Gesamt­ver­band | pax chris­ti Regio­nal­ver­band Rhein-Main | XENION Psy­cho­so­zia­le Hil­fen für poli­tisch Ver­folg­te e.V.