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Syrien-Flüchtlinge: Menschenrechtskommissar des Europarates schlägt Alarm
Mit einer Videodokumentation seiner Reise zu syrischen Flüchtlingen in der Türkei, in Bulgarien und Deutschland macht Menschenrechtskommissar Nils Muižnieks klar, dass Europa mehr für Schutzsuchende aus Syrien tun muss.
Nils Muižnieks besuchte türkische Zeltlager für Flüchtlinge nahe der syrischen Grenze, Flüchtlingslager in Bulgarien und schließlich das sogenannte „Grenzdurchgangslager Friedland“ in Niedersachsen, in dem Deutschland syrische Flüchtlinge unterbringt. Die kürzlich veröffentlichte Videodokumentation seiner Reise ist ein eindringlicher Appell an die Staaten Europas, der dramatischen Situation der über zweieinhalb Millionen syrischen Flüchtlinge außerhalb Syriens endlich Beachtung zu schenken. „Meine Aufgabe ist, die Alarmglocke zu läuten und Europa dazu zu bringen, mehr zu tun“, so Muižnieks bei einem Besuch eines Flüchtlingslagers in der Türkei. Europas Staatengemeinschaft ignoriere das Ausmaß der Krise und käme der Verantwortung nicht nach, syrischen Flüchtlingen und den Nachbarländern Syriens zu helfen, kritisierte er.
Not und Verzweiflung: Syrien-Flüchtlinge in Bulgarien
Mit seiner Delegationsreise im Dezember 2013 macht der Menschenrechtskommissar insbesondere auf die katastrophalen Bedingungen syrischer Flüchtlinge in Bulgarien aufmerksam. Dort besuchte Muižnieks unter anderem ein altes Schulgebäude, in dem syrische Familien ohne jede Privatsphäre und ohne jede angemessene Unterstützung untergebracht sind und sprach dort mit Eltern, die angesichts der Lebensbedingungen ihrer Kinder im Gespräch in Tränen ausbrechen. In den behelfsmäßigen Unterkünften wird Verpflegung nur von NGOs bereitgestellt, es gibt kein Personal zur Betreuung der Flüchtlinge, der zur Verfügung gestellte Raum ist chronisch überbelegt, die hygienischen Bedingungen sind schlecht, die Stimmung der Betroffenen ist verzweifelt.
Bei der abschließenden Pressekonferenz brachte Muižnieks entsprechende Kritik und Forderungen zum Ausdruck. Insbesondere forderte er, Abschiebungen in Länder mit nicht funktionierenden Asylsystemen wie Bulgarien einzustellen. Trotz der äußert problematischen Menschenrechtslage von Flüchtlingen in Bulgarien schieben EU-Staaten wie Deutschland im Rahmen der Dublin-Verordnung weiterhin Schutzsuchende nach Bulgarien zurück.
Flüchtlingsaufnahme statt Flüchtlingsabwehr
Muižnieks sprach sich zudem deutlich gegen die Politik der Flüchtlingsabwehr aus und für eine verstärkte Flüchtlingsaufnahme. Die bisherige Zahl von Aufnahmeplätzen für schutzbedürftige Flüchtlinge sei viel zu niedrig. Außerdem forderte er die Staaten auf, Flüchtlingen durch humanitäre Visa die Einreise zu ermöglichen. Des Weiteren müssten dringend die Maßnahmen abgebaut werden, mit denen die Flüchtlinge vom Erreichen europäischen Territoriums abgehalten werden. Alarmiert von Berichten über völkerrechtswidrige und oft brutale Zurückweisungen von Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen forderte der Menschenrechtskommissar die Staaten auf, solche sogenannten „Push Backs“ sofort zu beenden. Zudem wandte sich der Kommissar gegen die Kriminalisierung von Schutzsuchenden: Migration dürfe nicht weiter als strafbare Handlung gelten, betonte Muižnieks. Noch immer werden Flüchtlinge in vielen EU-Staaten inhaftiert, unter anderem in Bulgarien.
Internationaler Appell „Europe Act Now!“
Mit seinen alarmierenden Worten verleiht Nils Muižnieks der Syrien-Kampagne, mit der der Europäische Flüchtlingsrat ECRE, PRO ASYL und über 100 weitere europäische Menschenrechtsorganisationen die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen fordern, erneut Nachdruck. Es ist höchste Zeit, dass sich der Appell „Europe Act Now!“ endlich in politischen Entscheidungen niederschlägt. „Diese Krise wird nicht einfach aufhören“, so Muižnieks. „Es ist Zeit dass wir unsere Augen öffnen und den Menschen helfen, die vor dem syrischen Bürgerkrieg fliehen.“
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