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Neue Flüchtlingsproteste in Bayern
In Amberg und Dingolfing protestieren Flüchtlinge gegen die ihnen aufgezwungenen Lebensbedingungen. Dass die Protestwelle anhält, ist nicht verwunderlich: Nach wie vor ist die Situation von Asylsuchenden in Bayern vielerorts besonders schlecht. [Update: Das Protestzelt in Dingolfing wurde polizeilich geräumt.]
Am Montag vor einer Woche schrieben in Amberg untergebrachte Asylsuchende einen offenen Brief. In gebrochenem, aber klar verständlichem Deutsch danken die Unterzeichnenden darin für Schutz, medizinische Behandlung und die kostenlose Bildung ihrer Kinder. Doch die Regeln für Asylsuchende schrieben in dieser Region vor, so die Bewohnerinnen und Bewohner der Amberger Unterkunft, „dass wir als Strafe mindestens zwei bis fünf Jahre in diesem Heim leben müssen“.
„Wir haben diese Situation zu akzeptieren“, heißt es im Schreiben, dass aber zugleich klarstellt, dass die Situation für die Betroffenen schlicht unerträglich ist: Die nicht selten über einjährige Dauer der Asylverfahren und die mit ihr einhergehende Ungewissheit über die eigene Zukunft sei ohne eine Arbeitserlaubnis, das Recht, den Aufenthaltsort selbst zu bestimmen oder sich innerhalb Deutschlands frei zu bewegen, kaum zu ertragen.
Zu dritt seien sie in zwölf Quadratmeter großen Räumen untergebracht. 25 Personen müssten sich Bad, WC, und Küche teilen. Es mangle an warmem Wasser und an der Heizung, was nasse Wände und Schimmel verursache. Aufgrund der beengten Verhältnisse komme es zu Konflikten zwischen Alleinstehenden und Familien mit Kindern.
Essen, was vom Amt kommt
Vor allem richtet sich der Protest gegen die Lebensmittelpakete. Den Asylsuchenden in Amberg wird noch immer aufgezwungen, wovon sie sich zu ernähren haben – obwohl mittlerweile selbst die bayerische Landesregierung angekündigt hatte, die entwürdigende Ausgabe von Lebensmittelpaketen einzustellen und stattdessen Bargeld auszuzahlen. „Wir sind nicht mehr bereit diese Essenkörbe zu akzeptieren“, kündigen die Unterzeichnenden an, die die Bürgerinnen und Bürger Ambergs um Unterstützung bitten.
Die Forderungen der Flüchtlinge stießen seitens der Behörden nicht auf Gehör: Joseph Karl, Sprecher der Regierung der Oberpfalz, sagte der Süddeutschen Zeitung, man müsse „die Verträge mit den Firmen, die das Essen liefern, einhalten“. Mittlerweile sind in Amberg Asylsuchende in den Hungerstreik getreten, um gegen die Lebensumstände zu protestieren. Vier Asylbewerber verweigern seit Freitag außer Wasser jegliche Nahrung.
[Update:] Hungerstreik in Dingolfing polizeilich geräumt
Auch in Dingolfing waren Asylsuchende in den Hungerstreik getreten, die dabei auch auf Flüssigkeit verzichteten. Die Flüchtlinge hatten Anfangs die Forderung erhoben, nach München umziehen zu dürfen. Nachdem ihre Forderungen abgewiesen worden waren, haben die Flüchtlinge den Protest ausgeweitet. Sie fordern ein Bleiberecht in Deutschland, die Aufhebung der in Bayern noch immer restriktiv gehandhabten Residenzpflicht und die Abschaffung der Lagerunterbringung.
Das Protestcamp von hungerstreikenden Asylbewerbern vor dem Landratsamt Dingolfing wurde am Montag (17.03.14) von der Polizei geräumt. Veranlasst wurde die Aktion durch die Ordnungsbehörde und den Landrat Heinrich Trapp (SPD), der den kritischen Gesundheitszustand der Protestierenden als Begründung anführte.
Gegenüber dem Bayerischen Rundfunk sagte Trapp, „wer in einem sicheren Land ist und wer alle Grundbedürfnisse erfüllt hat, dann brauche ich keinen Hungerstreik zu machen.“ Die Flüchtlinge hatten in einer Erklärung darauf hingewiesen: „Wir haben das Recht auf Selbstbestimmung. Wir sind keine Tiere“.
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