Hintergrund
Hinweise für afghanische Flüchtlinge und ihre Berater*innen
Mit dem Sturz der Regierung von Präsident Ghani und der erneuten Machtübernahme der Taliban hat sich die asyl- und abschieberelevante Lage in Afghanistan grundlegend verändert. Dieser neuen Situation möchten wir mit den folgenden Beratungshinweisen begegnen. Aufgrund der sich ständig ändernden Lage werden die Beratungshinweise laufend aktualisiert.
Stand September 2021
Aktuell keine Abschiebungen nach Afghanistan
Für Dienstag den 03. August 2021 war zuletzt ein Abschiebungsflieger nach Afghanistan vorgesehen. Dieser Flieger konnte schließlich auf Grund eines Anschlags in Kabul, bei dem 13 Menschen ums Leben kamen, nicht starten und wurde abgesagt. Unmittelbar nach der Stornierung des Fluges hieß es aus Regierungskreisen noch, dass der Abschiebeflieger »zeitnah« neu terminiert werden solle. Tatsächlich kam es dazu nicht: Mit der Machtübernahme der Taliban am 15. August 2021 wurde die Praxis der Abschiebungen nach Afghanistan vorerst unterbrochen.
Einen offiziellen Abschiebestopp im Sinne des § 60 a) Abs. 1 AufenthG gibt es aktuell nicht. Derzeit finden aber keine Abschiebungen nach Afghanistan statt. Ob es zu einem offiziellen Abschiebungsstopp kommen wird bzw. ob und ggf. wann mit einer Wiederaufnahme der Abschiebungen zu rechnen ist, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden.
Bis zuletzt hat das BAMF jedoch in einem Großteil der Asylverfahren von Afghan:innen lediglich Abschiebungsverbote erteilt oder Asylanträge sogar komplett abgelehnt
BAMF entscheidet derzeit nur eingeschränkt über Asylanträge von Afghan:innen (»Rückpriorisierung«)
Derzeit hat das BAMF »aufgrund der aktuellen Situation in Afghanistan […] Entscheidungen für Antragsstellende aus Afghanistan rückpriorisiert«, wie das BAMF bereits unmittelbar vor der Machtübernahme der Taliban verlautbaren ließ. Das heißt, dass über diese Anträge vorerst nicht entschieden wird.
Ausgenommen davon sind Fälle, in denen das BAMF nach eigenem Dafürhalten internationalen Schutz zuerkennen kann. Gemeint ist damit, dass das BAMF über Fälle entscheidet, bei denen es auch schon nach bisheriger Lageeinschätzung vor der Machtübernahme der Taliban die Flüchtlingsanerkennung oder subsidiären Schutz zuerkennen konnte. Bis zuletzt hat das BAMF jedoch in einem Großteil der Asylverfahren von Afghan:innen lediglich Abschiebungsverbote erteilt (diese gelten nicht als internationaler Schutz, da sie sich auf eine nationale Rechtsgrundlage berufen) oder Asylanträge sogar komplett abgelehnt. Das bedeutet, dass für die meisten Antragsteller:innen ihre Anträge vorerst nicht weiter bearbeitet und sich die Asylverfahren in die Länge ziehen werden.
Ausnahmen gelten zudem für Verfahren, in denen die Lage in Afghanistan für die Entscheidung nicht ausschlaggebend ist, etwa bei Antragsteller*Innen, die sich bereits vor ihrer Ankunft in Deutschland in anderen Staaten Europas befanden, das betrifft ‑Bescheide im sogenannten Dublin-Verfahren.
Eine Neubewertung der Lage durch das BAMF soll erst erfolgen, sobald das Auswärtige Amt seinen bereits angekündigten neuen Bericht zur Lage in Afghanistan veröffentlicht hat. Wir werden zeitnah darüber informieren.
In welchen Fällen ist ein Asylfolgeantrag ratsam?
Wenn neue Gründe vorliegen (wie z. B. Verschlechterung der Situation im Herkunftsland oder neue Beweise), kann man einen Wiederaufgreifensantrag oder einen Asylfolgeantrag beim Bundesamt stellen.
Ein Asylfolgeantrag richtet sich in erster Linie auf eine erneute Prüfung von Asylberechtigung und Flüchtlingseigenschaft. Auch Abschiebungsverbote werden beim Asylfolgeantrag geprüft. Demgegenüber werden bei einem isolierten Wiederaufgreifensantrag ausschließlich Abschiebungsverbote – die Vorliegen, wenn eine schwerwiegende Erkrankung im Zielstaat der Abschiebung sich wesentlich zu verschlimmern droht und dort nicht behandelbar ist oder wenn ein menschenwürdiges Leben im Zielstaat nicht möglich ist – geprüft. Da man einen Asylfolge- oder Wiederaufgreifensantrag am besten schon mit Antragstellung schriftlich begründen sollte, lohnt es sich, mit einer Beratungsstelle oder einer Anwaltskanzlei Kontakt aufzunehmen. Ausführliche Informationen zum Thema Asylfolge- und Wiederaufgreifensantrag sind hier zu finden.]
Asylfolgeanträge
Folgeanträge sind in der Regel persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in der Antragsteller*innen während des früheren Asylverfahrens zu wohnen verpflichtet waren.
Nach dem Gesetzeswortlaut sind Asylfolgeanträge eigentlich binnen einer Frist von drei Monaten ab dem Vorliegen neuer Gründe oder dem Vorliegen neuer Beweise zu stellen. Wird bspw. auf die Machtübernahme der Taliban am 15. August 2021 abgestellt, wäre der Asylfolgeantrag danach bis zum 15. November 2021 zu stellen. In einem Urteil vom 09. September 2021 hat indessen der EuGH entschieden, dass nationale Regelungen, die Fristen für die Stellung von Folgeanträgen vorsehen, gegen Unionsrecht verstoßen. Mit anderen Worten sind Folgeanträge nunmehr nicht mehr fristgebunden. Davon geht auch das Bundesamt aus. Konkret mit Blick auf das oben genannte Beispiel heißt das, dass Folgeanträge auch noch nach dem 15. November 2021 gestellt werden können
Das Bundesamt prüft einen Folgeantrag in zwei Schritten: Zuerst prüft es, ob Gründe für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens vorliegen. Währenddessen bleiben Antragsteller:innen in Besitz einer Duldung. Nur dann wird im nächsten Schritt ein weiteres Asylverfahren durchgeführt und Antragsteller:innen erhalten eine Aufenthaltsgestattung.
Wiederaufgreifensanträge
Wiederaufgreifensanträge sollten ebenso wie Asylfolgeanträge innerhalb von drei Monaten ab dem Vorliegen neuer Gründe oder Beweise – wie bspw. dem Vorliegen eines psychiatrischen Gutachtens für ein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot – gestellt werden. Das Bundesamt kann hier aber – anders als bei Asylfolgeanträgen – auch nach Ablauf der Frist im Ermessenswege entscheiden, ob trotz Fristversäumnis oder groben Verschuldens das Verfahren dennoch aufzugreifen ist. Wiederaufgreifensanträge können in jeder Situation sowohl persönlich als auch schriftlich in jeder beliebigen Außenstelle oder der Zentrale des Bundesamtes in Nürnberg gestellt werden.
Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nach der Machtübernahme der Taliban über Asylanträge und Asylfolgeanträge entscheiden wird, ist noch weitgehend unklar.
Als relativ sicher gilt bereits jetzt, dass jenen Personen, die vor einer Verfolgung durch die Taliban geflohen sind, denen diese Verfolgung auch geglaubt worden ist und deren Asylanträge in der Vergangenheit allein wegen einer sogenannten inländischen Fluchtalternative innerhalb Afghanistans abgelehnt worden sind, im Falle eines Asylfolgeantrags die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen sein wird. Jedenfalls diesen Personen kann geraten werden, Asylfolgeanträge zu stellen. Wenden Sie sich im Zweifel an eine Beratungsstelle oder eine:n Anwält:in.
Weiter sind Asylfolgeanträge dann sinnvoll, wenn sich Personen lediglich im Besitz einer normalen Duldung (auch: Beschäftigungsduldung, nicht: Ausbildungsduldung!, dazu unten) befinden und kein »Hineinwachsen« in eine Bleiberechtsregelung nach § 25a oder § 25b AufenthG in nächster Zeit ansteht.
In allen anderen Fällen sollte vor einer Asylfolgeantragstellung immer eine individuelle anwaltliche Beratung erfolgen. Aufgrund der höchst unterschiedlichen asyl- und aufenthaltsrechtlichen Konstellationen, auf die wir im Folgenden näher eingehen, ist nicht geplant einen Musterschriftsatz für afghanische Asylsuchende zur Verfügung zu stellen.
Hinweise für Menschen, die bereits im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind
Einigen Afghan:innen war es möglich im Laufe der letzten Jahre andere humanitäre Aufenthaltserlaubnisse unabhängig von Asylverfahren zu erhalten oder konnten bereits mit Aufenthaltserlaubnis nach Deutschland einreisen. In Fällen, in welchen Personen über Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 22 (Aufnahme aus dem Ausland: u.a. vorgesehen für Ortskräfte), 23 (Bundes- oder Landesaufnahmeprogramme) oder 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG (Aufenthalt aus humanitären Gründen wegen Abschiebungsverbots) verfügen ist zu beachten, dass diese Aufenthaltstitel im Falle einer Asylantragstellung erlöschen (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 8 AufenthG). Eine Asylantragstellung sollte hier – wenn überhaupt – nur bei anwaltlich geprüften Erfolgsaussichten für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutzes in Erwägung gezogen werden.
Ein Asylverfahren kann unter den vorgenannten Umständen ggf. dennoch sinnvoll sein, um den Familiennachzug nach Deutschland zu ermöglichen, der ansonsten bei diesen Aufenthaltserlaubnissen (ebenso wie bei jenen nach § 25 Abs. 4 a), § 25a Absatz 1 oder § 25b Absatz 1 AufenthG) nur in eng begrenzten Ausnahmefällen möglich und in der Praxis äußerst selten ist (vgl. § 29 Abs. 3 AufenthG). Dies setzt voraus, dass Erfolgsaussichten auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutzes bestehen.
Für Inhaber einer Niederlassungserlaubnis ist der Familiennachzug einfacher
Steht indessen die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG bevor, ist auch bei Fällen eines avisierten Familiennachzugs von der Asylfolgeantragstellung abzuraten, da der Familiennachzug für Inhaber einer Niederlassungserlaubnis keinen Beschränkungen unterliegt und somit einfacher ist. Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Niederlassungserlaubnis sind der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis seit mindestens 5 Jahren, wobei die Zeiten des vorangegangenen Asylverfahrens angerechnet werden. Vorausgesetzt werden weiterhin eine Lebensunterhaltssicherung und ausreichender Wohnraum. Erleichterte Bedingungen gelten für Personen, die vor ihrem 18. Lebensjahr eingereist sind. Auch hier kann Ihnen eine Beratungsstelle oder anwaltliche Beratung weiterhelfen.
Personen, die eine Aufenthaltserlaubnis in Aussicht haben
Sehr bekannt ist die Möglichkeit einer Ausbildungsduldung. Die Duldung wird für die Dauer der Ausbildung erteilt, sodass keine Abschiebung vollzogen werden darf. Seit Beginn 2020 zusätzlich eingeführt wurde die sogenannte Beschäftigungsduldung. Einen Überblick über die Voraussetzungen findet man in dieser Arbeitshilfe des Paritätischen Gesamtverbands und auch PRO ASYL hat Informationen veröffentlicht. Da die Regeln je nach Bundesland unterschiedlich umgesetzt werden, ist es hilfreich, sich zusätzlich vor Ort bei einer Beratungsstelle zu erkundigen.
Leider viel weniger bekannt ist die Möglichkeit eines dauerhaften Bleiberechts für Geduldete nach einem längeren Aufenthalt. Bei Minderjährigen und jungen Volljährigen, die zwischen 14 und 21 Jahre alt sind, reichen schon vier Jahre Aufenthalt, wenn sie erfolgreich eine Schule besucht haben. Sie können eine Aufenthaltserlaubnis nach §25a AufenthG bekommen. Wer 21 Jahre oder älter ist kann nach sechs bzw. acht Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach §25b AufenthG bekommen, wenn der Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist. Die genauen Voraussetzungen für diese Aufenthaltserlaubnisse kann man in dieser Arbeitshilfe des Paritätischen Gesamtverbandes nachlesen.
Sollten Betroffene körperliche oder psychische Gesundheitsprobleme haben, so ist es ratsam entsprechende Atteste zügig zu beschaffen und mit der/dem Anwält*in zu besprechen und der Ausländerbehörde vorzulegen. Dies ist wichtig, wenn es um sogenannte inlandsbezogene Abschiebungshindernisse geht, die vorliegen, wenn schon der Transport nach Afghanistan aus gesundheitlichen Gründen unmöglich ist (sogenannte zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, bei denen die Verschlimmerung einer schwerwiegenden Erkrankung in Afghanistan drohen würde, sind demgegenüber bei dem Bundesamt geltend zu machen). Hinweise, welche Kriterien diese Atteste erfüllen müssen, finden Sie hier und hier.
Wenn sich die Lebenssituation der Betroffenen verändert hat, z.B. durch Heirat mit einer Person, die hier einen Aufenthaltstitel hat, oder durch die Geburt eines Kindes, sollte zusammen mit Beratungsstellen oder Anwält*innen geklärt werden, ob dies für den Einzelfall eine günstige Auswirkung für einen Verbleib in Deutschland hat.
Wenn besondere Härten vorliegen, kann sich als letzte Möglichkeit bei einer drohenden Abschiebung ein Gang vor einen Petitionsausschuss oder die Härtefallkommission lohnen. Diese gibt es in jedem Bundesland. Alle formalen Voraussetzungen sollten zuvor gründlich geprüft werden. Auch eine Rolle spielt, wie lange die Betroffenen bereits in Deutschland leben, wie gut sie integriert sind und ob sie eine Arbeitsstelle haben. Dazu kann der jeweilige Flüchtlingsrat beraten.]
Bei Personen mit Ausbildungsduldung nach § 60c AufenthG und guten Aussichten auf das Bestehen der Ausbildung ist von einer Asylfolgeantragstellung abzuraten. Denn sobald das BAMF das Asylfolgeverfahren für zulässig erklärt, ist wieder eine Aufenthaltsgestattung auszustellen. Das hätte zur Folge, dass die Ausbildungsduldung nicht verlängert werden kann.
Insbesondere wenn das erfolgreiche Ende einer Ausbildung mit einer Ausbildungsduldung bereits abzusehen ist, ist es ratsam, von einer Asylfolgeantragstellung abzusehen.
Insbesondere wenn das erfolgreiche Ende einer Ausbildung mit einer Ausbildungsduldung bereits abzusehen ist, nach welcher eine Aufenthaltserlaubnis nach § 19d AufenthG für qualifizierte Geduldete zum Zwecke der Beschäftigung zu erteilen ist (vgl. § 19d Abs. 1a) AufenthG), ist es ratsam, von einer Asylfolgeantragstellung abzusehen. Denn für die Betroffenen ist es i.d.R. besser schnell eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten, anstatt ein möglicherweise langwieriges Asylverfahren in Kauf zu nehmen und erneut einen unsicheren Aufenthaltsstatus zu haben.
Ähnlich verhält es sich, wenn eine Person kurz vor Erreichen der Voraufenthaltszeiten für § 25a (Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden) oder § 25b AufenthG (Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration) steht und die übrigen Voraussetzungen einer dieser Normen erfüllt sind. Auch hier ist der schnelle Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis einem weiterem Asylverfahren i.d.R. vorzuziehen.
Die vorangegangenen Beispiele zeigen, dass eine Asylfolgeantragstellung selbst im Falle von Personen, die lediglich über eine Duldung verfügen, nicht in jedem Falle ratsam ist. Im Zweifel sollte immer der Rat einer Beratungsstelle oder eine:s Anwält:in eingezogen werden!
Ferner ist zu berücksichtigen, dass ein Asylfolgeantrag die Wirkungen des § 10 Abs. 1 AufenthG auslöst. Das heißt, dass vor dem bestandskräftigen Abschluss des damit ausgelösten Asylfolgeverfahrens außer im Falle eines Anspruchs (etwa bei der Geburt eines deutschen Kindes) regelmäßig keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann. Steht die konkrete Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bereits in Aussicht, sollte daher unter Umständen von einer Asylfolgeantragstellung abgesehen werden, um diese nicht zu gefährden.
Immer wieder erreichen uns Anfragen von Personen, die ihre Familienmitglieder aus Afghanistan nach Deutschland holen möchten.
Diese Wirkung eines Asylfolgeantrags kann – insbesondere wenn ohnedies nur ein solches Abschiebungsverbot zu erwarten wäre – aber auch umgangen werden, indem statt eines Asylfolgeantrags ein isolierter Wiederaufgreifensantrag auf Zuerkennung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG beim BAMF gestellt wird. Im Gegensatz zu einem Asylfolgeantrag werden bei einem isolierten Wiederaufgreifensantrag nur konkret Abschiebungsverbote und nicht weitere Schutzformen wie der subsidiäre Schutz oder Flüchtlingseigenschaft geprüft. Welcher Antrag in welchem Fall sinnvoll ist sollte ebenfalls mit einer Beratungsstelle oder mit anwaltlicher Hilfe abgeklärt werden.
Familiennachzug sonstiger Familienangehöriger
Immer wieder erreichen uns Anfragen von Personen, die ihre Familienmitglieder aus Afghanistan nach Deutschland holen möchten. Es gelten aber nach wie vor die allgemeinen Bedingungen für den Familiennachzug wie der Besitz von gewissen Aufenthaltserlaubnissen sowie die Beschränkung auf die Kernfamilie d.h. Ehegatte und minderjährige Kinder bzw. Eltern von Minderjährigen.
Rechtlich gibt es lediglich eine Ausnahmeregelung zum Familiennachzug von »sonstigen Familienangehörigen« in Form des § 36 Abs. 2 AufenthG. Vorgesehen ist ein Nachzug nur in Fällen »zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte«, welche familiär begründet sein muss. Härtefallbegründend sind danach solche Umstände, aus denen sich ergibt, dass entweder derim Bundesgebiet lebende oder der nachzugswillige Familienangehörige auf die familiäre Lebenshilfe angewiesen ist, die sich nur im Bundesgebiet erbringen lässt (z. B. infolge einer besonderen Betreuungsbedürftigkeit). Die hohen Voraussetzungen werden nur in sehr seltenen Fällen erfüllt.
PRO ASYL fordert die Schaffung von Bundes- und Landesaufnahmeprogrammen für Afghan:innen, die u.a. eine Einreise von weiteren Familienangehörigen ermöglichen würde. Bisher gibt es vonseiten der Bundesregierung jedoch noch keine konkreten Vorhaben in diese Richtung. Sollte sich dies ändern, werden wir zeitnah darüber informieren.
(pva, tl)