Hintergrund
Was ist eigentlich eine »Duldung«?

In der öffentlichen Debatte werden immer wieder falsche Informationen über die Duldung verbreitet. Oft wird fälschlicherweise behauptet, dass geduldete Menschen »ohne Grund« in Deutschland seien. Gleichermaßen wird häufig missverstanden, dass die Duldung eben keine Aufenthaltserlaubnis ist und damit nicht zwangsläufig vor einer Abschiebung schützt.
Aktuell leben 202.387 geduldete Menschen in Deutschland – Tendenz steigend.
Mit den Gesetzesänderungen durch das Migrationspaket wurde auch bei der Duldung einiges verändert. Ausbildung und Beschäftigung sind nun – unter bestimmten Voraussetzungen – feste Duldungsgründe. Es wurde aber auch mit der »Duldung Light« eine Duldungsform mit scharfen Sanktionen geschaffen.
In diesem Text geben wir die Antworten auf die wichtigsten Fragen und erläutern die Erneuerungen.
Wer bekommt eine Duldung?
Bei der Duldung handelt es sich um eine Aussetzung der Abschiebung (§ 60a AufenthG). Eine Person mit Duldung ist demnach ausreisepflichtig, kann aber aktuell nicht abgeschoben werden – und dafür gibt es oftmals gute Gründe. Eine Duldung kann aus rechtlichen Gründen erteilt werden – beispielsweise, wenn durch eine Abschiebung eine Familie auf unvertretbare Art und Weise getrennt werden würde.
Ein rechtlicher Grund liegt auch vor, wenn aufgrund der Sicherheitslage im Herkunftsland ein offizieller Abschiebestopp besteht. Dies ist – wenn auch mittlerweile in eingeschränkter Form – bei Irak der Fall. Nur straffällig gewordene Iraker können abgeschoben werden, alle anderen erhalten eine Duldung, wenn ihr Asylantrag abgelehnt wurde und sie nicht aufgrund anderer Umstände eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. So kommt es auch, dass Irak mit 15.400 auf Platz 2 der Hauptherkunftsländer geduldeter Personen liegt.
Andere Gründe sind zum Beispiel wenn die Person schwer krank und nicht reisefähig ist. Unmöglich kann eine Abschiebung auch sein, wenn es keine direkten Flugrouten gibt. Auch das Fehlen von Pass oder Reisedokumenten kann ein Duldungsgrund sein. Die Passbeschaffung klingt in der Theorie zwar einfach, kann sich aber in der Praxis als sehr kompliziert erweisen – und sich vor allem auch eine längere Zeit hinziehen. Dann ist die Abschiebung aus tatsächlichen Gründen nicht vollziehbar.
An dieser Stelle sei vermerkt, dass Passlosigkeit nicht zwangsläufig eine Abschiebung unmöglich macht. Beispielsweise durch bilaterale Abkommen mit Staaten wie Afghanistan können Personen generell auch ohne Pass abgeschoben werden.
Eine geduldete Person ist nicht »illegal« in Deutschland
Allerdings ist Afghanistan alles andere als sicher und die Abschiebung nach Afghanistan als Kriegs- und Krisengebiet verstoßen gegen das menschenrechtliche Abschiebungsverbot. Trotzdem können die Bundesländer mittlerweile rein formell alle ausreisepflichten afghanischen Staatsangehörigen abschieben, nachdem Abschiebungen nach Afghanistan bis Juni 2018 auf bestimmte Personengruppen beschränkt waren. Inwiefern sich die Bundesländer aber an den Abschiebeflügen nach Afghanistan beteiligen und auf welche Personengruppen sie Abschiebungen beschränken, unterscheidet sich stark. Mit 17.400 stellt Afghanistan daher das Hauptherkunftsland geduldeter Personen dar.
Besondere Duldungsgründe stellen die Ausbildung und bei bestimmten Voraussetzungen auch eine Beschäftigung dar.
Bis Ende 2019 war die Ausbildungsduldung beinahe versteckt nur im allgemeinen Duldungs-Paragraphen § 60a AufenthG zu finden. Mit den Änderungen des am 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Gesetztes über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung ist sie nun prominenter als eigenständiger Paragraph § 60c im Aufenthaltsgesetz verankert.
Wie auch bisher können von der Ausbildungsduldung Menschen profitieren, deren Asylantrag abgelehnt wurde und die entweder bereits während des Asylverfahrens eine Ausbildung oder erst nach Abschluss ihres Asylverfahrens eine Ausbildung begonnen haben. Wenn die Ausbildung erst nach Abschluss des Asylverfahrens begonnen wird, kann die Ausbildungsduldung jedoch erst nach mindestens 3 Monaten mit Duldung beantragt werden. Wurde die Ausbildung bereits während des Asylverfahrens begonnen, gilt diese Vorduldungszeit nicht. Problematisch ist die Unterscheidung in diese beiden Kategorien auch hinsichtlich der Wirkung der Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen. Diejenigen, die eine Ausbildung erst nach Abschluss des Asylverfahrens beginnen, erhalten keine Ausbildungsduldung mehr, wenn bereits konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen.
Anders als bisher umfasst die Ausbildungsduldung nicht nur zwei- bis dreijährige Berufsausbildungen, sondern auch Assistenz- oder Helferausbildungen, sofern diese in eine Berufsausbildung führen, für welche bereits eine Zusage vorliegen muss.
Die Ausbildungsduldung wird für die gesamte Ausbildungsdauer erteilt und schützt daher während der Ausbildung vor einer Abschiebung. Wird die Person nach Abschluss der Ausbildung nicht vom Ausbildungsbetrieb übernommen, wird die Duldung zum Zweck der Arbeitssuche für sechs Monate verlängert.
Was bisher von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gehandhabt wurde, ist nun im Gesetz festgehalten: Um eine Ausbildungsduldung zu erhalten, muss die Identität geklärt worden sein oder es müssen alle erforderlichen und zumutbaren Handlungen zur Identitätsklärung innerhalb der vorgeschriebenen Fristen ergriffen worden sein. Kann die Identität nicht geklärt werden, aber es wurden die erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen vorgenommen, kann die Ausbildungsduldung immer noch im Ermessen erteilt werden.
Die Ausbildungsduldung wird für die gesamte Ausbildungsdauer erteilt und schützt daher während der Ausbildung vor einer Abschiebung. Wird die Person nach Abschluss der Ausbildung nicht vom Ausbildungsbetrieb übernommen, wird die Duldung zum Zweck der Arbeitssuche für sechs Monate verlängert. Auch bei vorzeitiger Beendigung oder Abbruch der Ausbildung wird die Duldung zum Zweck der Suche nach einem weiteren Ausbildungsplatz einmalig für sechs Monate verlängert.
Ist die Person nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung auch im entsprechenden Beruf tätig, erhält sie bei Erfüllung der anderen Voraussetzungen wie ausreichend Wohnraum eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18a AufenthG. Diese wird für zwei Jahre erteilt.
Seit 1. Januar 2020 ist zudem die im Vorfeld viel diskutierte Beschäftigungsduldung – § 60d AufenthG – in Kraft. Galt bisher, dass Arbeit nicht vor Abschiebung schützt, soll mit der neuen Beschäftigungsduldung erwirkt werden, dass abgelehnte Asylbewerber*innen in Erwerbstätigkeit vor einer Abschiebung geschützt sind und auch langfristig ihr Bleiberecht in Deutschland sichern können.
Beim genauen Hinsehen zeigt sich allerdings, dass nur wenige Menschen tatsächlich von der Beschäftigungsduldung profitieren werden können. Das Gesetz wurde von Vornherein mit einem Verfallsdatum versehen und wird nur für drei Jahre – bis zum 31. Dezember 2023 – Bestand haben. Auch die Grundvoraussetzungen zur Erteilung der Beschäftigungsduldung sind strikt und grenzen ganze Personengruppen aus. Folgende Kriterien müssen erfüllt sein:
- Einreise bis spätestens zum 01. August 2018
- geklärte Identität innerhalb vorgeschriebener Fristen (unter Vorbehalt der Zumutbarkeit)
- seit mindestens 12 Monaten im Besitz einer Duldung
- seit mindestens 18 Monaten mit mindestens 35 Stunden pro Woche beschäftigt (bei Alleinerziehenden: mind. 20 Stunden pro Woche)
- Lebensunterhalt muss aktuell und während der letzten 12 Monate gesichert worden sein
- hinreichende Deutschkenntnisse (A2 Niveau)
- bei einem verpflichtenden Integrationskurs muss dieser von der beantragenden Person und der/dem Lebenspartner*in erfolgreich abgeschlossen worden sein (es sei denn, sie haben den Abbruch des Kurses nicht selbst zu vertreten)
- bei Kindern muss der Schulbesuch nachgewiesen sein und sie dürfen nicht strafrechtlich verurteilt worden sein
- auch Antragsteller*in und Ehegatt*in dürfen nicht strafrechtlich verurteilt worden sein oder Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen haben bzw. diese unterstützen
Gerade aufgrund der langen Vorduldungszeit von 12 Monaten läuft die Beschäftigungsduldung für viele Personen ins Leere. Diese rechtliche Hürde wurde vom Gesetzgeber eingebaut, um den Ausländerbehörden reichlich Zeit zu geben, ausreisepflichtige Personen abzuschieben.
Gerade aufgrund der langen Vorduldungszeit von 12 Monaten läuft die Beschäftigungsduldung für viele Personen ins Leere. Diese rechtliche Hürde wurde vom Gesetzgeber eingebaut, um den Ausländerbehörden reichlich Zeit zu geben, ausreisepflichtige Personen abzuschieben.
Schafft man es doch in die Beschäftigungsduldung, soll nach 30 Monaten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG erteilt werden.
Anders als bei der Ausbildungsduldung ist bei der Beschäftigungsduldung gesetzlich festgesetzt worden, dass, genau wie die berufstätige Person, auch Ehegatt*in und minderjährige Kinder eine Beschäftigungsduldung und nach 30 Monaten eine Aufenthaltserlaubnis erhalten.
Wie lange ist eine Duldung gültig?
Für wie lange eine Duldung jeweils ausgestellt wird, ist abhängig vom Duldungsgrund und dem Ermessen der Ausländerbehörde. Außer in Fällen der Ausbildung und Beschäftigung (s.o.) wird sie in der Regel nur für eine kurze Zeit ausgestellt und muss daher regelmäßig verlängert werden. Das auf dem Papier angegebene Gültigkeitsdatum hat allerdings wenig Gewicht, da es hinsichtlich einer möglichen Abschiebung ausschließlich auf das Vorhandensein eines Duldungsgrundes ankommt. Damit kann eine Duldung für Personen, bei denen eine Abschiebung theoretisch möglich ist, teilweise jahrelange Angst vor Abschiebung bedeuten.
Einige Ausländerbehörden sind dazu übergegangen die Duldung zu entziehen und stattdessen eine sogenannte Grenzübertrittsbescheinigung oder andere Papiere auszustellen. .Gesetzlich geregelt ist diese Handhabung nicht. Bei der Grenzübertrittsbescheinigung handelt es sich weder um einen Aufenthaltstitel noch um eine Duldung, sondern bescheinigt lediglich die Ausreisepflicht für die freiwillige Ausreise.
Bei Erteilung einer Grenzübertrittsbescheinigung steht eine Abschiebung eventuell kurz bevor. Möglicherweise will die Ausländerbehörde so aber auch nur den Ausreisedruck erhöhen und Panik verbreiten. Gemäß ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die vom Bundesverfassungsgericht bestätigt wurde, haben Personen einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung, wenn sie nicht abgeschoben werden können. Rechtlich gesehen hat die Person also weiterhin Anspruch auf Ausstellung einer Duldung und verfügt über dieselben Rechte (beispielsweise Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz) wie auch mit einem Duldungspapier.
Welche Rechte haben geduldete Menschen?
Um arbeiten zu dürfen, müssen geduldete Menschen eine Arbeitserlaubnis bei der Ausländerbehörde beantragen. Diese wird oft verweigert oder verzögert. Auch für eine Ausbildung muss zunächst eine Arbeitserlaubnis beantragt werden. Wenn für eine Ausbildungsduldung alle Voraussetzungen erfüllt sind, besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung dieser. Dann hat die Ausländerbehörde keinen Entscheidungsspielraum mehr und ist zur Bewilligung der Arbeitserlaubnis verpflichtet.
In den ersten 18 Monaten (der Zeitraum wurde mit den Gesetzesänderungen um drei Monate verlängert) erhalten geduldete Menschen Sozialleistungen, die niedriger als die Hartz IV-Sätze sind und vom Sozialamt ausgezahlt werden. Geduldete Menschen, die diese Leistungen beziehen, dürfen nicht umziehen, sondern müssen in einer für sie festgelegten Stadt wohnen. Mehr zur Problematik der sehr geringen Leistungen ist hier nachzulesen.
Weitere Sanktionen für geduldete Personen
Neben den ohnehin schon bestehenden Einschränkungen, werden geduldete Menschen, denen vorgeworfen wird, an der Unmöglichkeit ihrer Abschiebung selbst Schuld zu tragen, zusätzlich sanktioniert: Beispielsweise durch Kürzung der Sozialleistungen oder Verhängung eines Arbeitsverbotes. Betroffen sind insbesondere Menschen denen vorgeworfen wird, sich nicht ausreichend um ihre Passbeschaffung zu bemühen. Oft wird ein Fehlverhalten unterstellt, wobei missachtet wird, dass eine Passbeschaffung tatsächlich kompliziert und langwierig sein kann. Zunehmend wird voraussichtlich in solchen Fällen die »Duldung Light« (s.o.) erteilt werden.
Gekürzte Sozialleistungen liegen unter dem verfassungsrechtlich vorgeschriebenen sozio-kulturellen Existenzminimum, da diese nur noch Leistungen zum »nackten Überleben« umfassen. Selbst Kleidung wird dann nur noch im Einzelfall gewährt. Leistungen für den persönlichen Bedarf, die eine Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen, sind grundsätzlich nicht vorgesehen. Gleichzeitig wird es den meisten Menschen mit Duldung verboten zu arbeiten, weshalb sie natürlich wiederum auf Sozialleistungen angewiesen sind. Abgelehnte Asylsuchende aus sogenannten »sicheren Herkunftsstaaten« werden sogar pauschal mit dem Arbeitsverbot bestraft, unabhängig von ihrem individuellen Verhalten.
Damit jedoch nicht genug: Geduldete Menschen, denen von Seiten der Behörden vorgeworfen wird, nicht ausreichend an der eigenen Abschiebung mitzuwirken, können darüber hinaus auch verpflichtet werden, sich nur noch in ihrem Bundesland oder sogar nur noch im Kreis ihrer zuständigen Ausländerbehörde aufzuhalten. Von solchen drastischen Einschränkungen sind Geduldete oftmals über einen langen Zeitraum betroffen.
Was ist die »Duldung light« (Duldung für Personen mit ungeklärter Identität)?
Mit dem § 60b AufenthG wurde zum 01. Januar 2020 die Duldung für Personen mit ungeklärter Identität eingeführt – ein Status, durch den oben erwähnte Sanktionen für geduldete Menschen weiter verschärft werden. Anders als der Name impliziert, können von dieser Duldung nicht nur Menschen mit ungeklärter Identität betroffen sein. Alle Personen, deren Abschiebung aus von ihnen zu vertretenden Gründen nicht durchgeführt werden kann, da sie vermeintlich falsche Angaben machen, über ihre Identität täuschen oder der neuen »besonderen Passbeschaffungspflicht« nicht nachkommen, sollen die »Duldung light« erhalten.
Auch Personen mit geklärter Identität können vom § 60b betroffen sein – beispielsweise Menschen mit abgelaufenem Pass.
Auch Personen mit geklärter Identität können vom § 60b betroffen sein – beispielsweise Menschen mit abgelaufenem Pass, über den die Identität als geklärt gilt, denen aber vorgeworfen wird, ihrer Passbeschaffungspflicht nicht nachzukommen. Vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer*innen müssen gemäß der »besonderen Passbeschaffungspflicht« alle ihnen zumutbaren Handlungen zur Passbeschaffung durchführen, dazu gehören:
- die persönliche Vorsprache bei der Botschaft sowie die Abgabe von Fingerabdrücken
- Abgabe einer Freiwilligkeitserklärung (über die freiwillige Rückkehr ins Herkunftsland)
- Abgabe einer Erklärung die Wehrpflicht zu erfüllen (hier zählt die Bereitschaft, es geht nicht um die tatsächliche Erfüllung)
- Zahlung der Passgebühren und sonstiger Kosten
Zudem gilt die Verpflichtung, diese Handlungen zu wiederholen, wenn dazu aufgefordert wurde und wenn eine neue Sach- und Rechtslage ein anderes Ergebnis vermuten lässt. Die betroffene Person muss auf die Pflichten hingewiesen werden und kann auf Verlangen der Ausländerbehörde die Vornahme der Handlungen an Eides Statt glaubhaft machen.
In der Praxis wurden eben jene Handlungen bislang auch schon verlangt – jedoch oft weit über das zumutbare Maß hinaus. Angesichts von Fällen, bei denen der betroffenen Person zu Unrecht vorgeworfen wurde, nicht mitzuwirken, sind die daraus resultierenden Sanktionen höchst problematisch.
Durch die »Duldung light« werden Menschen sozial, rechtlich und wirtschaftlich ausgegrenzt. Der Status wirkt nicht nur stigmatisierend, sondern hat auch scharfe rechtliche Konsequenzen.
Durch die »Duldung light« werden Menschen sozial, rechtlich und wirtschaftlich ausgegrenzt. Der Status wirkt nicht nur stigmatisierend, sondern hat auch scharfe rechtliche Konsequenzen. Sie werden mit Leistungskürzungen, einem pauschalen Arbeitsverbot sowie einer Wohnsitzauflage sanktioniert. Zudem kann eine Inhaftierung drohen, wenn die Nicht-Vornahme der Passbeschaffungshandlungen als Anhaltspunkt für Fluchtgefahr genommen wird oder wenn einer Anordnung zur Vorsprache bei einer Botschaft nicht nachgekommen wird. Darüber hinaus stellt die Verletzung der Passbeschaffungspflicht eine Ordnungswidrigkeit und kann dementsprechend geahndet werden.
Problematisch ist die »Duldung light« zudem hinsichtlich möglicher Bleibeperspektiven: Für gut integrierte Personen, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a oder § 25b AufenthG anstreben (s.u.), oder für Personen, die auf eine Ausbildungs- oder Beschäftigungsduldung hoffen, kommt es für die Erteilung auch darauf an, wie lange sich die Person bereits in Deutschland aufhält bzw. wie lange die Person bereits über eine Duldung verfügt (Vorduldungszeit). Die Zeiten mit »Duldung light« werden für diese Bleibeperspektiven nicht angerechnet. Damit wird der Weg in ein Bleiberecht effektiv versperrt.
Können geduldete Menschen ein Bleiberecht bekommen?
Es ist grundsätzlich sehr schwer für geduldete Menschen einen regulären Aufenthalt zu erlangen. Zum einen, weil die gesetzlichen Hürden der Bleiberechtsregelungen zu hoch sind, zum anderen, weil manche Regelungen zu wenig bekannt sind.
Personen, die für eine Ausbildung geduldet wurden, bekommen in der Regel nach der abgeschlossenen Ausbildung eine Aufenthaltserlaubnis, wenn sie in dem entsprechenden Beruf tätig sind. Gleiches gilt für Personen, die 30 Monate lang eine Beschäftigungsduldung hatten. Für gut integrierte Jugendliche, die seit vier Jahren in Deutschland geduldet sind und hier die Schule erfolgreich besucht oder abgeschlossen haben, gibt es ebenso die Chance auf eine Aufenthaltserlaubnis (§ 25a AufenthG). Auch für gut integrierte Erwachsene gibt es eine solche Bleiberechtsregelung (§ 25b AufenthG), die aber acht Jahre Aufenthalt (bei Familien sechs Jahre Aufenthalt) und Lebensunterhaltssicherung voraussetzt.
In NRW und Rheinland-Pfalz kann aufgrund von Erlassen bei besonders guter Integration auch bereits nach sechs Jahren eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Menschen, die seit mindestens 18 Monaten geduldet sind und das Ausreisehindernis nicht selbst zu verschulden haben, zum Beispiel aufgrund schwerer Krankheit, können ebenfalls eine Aufenthaltserlaubnis (§ 25 (5) AufenthG) bekommen. Diese Regelung bietet aber weniger Rechtssicherheit als §§ 25a, 25b AufenthG, da die Aufenthaltserlaubnis hier weiterhin vom Bestehen des Ausreisehindernisses abhängt. Fällt dieses weg, kann auch die Aufenthaltserlaubnis entzogen werden.
Personen mit einer »Duldung Light« können nicht direkt eine Bleiberechtsregelung für sich geltend machen – stattdessen müssen sie zunächst wieder eine reguläre Duldung innehaben und die entsprechenden Vorduldungszeiten erfüllen (s.o.).
Weitere Möglichkeiten als geduldete Person ein Bleiberecht zu bekommen, können zum Beispiel im Fall der Verschlechterung der Lage im Herkunftsland ein Asylfolgeantrag sein oder bei guter Integration und besonderer Härte ein Antrag bei einer Härtefallkommission oder bei einem Petitionsausschuss, die es in jedem Bundesland gibt.
Interessante Quellen zum Thema:
Die GGUA sammelt auf ihrer Website hilfreiche Übersichten und Arbeitshilfen. Darunter findet sich unter anderem die Arbeitshilfe »Zugang zur Beschäftigung mit Duldung und Aufenthaltsgestattung«.
Auch beim Paritätischen gibt es viele gute Praxistipps. So wurden dort beispielsweise eine Arbeitshilfe zur Ausbildungsduldung und eine Arbeitshilfe zu den Bleiberechtsregelungen für gut integrierte Jugendliche und Erwachsene veröffentlicht. Außerdem lassen sich hier Beratungshinweise zur »Duldung light« finden.
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. hat darüber hinaus umfangreiche Fact-Sheets zu den verschiedenen Duldungsformen erstellt.
(Wiebke Judith / Jennifer-Louise Robinson)