09.04.2013
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Insbesondere Angehörige der Romaminderheit haben in Serbien kaum Möglichkeiten, ihre Rechte geltend zu machen. Foto: Karin Waringo

PRO ASYL veröffentlicht eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation. Die Dokumentation belegt: Menschenrechte sind in Serbien oft nur auf dem Papier gewährleistet.

Die Autorin der jetzt ver­öf­fent­lich­ten Doku­men­ta­ti­on „Ser­bi­en – ein siche­rer Her­kunfts­staat von Asyl­su­chen­den in Deutsch­land?“, Dr. Karin Warin­go, hat eine Viel­zahl von Quel­len aus­ge­wer­tet, die bele­gen, dass Men­schen- und Min­der­hei­ten­rech­te in Ser­bi­en oft ledig­lich auf dem Papier gewähr­leis­tet sind. Dies betrifft poli­ti­sche Rech­te wie Medien‑, Mei­nungs- und Ver­samm­lungs­frei­heit, aber auch wei­te­re Berei­che. Von staat­li­cher Sei­te wird gegen ras­sis­ti­sche und rechts­extre­me Gewalt, der ins­be­son­de­re Roma in beson­de­rem Maße aus­ge­setzt sind, nur unzu­rei­chend vor­ge­gan­gen. Nicht nur bei der Zwangs­räu­mung von Roma­sied­lun­gen ist der ser­bi­sche Staat selbst Urhe­ber von Menschenrechtsverletzungen.

Ein­schrän­kun­gen der Ausreisefreiheit 

Besorg­nis­er­re­gend sind ins­be­son­de­re die Ein­schrän­kun­gen der Aus­rei­se­frei­heit. Auf Druck der Euro­päi­schen Uni­on und ein­zel­ner ihrer Mit­glied­staa­ten hat die ser­bi­sche Regie­rung in den ver­gan­ge­nen drei Jah­ren Maß­nah­men ergrif­fen mit dem Ziel, die Zahl der Asyl­an­trag­stel­ler zu redu­zie­ren. Die EU las­se die Bal­kan­staa­ten für sich die Drecks­ar­beit erle­di­gen, hat­te der Men­schen­rechts­kom­mis­sar des Euro­pa­ra­tes, Nils Muiz­nieks, nach sei­ner Rück­kehr von einer Maze­do­ni­en­rei­se scharf kritisiert.

Die neue PRO-ASYL-Doku­men­ta­ti­on zu Ser­bi­en gibt ihm Recht. Sie beschreibt ein­dring­lich, wie Ser­bi­en gegen das Recht auf Aus­rei­se­frei­heit ver­stößt – das unter ande­rem durch die Euro­päi­sche Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on geschützt ist. PRO ASYL wirft der EU vor, die Pra­xis initi­iert zu haben, die nicht wei­ter hin­zu­neh­men ist.

Ser­bi­en kei­nes­falls als siche­res Her­kunfts­land einzustufen

Die Doku­men­ta­ti­on zu Ser­bi­en ist ein Beleg dafür, dass Ser­bi­en kei­nes­falls als siche­res Her­kunfts­land ein­zu­stu­fen ist. Eine Ein­stu­fung von Ser­bi­en und Maze­do­ni­en per Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren als siche­re Her­kunfts­staa­ten hät­te prak­tisch zur Fol­ge, dass Asyl­ge­su­che nach gesetz­li­cher Vor­ga­be als „offen­sicht­lich unbe­grün­det“ abzu­leh­nen wären – womit ein Blei­be­recht für die Zukunft aus­ge­schlos­sen wäre. Betrof­fen wären dadurch haupt­säch­lich Roma, denn die meis­ten Asyl­su­chen­den aus Ser­bi­en und Maze­do­ni­en gehö­ren die­ser Min­der­heit an.

Inter­na­tio­na­le Orga­ni­sa­tio­nen stel­len über­ein­stim­mend fest, dass die Situa­ti­on der Roma in Ser­bi­en unver­än­dert kata­stro­phal ist. Sie sind einer umfas­sen­den gesell­schaft­li­chen Dis­kri­mi­nie­rung und Aus­gren­zung aus­ge­setzt, die zur Fol­ge hat, dass sie ihre Rech­te nur sehr bedingt in Anspruch neh­men kön­nen. Vor die­sem Hin­ter­grund müs­sen die Asyl­an­trä­ge von ser­bi­schen und maze­do­ni­schen Antrag­stel­lern indi­vi­du­ell und sorg­fäl­tig geprüft werden. 

Doku­men­ta­ti­on „Ser­bi­en – ein siche­rer Ser­bi­en – ein siche­rer Her­kunfts­staat von Asyl­su­chen­den in Deutsch­land? von Dr. Karin Waringo

PRO ASYL, Zu den Vor­schlä­gen des Bun­des­in­nen­mi­nis­ters zum Umgang mit
Asyl­su­chen­den aus Ser­bi­en und Maze­do­ni­en (Nov. 2012)

 Stim­mungs­ma­che und Stig­ma­ti­sie­rung: Bay­ern will Abschie­be­la­ger ein­rich­ten (22.07.15)

 Gro­ße Koali­ti­on gegen Roma-Flücht­lin­ge: die Poli­tik der Null-Aner­ken­nung steht (27.11.13)

 Baden-Würt­tem­berg nimmt Sam­mel­ab­schie­bun­gen wie­der auf (24.04.13)

 Ser­bi­en – kein siche­rer Her­kunfts­staat von Asyl­su­chen­den (09.04.13)

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 Roma in Ser­bi­en – Von wegen „siche­rer Her­kunfts­staat“ (01.01.70)