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Plakat bei der #unteilbar-Demonstration in Berlin. Foto: Bellinda Bartolucci / PRO ASYL

Über 200.000 Menschen haben am Samstag in Berlin ein Zeichen gesetzt. Für eine offene und solidarische Gesellschaft, gegen Rassismus und Ausgrenzung. Ein wichtiges Signal, das aber kein Endpunkt sein darf, sondern vielmehr der Anfang einer Bewegung für die Rechtsstaatlichkeit und die allgemeine Gültigkeit von Menschenrechten sein muss.

Es geht um das Recht, unver­äu­ßer­li­che Rech­te zu haben – kon­kret: das Recht auf Leben, das Recht auf Schutz vor Zurück­wei­sung in Fol­ter und ernied­ri­gen­de Umstän­de, der Zugang zum Recht auf Schutz und Asyl und das Recht, in einem Rechts­staat gegen Behör­den­ent­schei­dun­gen den Rechts­weg zu beschrei­ten. Die­se Rech­te müs­sen für alle Men­schen gel­ten! Auch dafür sind unter dem Mot­to »#unteil­bar« am Sams­tag in Ber­lin nach Ver­an­stal­ter­an­ga­ben über 240.000 Men­schen auf die Stra­ße gegangen.

In Zei­ten des Rechts­rucks in ganz Euro­pa ist die­se Demons­tra­ti­on nicht nur ein ermu­ti­gen­des Zei­chen aus der Zivil­ge­sell­schaft son­dern auch ein deut­li­ches State­ment in Rich­tung der han­deln­den Politiker*innen. Ein Tag, der Mut macht, aber gleich­zei­tig nur ein Anfang sein kann. Gera­de im Hin­blick auf die aktu­el­le poli­ti­sche Ent­wick­lung in Euro­pa und das Erstar­ken der Rechts­po­pu­lis­ten wird es einen lan­gen Atem und noch vie­le sol­cher Aktio­nen brauchen!

Wir sind an einem Punkt, an dem Men­schen­rech­te und Recht­staat­lich­keit auf der Kip­pe ste­hen und von uns wie­der erkämpft wer­den müssen!

1.778

Men­schen sind im Mit­tel­meer 2018 bis­her ertrun­ken. Auf der Flucht nach Europa.

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Unteilbar: Das Recht auf Leben

Jeder hat das Recht auf Leben, Frei­heit und Sicher­heit der Per­son (Arti­kel 3, All­ge­mei­ne Erklä­rung der Menschenrechte).

Vor Euro­pas Gren­zen jedoch ertrin­ken täg­lich Men­schen – bereits 1.778 in die­sem Jahr (Stand 12.10.). Vor allem seit dem Juni ist die Todes­ra­te noch ein­mal gestie­gen, auf durch­schnitt­lich acht Tote pro Tag. Das liegt auch dar­an, dass die Arbeit von zivi­len Seenotretter*innen gezielt tor­pe­diert wird. Sie wer­den kri­mi­na­li­siert, ihnen wird die Flag­ge ent­zo­gen, ihre Schif­fe wer­den festgesetzt.

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Foto: Bel­lin­da Bar­to­luc­ci / PRO ASYL

Die pri­va­te See­not­ret­tung, die für einen gro­ßen Teil der Ret­tun­gen im Mit­tel­meer ver­ant­wort­lich war, ist qua­si zum Erlie­gen gebracht wor­den. Ver­ant­wort­lich dafür ist die Poli­tik der Euro­päi­schen Uni­on, die ihre Gren­zen dadurch noch bes­ser abschot­ten möch­te. Dass das Men­schen­le­ben kos­tet, spielt dabei offen­bar kei­ne Rolle.

Unteilbar: Das Recht auf Schutz vor Zurückweisung

…in Gebie­te, in denen den Betrof­fe­nen Fol­ter oder ande­re schwe­re Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen drohen.

Kei­ner der ver­trag­schlie­ßen­den Staa­ten wird einen Flücht­ling auf irgend­ei­ne Wei­se über die Gren­zen von Gebie­ten aus­wei­sen oder zurück­wei­sen, in denen sein Leben oder sei­ne Frei­heit wegen sei­ner Ras­se, Reli­gi­on, Staats­an­ge­hö­rig­keit. sei­ner Zuge­hö­rig­keit zu einer bestimm­ten sozia­len Grup­pe oder wegen sei­ner poli­ti­schen Über­zeu­gung bedroht sein wür­de. (Art. 33, Gen­fer Flüchtlingskonvention)

Statt den zivi­len Seenotretter*innen ope­riert nun vor allem die soge­nann­te »liby­sche Küs­ten­wa­che« im Mit­tel­meer. Im Auf­trag und mit finan­zi­el­ler und ope­ra­ti­ver Unter­stüt­zung Euro­pas fan­gen sie Flücht­lings­boo­te ab und brin­gen die Insas­sen zurück nach Libyen.

»Lager sind das Sym­bol von Ent­wür­di­gung, Ent­rech­tung und Isolierung.«

Gün­ter Burk­hardt am 13.10. in Berlin

Dort droht die Ver­schlep­pung in eines der berüch­tig­ten liby­schen Gefan­ge­nen­la­ger, die der Sep­tem­ber­be­richt des UNHCR als »alb­traum­haft«, »grau­sam, inhu­man und ernied­ri­gend« beschreibt. Fol­ter, Ver­ge­wal­ti­gun­gen und ande­re mas­si­ve Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen sind dort an der Tages­ord­nung. Auch dafür zeich­nen die han­deln­den Politiker*innen in der Euro­päi­schen Uni­on mitverantwortlich.

Unteilbar: Das Recht auf Asyl

Jeder hat das Recht, in ande­ren Län­dern vor Ver­fol­gung Asyl zu suchen und zu genie­ßen. (Arti­kel 14, All­ge­mei­ne Erklä­rung der Menschenrechte)

Deals, wie mit dem tür­ki­schen Prä­si­den­ten Erdo­gan, ermög­li­chen Euro­pa die Aus­wei­sung von Flücht­lin­gen ohne eine Prü­fung ihrer Flucht­grün­de. Zu die­sem Zweck wer­den die Men­schen mona­te- bis jah­re­lang in Elend­sla­gern auf den grie­chi­schen Inseln fest­ge­hal­ten. Dort fehlt es oft an allem: Nah­rung, Zel­te, medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung. Im Lager Moria auf Les­bos gibt es Platz für 3.100 Men­schen, mehr als 7.600 har­ren aktu­ell dar­in aus. Ihnen fehlt auch der Zugang zu Bera­tung oder Rechts­bei­stand und die Mög­lich­keit, sich gegen Behör­den­ent­schei­dun­gen zu wehren.

»Der Plan, jeden geflüch­te­ten Men­schen in einem Lager fest­zu­set­zen, signa­li­siert: Ihr habt hier kei­ne Rech­te. Macht euch nicht auf den Weg, ihr habt von uns nichts zu erwar­ten. Wer nicht im Mit­tel­meer ertrinkt, wird in Euro­pa weder Auf­nah­me noch Asyl finden.«

Gün­ter Burk­hardt am 13.10. in Berlin

Unteilbar: Das Recht auf Rechtsstaat

Auch in Deutsch­land soll mit den AnkER-Zen­tren ein Ort geschaf­fen wer­den, an dem Asyl­an­trä­ge im Eil­tem­po ent­schie­den und vor allem abge­lehnt wer­den kön­nen. Die ver­spro­che­ne flä­chen­de­cken­de und unab­hän­gi­ge Ver­fah­rens­be­ra­tung ist nicht in Sicht. Der Weg zu Bera­tungs­struk­tu­ren und Anwält*innen ist stark erschwert.

Kampf für Menschenrechte!

Etli­che Men­schen haben vie­le Jah­re lang dafür gekämpft, dass Men­schen­rech­te als uni­ver­sell, all­ge­mein­gül­tig und unteil­bar aner­kannt sind. Jetzt ist es an unse­rer Gene­ra­ti­on, die­se Errun­gen­schaft nicht ein­fach wie­der her­zu­ge­ben, bloß weil Rechtspopulist*innen die Stim­mung schü­ren und ande­re Par­tei­en ihnen hin­ter­her­lau­fen und die Paro­len übernehmen.

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Die­ses Motiv gibt es auch als Auf­kle­ber in unse­rem Shop! Foto: Bel­lin­da Bar­to­luc­ci / PRO ASYL