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Legale Wege fehlen: Wie Flüchtlinge in die Hände von Schleppern getrieben werden
Feras H. flieht Ende 2011 von Syrien nach Deutschland. Seine Eltern und seine Geschwister muss er zurücklassen. Verzweifelt versucht er anschließend, seine Angehörigen auf legalen und sicheren Wegen zu sich nach Deutschland zu holen. PRO ASYL dokumentiert den Fall:
Nach einer schwierigen Flucht kommt Feras H. (32) 2011 in Deutschland an. Auch sein jüngerer Bruder Ahmad flieht ein Jahr später aus Syrien. In Ungarn wird Ahmad jedoch inhaftiert und erst wieder freigelassen, als er einen Asylantrag stellt. Aufgrund der europäischen Dublin-Verordnung sollte sein Asylantrag in Deutschland daher nicht bearbeitet werden. Doch Ahmad hatte Glück: Er findet eine Kirchengemeinde in Niedersachsen, die ihn mit Kirchenasyl vor der Abschiebung nach Ungarn bewahrt.
Den Angehörigen die gefährliche Flucht ersparen
Die schlimmen Erfahrungen seiner eigenen Flucht prägen Feras sehr. Auch die Schwierigkeiten, die sein Bruder hatte, um in Deutschland Asyl beantragen zu können, möchte er dem Rest der Familie ersparen. Er versucht, seine Eltern und seine Schwester Nora (30) auf einem sicheren Weg nach Deutschland zu holen. Er ist auch bereit, eine Verpflichtungserklärung für die Familie zu unterschreiben und damit die Verantwortung für den Lebensunterhalt zu übernehmen.
Doch von den niedersächsischen Behörden erhält er eine Absage: Das Landesaufnahmeprogramm gilt lediglich für syrische Staatsangehörige. Feras und seine Familie sind jedoch die Nachkommen palästinensischer Flüchtlinge. Sie haben, wie viele Palästinenser, nie die syrische Staatsangehörigkeit erhalten.
Die Situation in Homs spitzt sich zu
Die Lage der Familie hatte sich indes zugespitzt. „Die Situation in Homs war schlimm genug. Durch die russische Intervention ist die Lage weiter eskaliert. Ständig gab es Luftangriffe“, berichtet Nora, die Schwester von Feras. Eine legale Flucht vor der unmittelbaren Bedrohung durch Bomben ist nicht möglich: Da sie keine syrischen Pässe besitzen, sondern lediglich Dokumente, die sie als syrische Palästinenser ausweisen, verweigern Nachbarstaaten wie Jordanien oder der Libanon ihnen die Einreise.
Die einzige Wahl: Gefährliche Flucht über das Mittelmeer
Da ihr legale und sichere Wege nach Deutschland verschlossen blieben, entschließt sich Nora zur abenteuerlichen und gefährlichen Flucht über das Mittelmeer – gemeinsam mit ihren beiden Kindern (3 und 1 Jahre alt): „Ich wollte meine Kinder in Sicherheit bringen. In Syrien konnten wir wegen des Krieges nicht weiterleben“, sagt sie. Obwohl sie die schlimmen Berichte über ertrunkene Flüchtlinge gelesen hatte, blieb ihr keine andere Wahl. Für 3.000 Euro bringt ein Schlepper sie und ihre Kinder, gemeinsam mit 50 anderen Menschen, auf einem Schlauchboot über die Ägäis.
„Hätte es ein Aufnahmeprogramm gegeben, hätte Nora nicht die gefährliche Flucht auf sich nehmen müssen“
Nora hat Glück – alles geht gut. Heute lebt sie als Asylsuchende in Deutschland. Die dramatische Flucht hätte man ihr aber ersparen können, wenn es legale und sichere Wege gegeben hätte. Ihr Bruder Feras sagt: „Während der Flucht meiner Schwester war meine ganze Familie angespannt. Wir hatten Angst, dass Nora und ihren Kindern etwas passiert. Hätte es ein Aufnahmeprogramm gegeben, hätte Nora nicht die gefährliche Flucht auf sich nehmen und Geld an Schlepper geben müssen.“
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Engagieren Sie sich für verfolgte Menschen
PRO ASYL berät und unterstützt viele Tausend Menschen in ihren oft schwierigen Fluchtsituationen. Damit Flüchtlinge ihre Familie zu sich holen können, kämpfen wir dafür, dass besonders Schutzbedürftige auf legalen und sicheren Wegen nach Deutschland kommen können und setzen uns dafür ein, dass die Aufnahmeprogramme für syrische Flüchtlinge fortgeführt und ausgebaut werden.
Wir freuen uns über jede Unterstützung in Form einer Fördermitgliedschaft oder einer Spende: Spendenkonto-Nr.: 8047300 | Bank für Sozialwirtschaft Köln | BLZ: 370 205 00 IBAN: DE62 3702 0500 0008 0473 00 | BIC: BFSWDE33XXX
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