30.11.2015
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Angespannte Nahrungsmittelsituation: Die anhaltenden Kämpfe zwischen Taliban und Regierungstruppen sorgen dafür, dass viele Bauern nicht mehr ernten können. Foto: Flickr / SiLongworth (Army Photographer)

Die Bundesregierung plant, in Zukunft verstärkt nach Afghanistan abzuschieben - trotz der verschärften Sicherheitslage im Land.

Unge­ach­tet der Tat­sa­che, dass die Bun­des­wehr-Mis­si­on in Afgha­ni­stan kürz­lich ver­län­gert und per­so­nell auf­ge­stockt wur­de, wer­den Afgha­nen hier­zu­lan­de wegen „schlech­ter Blei­be­per­spek­ti­ve“ von Sprach­kur­sen aus­ge­schlos­sen und sol­len nach dem Wil­len von Bun­des­in­nen­mi­nis­ter de Mai­ziè­re ver­mehrt in ihr Hei­mat­land abge­scho­ben wer­den. Aber ist Afgha­ni­stan tat­säch­lich sicher, kann man Men­schen beden­ken­los dort­hin abschie­ben? Mel­dun­gen aus dem Land zeich­nen ein ande­res Bild:

Ver­min­te Fel­der als Hin­ter­las­sen­schaft der Taliban

Die Pro­vinz Kun­dus, ehe­mals Stand­ort der Bun­des­wehr in Afgha­ni­stan, ist die wich­tigs­te Regi­on für Land­wirt­schaft in Afgha­ni­stan. Nach­dem die Pro­vinz­haupt­stadt im Sep­tem­ber kurz­zei­tig von den Tali­ban ein­ge­nom­men wur­de, ist die Situa­ti­on dort auch nach der Rück­erobe­rung durch die afgha­ni­sche Armee kri­tisch: Es wird berich­tet, dass die Fel­der wäh­rend dem Rück­zug der Tali­ban ver­mint wur­den, eine Ern­te ist so für die zwi­schen­zeit­lich geflo­he­nen und nun zurück­ge­kehr­ten Bau­ern nicht möglich.

Ernst­haf­te Bedro­hung der Ernäh­rungs­si­cher­heit von Mil­lio­nen Afghanen

Nun sind die Betrof­fe­nen arbeits­los, aber auch die Lebens­mit­tel­si­tua­ti­on im gesam­ten Land hat sich dadurch noch wei­ter ver­schlech­tert: Die Nah­rungs­mit­tel­prei­se stei­gen, eben­so wie der Anteil der Afgha­nen, deren Ernäh­rungs­si­cher­heit als extrem bedroht gilt. Wie das Food Secu­ri­ty and Agri­cul­tu­re Clus­ter (FSAC) im Sep­tem­ber berich­te­te, wer­den mitt­ler­wei­le 1,5 Mil­lio­nen Afgha­nen als „sever­ely food inse­cu­re“ ein­ge­stuft, bei über 7 Mil­lio­nen wird eine leich­te Bedro­hung der Ernäh­rungs­si­cher­heit ausgemacht.

Von der Idee ver­stärk­ter Abschie­bun­gen Abstand nehmen

PRO ASYL for­dert die Bun­des­re­gie­rung auf, „Des­in­te­gra­ti­ons­maß­nah­men“, wie den Aus­schluss afgha­ni­scher Flücht­lin­ge von Sprach­kur­sen wäh­rend des Asyl­ver­fah­rens, abzu­schaf­fen und von der Idee ver­stärk­ter Abschie­bun­gen nach Afgha­ni­stan sofort Abstand zu neh­men. Die Auf­sto­ckung der Bun­des­wehr-Trup­pen und die der­zei­ti­ge Sicher­heits­la­ge zei­gen, dass Abschie­bun­gen nach Afgha­ni­stan für die Betrof­fe­nen Abschie­bun­gen in lebens­ge­fähr­li­che Zustän­de bedeu­ten würden.

Kur­ze Neu­ig­kei­ten aus dem angeb­lich siche­ren Afgha­ni­stan: Über 50 Tote bei Tali­ban-Angriff (10.12.15)

Afgha­ni­stan: Abschie­bun­gen trotz erwar­te­tem Kon­troll­ver­lust? (07.12.15)

Mehr Sol­da­ten nach Afgha­ni­stan – aber trotz­dem dort­hin abschie­ben? (20.11.15)

Bun­des­re­gie­rung ver­län­gert Afgha­ni­stan-Ein­satz mit per­so­nel­ler Auf­sto­ckung (19.11.15)

Flücht­lin­ge aus Afgha­ni­stan: De Mai­ziè­res dilet­tan­ti­scher Aus­flug in die deut­sche Ent­wick­lungs­hil­fe (29.10.15)