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Die Welt lässt syrische und irakische Flüchtlinge weiter im Stich
Die westlichen Staaten stocken die Zahl der syrischen Flüchtlinge, die sie freiwillig aufnehmen wollen, auf 100.000 Menschen auf. Das bedeutet lediglich eine Erhöhung bestehender Kleinstprogramme. Insgesamt bleiben die Aufnahmeprogramme ein Tropfen auf den heißen Stein.
Der Winter steht bevor, Nahrungsmittel werden knapp, die ärztliche Versorgung ist kaum gesichert: Vielen tausend syrischen und irakischen Flüchtlingen drohen in den nächsten Wochen Hunger und Not – und Rettung ist nicht in Sicht: Die industrialisierten, westlichen Staaten überlassen die Flüchtlinge weiterhin den überforderten Aufnahmestaaten in der Krisenregion. UNHCR hatte die Staaten der Welt mehrfach dringend zur Aufnahme von syrischen Flüchtlingen aufgerufen.
Der UN-Flüchtlingskommissar Guterres drängt darauf, dass Aufnahmeplätze für zehn Prozent der besonders schutzbedürtigen Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden. 320.000 Zusagen werden bei dieser eher vorsichtigen Berechnung benötigt. Am 9. Dezember 2014 fand daher eine UN-Aufnahmekonferenz statt. Laut UNHCR sicherten die Staaten dort zu, insgesamt bis zu 100.000 Flüchtlinge aufnehmen zu wollen.
Das sind aber keineswegs die vom UNHCR geforderten neuen Aufnahmen, sondern schließt auch alle diejenigen ein, die seit 2013 aufgenommen wurden – allein 30.000 Aufnahmeplätze in Deutschland sind bereits inbegriffen. Wenn dann der neue EU- Innenkommissar Dimitris Avramopoulos diese de-facto gescheiterte internationale Syrienkonferenz auch noch freudig mit den Worten „I am pleased to note that so far, more than 34.000 places have been offered by EU States” kommentiert, sehen wir die Abgründe europäischer Flüchtlingspolitik.
Aufnahmezusagen weiter auf katastrophalem Niveau
Staaten wie Australien (5.600), Kanada (1.300 Einreisen, fast ausschließlich über private Gelder) und die USA (9.000 Aufnahmevorschläge, offene Aufnahmezahl) bleiben unter ihren Möglichkeiten. Schweden will insgesamt auf 2.700 aufgenommene Flüchtlinge kommen, Norwegen auf 2.500, Österreich auf 1.500, Frankreich auf 1.000. Alle anderen europäischen Staaten machten geringere oder gar keine Zusagen. Die reichen arabischen Golfstaaten beteiligen sich gar nicht. Angesichts der immensen Not der 3,2 Millionen syrischen Flüchtlinge, die sich in die Nachbarstaaten geflüchtet haben, bleibt die weltweite Hilfe durch die Aufnahme von Flüchtlingen damit weiter auf einem katastrophalem Niveau.
Innenministerkonferenz bleibt ohne Ergebnis
Auch die Innenminister von Bund und Ländern haben sich bei ihrer Tagung am 12. Dezember nicht zu einem neuen humanitären Aufnahmebeschluss für syrische oder irakische Flüchtlinge durchringen können. Der letzte Aufnahmebeschluss stammt vom Juni 2014 – seither ist die Zahl der Flüchtlinge, die in der Region auf Hilfe angewiesen sind, erneut um Hunderttausende angestiegen. Bereits zuvor reichten die Kapazitäten nicht einmal annähernd: Allein für das zweite Bundesprogramm zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge stellten in Deutschland lebende Menschen Anträge für 76.000 Syrerinnen und Syrer – auf 5.000 Aufnahmeplätze.
Mit den rund 30.000 Aufnahmezusagen steht Bundesrepublik im Vergleich zu den anderen Staaten vergleichsweise gut da. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass es in Deutschland eine große syrische Diaspora gibt. Die Angehörigen der Kriegsopfer sind es, die die Reisekosten und den Lebensunterhalt eines Großteils der Aufgenommenen tragen. Für irakische Flüchtlinge, die in großer Zahl vor der Terrormiliz des IS fliehen mussten, öffnet die Bundesrepublik nach wie vor überhaupt keine legalen Einreisewege.
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