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Fortschritt beim Resettlement: Mehr Rechte für neu angesiedelte Flüchtlinge
Das Gesetz zu Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung enthält Verbesserungen für sogenannte Resettelement-Flüchtlinge. Menschen, die über das UNHCR-Resettlement-Programm in Deutschland neu angesiedelt werden, erhalten künftig früher eine sichere Lebensperspektive und Erleichterungen beim Familiennachzug.
Das in Kürze in Kraft tretende Gesetz zum Bleiberecht und zur Aufenthaltsbeendigung enthält mehrere extrem problematische Punkte, doch in einigen Punkten gibt es Verbesserungen – unter anderem für so genannte Resettlement-Flüchtlinge.
Das Resettlement-Programm des UNHCR dient dazu, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus perspektivlosen Zufluchtssituationen zu befreien und sie in aufnahmebereiten Staaten neu anzusiedeln. Seit 2012 nimmt die Bundesrepublik regelmäßig am Programm teil: 300 Menschen wurden in den letzten Jahren jährlich in Deutschland neu angesiedelt, ab 2015 werden es rund 500 sein. So gering diese Zahl angesichts der rund 800.000 Menschen, die laut UNHCR in den nächsten fünf Jahren Resettlement benötigen, auch ist – dass sich Deutschland am UNHCR- Programm beteiligt ist ein Erfolg jahrelanger Arbeit von PRO ASYL und vielen anderen, insbesondere der Save me Kampagne.
Mit der nun erfolgten Gesetzesänderung werden im Rahmen des Resettlements neu angesiedelte Flüchtlinge hinsichtlich des Familiennachzugs und der Niederlassungserlaubnis den im Asylverfahren anerkannten Flüchtlingen gleichgestellt. Dies sind weitere Schritte in die richtige Richtung – auch wenn noch einiges zu tun bleibt.
Neuer Aufenthaltstitel für Resettlement-Flüchtlinge
Mit dem Gesetz wird ein neuer Aufenthaltstitel geschaffen: Flüchtlinge, die per Resettlement aufgenommen werden, erhalten künftig eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 IV AufenthG. Damit wird laut Gesetzesbegründung „zukünftig besonders schutzbedürftigen sog. Resettlement-Flüchtlingen in Deutschland eine dauerhafte Lebensperspektive geboten“.
So wird zwar die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 IV AufenthG immer noch zunächst befristet sein – Allerdings wird eine Niederlassungserlaubnis nicht mehr erst nach frühestens sieben Jahren, sondern bereits nach drei Jahren erteilt – sofern nicht das Bundesamt BAMF im Einzelfall mitteilt, dass die Voraussetzungen für eine Rücknahme vorliegen. Letzteres ist allerdings regelmäßig nicht zu erwarten.
Zudem wird der Familiennachzug erleichtert: Künftig sollen für Resettlement-Flüchtlinge diesbezüglich dieselben erleichterten Voraussetzungen gelten wie für nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) anerkannte Flüchtlinge: Wird der Antrag innerhalb der ersten drei Monate gestellt, wird auf die Bedingung der eigenständigen Unterhaltssicherung verzichtet, danach kann die Ausländerbehörde davon absehen. Nachziehende Ehegatten müssen auch keine einfachen Deutschkenntnisse mehr nachweisen. Auch die anderen Bestimmungen zum Familiennachzug werden an die für GFK-Flüchtlinge geltenden Regelungen angepasst.
Die neuen Regelungen gelten nach der Übergangsregelung in § 104 V AufenthG auch für alle, die bisher als Resettlementflüchtlinge nach § 23 II AufenthG aufgenommen wurden. Das ist freilich nur eine sehr kleine Gruppe: 900 Personen aus den Jahren 2012–14 plus das aktuell vereinbarte Kontingent von 500 Resettlementflüchtlingen im Jahr. 2015 wurden bislang Angehörige verschiedener Staaten aus dem Kontext des Syrien-Kriegs über ein Auswahlverfahren in Ägypten aufgenommen.
Hoffnung auf Ausweitung des Resettlement-Programms
Im Zuge europäischer Entwicklungen könnte das Resettlementprogramm künftig eine etwas größere Bedeutung gewinnen: Die EU-Kommission will in den kommenden zwei Jahren 20.000 Kriegsflüchtlinge aus Syrien in Europa neu ansiedeln. Die Bundesrepublik hat ihren grundsätzlichen Willen zur Beteiligung signalisiert – das wären nach der Quote etwa 3.200 syrische Resettlementflüchtlinge in den folgenden zwei Jahren. Damit würde die Aufnahmezahl von jährlich 500 Menschen im „echten“ Resettlement immerhin gesteigert.
Die EU-Staaten haben bis September Zeit, sich zu einer Beteiligung zu äußern. Eine Aufnahme von mehr als 3.200 Menschen durch die Bundesrepublik ist nicht ausgeschlossen – ginge es nach den Möglichkeiten, könnte Deutschland ohnehin regelmäßig wesentlich mehr Flüchtlinge neu ansiedeln.
Keine Verbesserung für Betroffene der Syrien-Aufnahmeprogramme
Die neuen Regelungen sollen offenbar nicht für die 20.000 Syrerinnen und Syrer gelten, die im Rahmen der Bundesaufnahmeprogramme in den letzten Jahren eine befristete Aufenthaltserlaubnis über ein humanitäres Aufnahmeprogramm „HAP“( Humanitarian Admission Programme) erhalten haben.
Gegebenenfalls sind diese sogar mit neuen Schwierigkeiten bei einem eventuellen Familiennachzug konfrontiert, denn sie fallen nach dem neuen Gesetz jetzt sogar unter den Vorbehalt, dass ein Familiennachzug „nur aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik“ stattfinden darf – eine überflüssige Hürde für Menschen, die aller Voraussicht nach bleiben werden. Auch von den anderen Vorteilen der Resettlementflüchtlinge bleiben die „HAP“-Flüchtlinge wohl weiterhin ausgeschlossen.
Dringend Aufnahmeprogramme für Syrien- und Irak-Flüchtlinge nötig
Neben allen Statusfragen bleibt eines wichtig: Die größte aktuelle Flüchtlingskatastrophe, die in Syrien und auch im Irak, verlangt starke humanitäre Antworten Europas. Ein neues Bundesaufnahmeprogramm (HAP) für Syrerinnen und Syrer ist derzeit nicht in Sicht. Auch die teils privat finanzierten Länderaufnahmeprogramme sind weit überwiegend ausgelaufen, die Verlängerung steht in vielen Ländern auf der Kippe. Angesichts der Lage im fünften Jahr des Bürgerkriegs in Syrien und dessen übergreifen auf den Irak sind weitere Aufnahmeprogramme für Syrien- und Irak-Flüchtlinge dringend notwendig.
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