13.07.2015
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Die Somalierin Roda wurde als Flüchtling aufgenommen – fast zwei Jahre dauerte es, bis sie die Erlaubnis für den Nachzug von Mann und Kindern bekam. Foto: Save me Bremen

Das Gesetz zu Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung enthält Verbesserungen für sogenannte Resettelement-Flüchtlinge. Menschen, die über das UNHCR-Resettlement-Programm in Deutschland neu angesiedelt werden, erhalten künftig früher eine sichere Lebensperspektive und Erleichterungen beim Familiennachzug.

Das in Kür­ze in Kraft tre­ten­de Gesetz zum Blei­be­recht und zur Auf­ent­halts­be­en­di­gung ent­hält meh­re­re extrem pro­ble­ma­ti­sche Punk­te, doch in eini­gen Punk­ten gibt es Ver­bes­se­run­gen – unter ande­rem für so genann­te Resettlement-Flüchtlinge.

Das Resett­le­ment-Pro­gramm des UNHCR dient dazu, beson­ders schutz­be­dürf­ti­ge Flücht­lin­ge aus per­spek­tiv­lo­sen Zufluchts­si­tua­tio­nen zu befrei­en und sie in auf­nah­me­be­rei­ten Staa­ten neu anzu­sie­deln. Seit 2012 nimmt die Bun­des­re­pu­blik regel­mä­ßig am Pro­gramm teil: 300 Men­schen wur­den in den letz­ten Jah­ren jähr­lich in Deutsch­land neu ange­sie­delt, ab 2015 wer­den es rund 500 sein. So gering die­se Zahl ange­sichts der rund 800.000 Men­schen, die laut UNHCR in den nächs­ten fünf Jah­ren Resett­le­ment benö­ti­gen, auch ist – dass sich Deutsch­land am UNHCR- Pro­gramm betei­ligt ist ein Erfolg jah­re­lan­ger Arbeit von PRO ASYL und vie­len ande­ren, ins­be­son­de­re der Save me Kam­pa­gne.

Mit der nun erfolg­ten Geset­zes­än­de­rung wer­den im Rah­men des Resett­le­ments neu ange­sie­del­te Flücht­lin­ge hin­sicht­lich des Fami­li­en­nach­zugs und der Nie­der­las­sungs­er­laub­nis den im Asyl­ver­fah­ren aner­kann­ten Flücht­lin­gen gleich­ge­stellt. Dies sind wei­te­re Schrit­te in die rich­ti­ge Rich­tung – auch wenn noch eini­ges zu tun bleibt.

Neu­er Auf­ent­halts­ti­tel für Resettlement-Flüchtlinge

Mit dem Gesetz wird ein neu­er Auf­ent­halts­ti­tel geschaf­fen: Flücht­lin­ge, die per Resett­le­ment auf­ge­nom­men wer­den, erhal­ten künf­tig eine Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 23 IV Auf­enthG. Damit wird laut Geset­zes­be­grün­dung „zukünf­tig beson­ders schutz­be­dürf­ti­gen sog. Resett­le­ment-Flücht­lin­gen in Deutsch­land eine dau­er­haf­te Lebens­per­spek­ti­ve geboten“.

So wird zwar die Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 23 IV Auf­enthG immer noch zunächst befris­tet sein – Aller­dings wird eine Nie­der­las­sungs­er­laub­nis nicht mehr erst nach frü­hes­tens sie­ben Jah­ren, son­dern bereits nach drei Jah­ren erteilt – sofern nicht das Bun­des­amt BAMF im Ein­zel­fall mit­teilt, dass die Vor­aus­set­zun­gen für eine Rück­nah­me vor­lie­gen. Letz­te­res ist aller­dings regel­mä­ßig nicht zu erwarten.

Zudem wird der Fami­li­en­nach­zug erleich­tert: Künf­tig sol­len für Resett­le­ment-Flücht­lin­ge dies­be­züg­lich die­sel­ben erleich­ter­ten Vor­aus­set­zun­gen gel­ten wie für  nach der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on (GFK) aner­kann­te Flücht­lin­ge: Wird der Antrag inner­halb der ers­ten drei Mona­te gestellt, wird auf die Bedin­gung der eigen­stän­di­gen Unter­halts­si­che­rung ver­zich­tet, danach kann die Aus­län­der­be­hör­de davon abse­hen. Nach­zie­hen­de Ehe­gat­ten müs­sen auch kei­ne ein­fa­chen Deutsch­kennt­nis­se mehr nach­wei­sen. Auch die ande­ren Bestim­mun­gen zum Fami­li­en­nach­zug wer­den an die für GFK-Flücht­lin­ge gel­ten­den Rege­lun­gen angepasst.

Die neu­en Rege­lun­gen gel­ten nach der Über­gangs­re­ge­lung in § 104 V Auf­enthG auch für alle, die bis­her als Resett­le­ment­flücht­lin­ge nach § 23 II Auf­enthG auf­ge­nom­men wur­den. Das ist frei­lich nur eine sehr klei­ne Grup­pe: 900 Per­so­nen aus den Jah­ren 2012–14 plus das aktu­ell ver­ein­bar­te Kon­tin­gent von 500 Resett­le­ment­flücht­lin­gen im Jahr. 2015 wur­den bis­lang Ange­hö­ri­ge ver­schie­de­ner Staa­ten aus dem Kon­text des Syri­en-Kriegs über ein Aus­wahl­ver­fah­ren in Ägyp­ten aufgenommen.

Hoff­nung auf Aus­wei­tung des Resettlement-Programms 

Im Zuge euro­päi­scher Ent­wick­lun­gen könn­te das Resett­le­ment­pro­gramm künf­tig eine etwas grö­ße­re Bedeu­tung gewin­nen: Die EU-Kom­mis­si­on will in den kom­men­den zwei Jah­ren 20.000 Kriegs­flücht­lin­ge aus Syri­en in Euro­pa neu ansie­deln. Die Bun­des­re­pu­blik hat ihren grund­sätz­li­chen Wil­len zur Betei­li­gung signa­li­siert – das wären nach der Quo­te etwa 3.200 syri­sche Resett­le­ment­flücht­lin­ge in den fol­gen­den zwei Jah­ren. Damit wür­de die Auf­nah­me­zahl von jähr­lich 500 Men­schen im „ech­ten“ Resett­le­ment immer­hin gesteigert.

Die EU-Staa­ten haben bis Sep­tem­ber Zeit, sich zu einer Betei­li­gung zu äußern. Eine Auf­nah­me von mehr als 3.200 Men­schen durch die Bun­des­re­pu­blik ist nicht aus­ge­schlos­sen – gin­ge es nach den Mög­lich­kei­ten, könn­te Deutsch­land ohne­hin regel­mä­ßig wesent­lich mehr Flücht­lin­ge neu ansiedeln.

Kei­ne Ver­bes­se­rung für Betrof­fe­ne der Syrien-Aufnahmeprogramme

Die neu­en Rege­lun­gen sol­len offen­bar nicht für die 20.000 Syre­rin­nen und Syrer gel­ten, die im Rah­men der Bun­des­auf­nah­me­pro­gram­me in den letz­ten Jah­ren eine befris­te­te Auf­ent­halts­er­laub­nis über ein huma­ni­tä­res Auf­nah­me­pro­gramm „HAP“( Huma­ni­ta­ri­an Admis­si­on Pro­gram­me) erhal­ten haben.

Gege­be­nen­falls sind die­se sogar mit neu­en Schwie­rig­kei­ten bei einem even­tu­el­len Fami­li­en­nach­zug kon­fron­tiert, denn sie fal­len nach dem neu­en Gesetz jetzt sogar unter den Vor­be­halt, dass ein Fami­li­en­nach­zug „nur aus völ­ker­recht­li­chen oder huma­ni­tä­ren Grün­den oder zur Wah­rung poli­ti­scher Inter­es­sen der Bun­des­re­pu­blik“ statt­fin­den darf – eine über­flüs­si­ge Hür­de für Men­schen, die aller Vor­aus­sicht nach blei­ben wer­den. Auch von den ande­ren Vor­tei­len der Resett­le­ment­flücht­lin­ge blei­ben die „HAP“-Flüchtlinge wohl wei­ter­hin ausgeschlossen.

Drin­gend Auf­nah­me­pro­gram­me für Syri­en- und Irak-Flücht­lin­ge nötig

Neben allen Sta­tus­fra­gen bleibt eines wich­tig: Die größ­te aktu­el­le Flücht­lings­ka­ta­stro­phe, die in Syri­en und auch im Irak, ver­langt star­ke huma­ni­tä­re Ant­wor­ten Euro­pas.  Ein neu­es Bun­des­auf­nah­me­pro­gramm (HAP) für Syre­rin­nen und Syrer ist der­zeit nicht in Sicht. Auch die teils pri­vat finan­zier­ten Län­der­auf­nah­me­pro­gram­me sind weit über­wie­gend aus­ge­lau­fen, die Ver­län­ge­rung steht in vie­len Län­dern auf der Kip­pe. Ange­sichts der Lage im fünf­ten Jahr des Bür­ger­kriegs in Syri­en und des­sen über­grei­fen auf den Irak sind wei­te­re Auf­nah­me­pro­gram­me für Syri­en- und Irak-Flücht­lin­ge drin­gend notwendig.

EU-Son­der­gip­fel: Wie Euro­pa das Ster­ben stop­pen kann (22.04.15)

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