18.07.2012

PRO ASYL begrüßt die heu­ti­ge Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, mit der die Leis­tun­gen für Flücht­lin­ge für ver­fas­sungs­wid­rig erklärt wur­den. „Das Gericht been­det ein jah­re­lan­ges Unrecht. Flücht­lin­ge sind kei­ne Men­schen zwei­ter Klas­se“, so Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL. Auch Flücht­lin­gen muss nun durch die vom Gericht ange­mahn­te unver­züg­li­che Neu­re­ge­lung ein Leben in Wür­de ermög­licht wer­den. Das Grund­ge­setz schützt die Wür­de des Men­schen und nicht die des deut­schen Staatsbürgers.

Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat klar­ge­stellt, dass die der­zei­ti­gen Leis­tun­gen gegen das Grund­recht auf ein men­schen­wür­di­ges Exis­tenz­mi­ni­mum ver­sto­ßen. „Die Men­schen­wür­de ist migra­ti­ons­po­li­tisch nicht zu rela­ti­vie­ren“, so das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt. Das Gericht beschloss eine Über­gangs­re­ge­lung, die an die Hartz-IV-Sät­ze ange­lehnt ist und die den vom Gesetz betrof­fe­nen Haus­halts­vor­stän­den 336 Euro und Haus­halts­an­ge­hö­ri­gen 260 Euro zuspricht. Dies gilt rück­wir­kend ab dem ers­ten Janu­ar 2011. Das Gericht wies dar­auf hin, dass der Gesetz­ge­ber bei einer Neu­re­ge­lung der Leis­tungs­sät­ze eine kon­kre­te Bedarfs­be­rech­nung zugrun­de­le­gen müsse.

So erfreu­lich das Urteil ist – mit der vom Gericht ange­mahn­ten Erhö­hung der Leis­tun­gen allein ist es jedoch nicht getan. PRO ASYL for­dert: Das dis­kri­mi­nie­ren­de Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz muss abge­schafft wer­den. Die ent­wür­di­gen­de Pra­xis, Asyl­su­chen­de mit Lebens­mit­tel­pa­ke­ten und ande­ren Sach­leis­tun­gen abzu­spei­sen, muss been­det wer­den. Auch dür­fen Flücht­lin­ge nicht län­ger gezwun­gen wer­den, in Lagern zu leben.

Das Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz stammt aus einer Zeit, in der es Hand­lungs­ma­xi­me war, Flücht­lin­ge um jeden Preis abzu­schre­cken. Wer die­se Poli­tik heu­te fort­schrei­ben will, der demü­tigt Men­schen, deren Schutz­be­dürf­tig­keit auf der Hand liegt – etwa Flücht­lin­ge aus Syri­en, Afgha­ni­stan, Iran, Irak, Sudan, Soma­lia oder Eri­trea. Wer aus die­sen oder ande­ren Län­dern nach Deutsch­land flieht, lässt sich nicht durch man­gel­haf­te Lebens­mit­tel­pa­ke­te oder schä­bi­ge Unter­brin­gung abschre­cken. „Die Abschre­ckungs­lo­gik funk­tio­niert nicht. Aber sie demü­tigt Flücht­lin­ge und macht sie psy­chisch kaputt“, so Gün­ter Burkhardt.

PRO ASYL hat die dem heu­ti­gen Gerichts­ur­teil zugrun­de­lie­gen­de Kla­ge eines 35-jäh­ri­gen ira­ki­schen Flücht­lings und eines 12-jäh­ri­gen aus Libe­ria stam­men­den Mäd­chens, das mitt­ler­wei­le die deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit hat, aus Mit­teln des PRO ASYL-Rechts­hil­fe­fonds unterstützt.

Zur Pres­se­mit­tei­lung des Bundesverfassungsgerichts

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