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Die Lage in Syrien bleibt gefährlich. Das Bild zeigt eine Bombenentschärfung in Daraa. Foto: Reuters / Alaa Faqir

Der Familiennachzug zu subsidiär Geschützten soll auf wenige Härtefälle begrenzt werden. Diesen Plänen muss die Annahme zugrunde liegen, dass die Betroffenen demnächst in ihre Heimat zurückkehren könnten. An der Realität in Syrien geht dies – und damit der Gesetzentwurf der Bundesregierung – jedoch meilenweit vorbei.

Der Ent­wurf des Geset­zes »zur Neu­re­ge­lung des Fami­li­en­nach­zugs zu sub­si­di­är Schutz­be­rech­tig­ten« will, wie es die Gro­ße Koali­ti­on in den Ver­hand­lun­gen ver­ein­bart hat­te, den Rechts­an­spruch auf den Fami­li­en­nach­zug für die­se Flücht­lings­grup­pe abschaf­fen und durch eine Rege­lung erset­zen, die bis zu 1.000 Per­so­nen im Monat den Nach­zug aus »huma­ni­tä­ren Grün­den« erlau­ben kann.

Die­ser Ent­wurf ist nicht nur des­halb pro­ble­ma­tisch, weil ver­schie­dens­te Behör­den (Deut­sche Bot­schaf­ten, Bun­des­ver­wal­tungs­amt, loka­le Aus­län­der­be­hör­den) in die­sem Pro­zess betei­ligt sind – was den Pro­zess gera­de zu Beginn ver­lang­sa­men wird – und diver­se dehn­ba­re For­mu­lie­run­gen ent­hält, die Will­kür Tür und Tor öff­nen, son­dern auch, weil damit der Ein­druck ver­fes­tigt wird, sub­si­di­är Schutz­be­rech­tig­te könn­ten in abseh­ba­rer Zeit in ihre Hei­mat zurückkehren.

Subsidiärer Schutz schützt vor Folter und Krieg 

Die meis­ten sub­si­di­är Geschütz­ten stam­men aus Syri­en und war­ten größ­ten­teils schon seit Jah­ren auf ihre Fami­lie. Der sub­si­diä­re Schutz­sta­tus ist dabei kein schwä­che­rer oder ein­ge­schränk­ter Schutz­sta­tus, son­dern – wie der Schutz nach der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on (GFK, damit ist Fami­li­en­nach­zug gestat­tet) – men­schen­recht­lich begrün­det. Er schützt die Betrof­fe­nen vor der Abschie­bung in einen Staat, in denen ihnen Gefahr droht.

Ein bal­di­ger Frie­den ist nicht in Sicht – und schon gar kei­ner, der ein Ende der Dik­ta­tur von Assad zur Fol­ge hätte.

Soll­te die­ser Gesetz­ent­wurf also nicht nur der blo­ßen Abschre­ckung und Begren­zung von Flücht­lings­zah­len die­nen, muss er der Annah­me fol­gen, dass die­se, dem Schutz­sta­tus zugrun­de­lie­gen­de, Gefahr nur von kurz­wei­li­ger Dau­er ist. Blickt man auf die Lage in Syri­en, müs­sen da jedoch star­ke Zwei­fel ange­mel­det werden.

Syrien: Kein Frieden in Sicht

Auch im sieb­ten Jahr des Bür­ger­kriegs ist die Lage unüber­sicht­lich. Die Tür­kei führt im kur­di­schen Nor­den Syri­ens einen Krieg, der erneut Tau­sen­de zur Flucht zwingt, die Assad-Regie­rung greift Rück­zugs­or­te der Rebel­len erbar­mungs­los an – nun rückt vor allem Idlib in den Fokus, dort­hin sind vie­le Men­schen aus Alep­po oder Ost-Ghou­ta geflo­hen, nach­dem das Regime ein­rück­te – und mit Russ­land, der USA, Frank­reich, dem Iran und Isra­el sind etli­che Staa­ten an krie­ge­ri­schen Hand­lun­gen betei­ligt. Ein bal­di­ger Frie­den ist nicht in Sicht – schon gar kei­ner, der ein Ende der Dik­ta­tur von Assad zur Fol­ge hätte.

Keine Rückkehr in die Diktatur

Vor genau die­ser Regie­rung sind aber vie­le Men­schen geflo­hen. Rund 1,5 Mil­lio­nen Per­so­nen sol­len auf einer Fahn­dungs­lis­te der Geheim­diens­te ste­hen, vie­le wei­te­re wis­sen nicht, ob sie auch ohne Nen­nung dar­auf nicht trotz­dem gesucht wer­den. Und Assad beginnt Fak­ten zu schaf­fen: In eini­gen Gebie­ten sol­len die Men­schen ent­eig­net wer­den, wenn sie nicht inner­halb von 30 Tagen per­sön­lich nach­wei­sen kön­nen, dass die Grund­stü­cke und Häu­ser – oder das, was davon noch übrig geblie­ben ist – ihnen gehören.

Eine Rück­kehr in abseh­ba­rer Zeit ist also den meis­ten Syrer*innen nicht nur nicht mög­lich – es wird auch aber­mals deut­lich, dass sie von Assads Regie­rung offen­bar auch gar nicht erwünscht ist. Die Bun­des­re­gie­rung igno­riert die­se Fak­ten anschei­nend, wenn sie ihre irri­gen Annah­men nun sogar in ein Gesetz gie­ßen möch­te. Ein Gesetz, das der Rea­li­tät nicht stand­hält und nur das Leid der betrof­fe­nen Fami­li­en befördert.

(mk)