16.04.2014
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Separationszelle im Abschiebungsgefängnis Ingelheim, Rheinland-Pfalz. Bild: Reiner Frey

Das Landgericht Kassel hat den Vollzug von Abschiebungshaft in der Frankfurter JVA wegen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit im Eilbeschluss ausgesetzt. PRO ASYL fordert die umgehende Entlassung aller Abschiebungsgefangenen aus der JVA Preungesheim.

Das Gericht hat­te ange­ord­net, den Betrof­fe­nen unver­züg­lich aus der Haft zu ent­las­sen. Hin­ter­grund der Ent­schei­dung ist die unsi­che­re Rechts­la­ge: Der­zeit ist ein Ver­fah­ren vor dem EuGH anhän­gig, bei dem geklärt wer­den soll, ob der Voll­zug von Abschie­bungs­haft in Deutsch­land mit EU-Recht ver­ein­bar ist. Mit dem Beschluss des Land­ge­richts Kas­sel vom 14. April sieht sich PRO ASYL in der Auf­fas­sung bestä­tigt, dass der Voll­zug von Abschie­bungs­haft in Gefäng­nis­sen, die dem Straf­voll­zug die­nen, bis zur EuGH-Ent­schei­dung unzu­läs­sig ist. 

Extre­me Sicher­heits­maß­nah­men zu erdulden

Die Betrof­fe­nen schränkt der Voll­zug in einer JVA mas­siv in ihren Per­sön­lich­keits­rech­ten ein. Obgleich sie kei­ne Straf­ta­ten began­gen haben, müs­sen sie die im Straf­voll­zug herr­schen­den Restrik­tio­nen wie extre­me Sicher­heits­maß­nah­men, Han­dy­ver­bo­te oder ein­ge­schränk­te Besuchs­zei­ten erdul­den. Erst im April hat­te die Natio­na­le Stel­le zur Ver­hü­tung von Fol­ter emp­foh­len, Abschie­bungs­ge­fan­ge­ne prin­zi­pi­ell nicht in Jus­tiz­voll­zugs­an­stal­ten unter­zu­brin­gen. In der JVA Pre­un­ges­heim (Frank­furt I) kri­ti­sier­te das Gre­mi­um etwa, dass zum Dol­met­schen bei ärzt­li­chen Unter­su­chun­gen Mit­ge­fan­ge­ne her­an­ge­zo­gen wer­den.   

Ver­stoß gegen Trennungsgebot 

Männ­li­che Abschie­bungs­häft­lin­ge wer­den in Pre­un­ges­heim in einem geson­der­ten Trakt der JVA inhaf­tiert. Aller­dings ist damit dem euro­päi­schen Tren­nungs­ge­bot nicht genü­ge getan, das bei Vor­lie­gen spe­zi­el­ler Abschie­bungs­haft­ein­rich­tun­gen einen Voll­zug in der Straf­haft nicht erlaubt. Noch pro­ble­ma­ti­scher ver­hält es sich für weib­li­che Abschie­bungs­häft­lin­ge in Frank­furt. Sie wer­den gar nicht von Unter­su­chungs­häft­lin­gen getrennt. Dies ist nach Auf­fas­sung von PRO ASYL mit der EU-Rück­füh­rungs­richt­li­nie nicht vereinbar.

Art. 16 der Richt­li­nie lau­tet: „Die Inhaf­tie­rung erfolgt grund­sätz­lich in spe­zi­el­len Haft­ein­rich­tun­gen. Sind in einem Mit­glied­staat sol­che spe­zi­el­len Haft­ein­rich­tun­gen nicht vor­han­den und muss die Unter­brin­gung in gewöhn­li­chen Haft­an­stal­ten erfol­gen, so wer­den in Haft ge­nommene Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge geson­dert von den gewöhnli­chen Straf­ge­fan­ge­nen untergebracht.“

Haft­pra­xis gegen­über Män­nern nicht zulässig

Dem­nach ist der Umgang mit weib­li­chen Inhaf­tier­ten in Hes­sen ganz offen­sicht­lich rechts­wid­rig. Wie das Land­ge­richt Kas­sel jetzt fest­ge­stellt hat, ist aber auch die Haft­pra­xis gegen­über Män­nern nicht zuläs­sig, solan­ge der EuGH nicht ent­schie­den hat. Sehr vie­les spricht dafür, dass der EuGH gene­rell den Voll­zug von Abschie­bungs­haft in gewöhn­li­chen Straf­haft­an­stal­ten in Deutsch­land für unzu­läs­sig erklä­ren wird. Denn nach der Richt­li­nie darf nur in gewöhn­li­chen Haft­an­stal­ten inhaf­tiert wer­den, wenn es kei­ne spe­zi­el­len Abschie­bungs­haft­ein­rich­tun­gen gibt. Die sind in Deutsch­land jedoch vor­han­den, z.B. in Ingelheim.

Mit einem Urteil des EuGH wird in den kom­men­den Mona­ten gerech­net. Am 8. April 2014 fand die münd­li­che Ver­hand­lung in Luxem­burg statt. Am 30. April wird der Gene­ral­an­walt plä­die­ren. Bei der Vor­la­ge an den EuGH ging es unter ande­rem auch um einen Fall aus Frank­furt. Betrof­fen war eine Syre­rin, die Anfang 2011 in der Frank­fur­ter Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt in Abschie­bungs­haft genom­men wurde. 

Abschie­bungs­ge­fan­ge­ne aus JVA Pre­un­ges­heim entlassen!

PRO ASYL for­dert das Land Hes­sen dazu auf, umge­hend alle Abschie­bungs­ge­fan­ge­nen aus der JVA Pre­un­ges­heim zu ent­las­sen. Dies kann aber nur ein Schritt zum end­gül­ti­gen Ver­zicht auf Abschie­bungs­haft sein. 

Beschluss des LG Kassel

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