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Landgericht Kassel erklärt Frankfurter Abschiebungshaft für unzulässig
Das Landgericht Kassel hat den Vollzug von Abschiebungshaft in der Frankfurter JVA wegen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit im Eilbeschluss ausgesetzt. PRO ASYL fordert die umgehende Entlassung aller Abschiebungsgefangenen aus der JVA Preungesheim.
Das Gericht hatte angeordnet, den Betroffenen unverzüglich aus der Haft zu entlassen. Hintergrund der Entscheidung ist die unsichere Rechtslage: Derzeit ist ein Verfahren vor dem EuGH anhängig, bei dem geklärt werden soll, ob der Vollzug von Abschiebungshaft in Deutschland mit EU-Recht vereinbar ist. Mit dem Beschluss des Landgerichts Kassel vom 14. April sieht sich PRO ASYL in der Auffassung bestätigt, dass der Vollzug von Abschiebungshaft in Gefängnissen, die dem Strafvollzug dienen, bis zur EuGH-Entscheidung unzulässig ist.
Extreme Sicherheitsmaßnahmen zu erdulden
Die Betroffenen schränkt der Vollzug in einer JVA massiv in ihren Persönlichkeitsrechten ein. Obgleich sie keine Straftaten begangen haben, müssen sie die im Strafvollzug herrschenden Restriktionen wie extreme Sicherheitsmaßnahmen, Handyverbote oder eingeschränkte Besuchszeiten erdulden. Erst im April hatte die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter empfohlen, Abschiebungsgefangene prinzipiell nicht in Justizvollzugsanstalten unterzubringen. In der JVA Preungesheim (Frankfurt I) kritisierte das Gremium etwa, dass zum Dolmetschen bei ärztlichen Untersuchungen Mitgefangene herangezogen werden.
Verstoß gegen Trennungsgebot
Männliche Abschiebungshäftlinge werden in Preungesheim in einem gesonderten Trakt der JVA inhaftiert. Allerdings ist damit dem europäischen Trennungsgebot nicht genüge getan, das bei Vorliegen spezieller Abschiebungshafteinrichtungen einen Vollzug in der Strafhaft nicht erlaubt. Noch problematischer verhält es sich für weibliche Abschiebungshäftlinge in Frankfurt. Sie werden gar nicht von Untersuchungshäftlingen getrennt. Dies ist nach Auffassung von PRO ASYL mit der EU-Rückführungsrichtlinie nicht vereinbar.
Art. 16 der Richtlinie lautet: „Die Inhaftierung erfolgt grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen. Sind in einem Mitgliedstaat solche speziellen Hafteinrichtungen nicht vorhanden und muss die Unterbringung in gewöhnlichen Haftanstalten erfolgen, so werden in Haft genommene Drittstaatsangehörige gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen untergebracht.“
Haftpraxis gegenüber Männern nicht zulässig
Demnach ist der Umgang mit weiblichen Inhaftierten in Hessen ganz offensichtlich rechtswidrig. Wie das Landgericht Kassel jetzt festgestellt hat, ist aber auch die Haftpraxis gegenüber Männern nicht zulässig, solange der EuGH nicht entschieden hat. Sehr vieles spricht dafür, dass der EuGH generell den Vollzug von Abschiebungshaft in gewöhnlichen Strafhaftanstalten in Deutschland für unzulässig erklären wird. Denn nach der Richtlinie darf nur in gewöhnlichen Haftanstalten inhaftiert werden, wenn es keine speziellen Abschiebungshafteinrichtungen gibt. Die sind in Deutschland jedoch vorhanden, z.B. in Ingelheim.
Mit einem Urteil des EuGH wird in den kommenden Monaten gerechnet. Am 8. April 2014 fand die mündliche Verhandlung in Luxemburg statt. Am 30. April wird der Generalanwalt plädieren. Bei der Vorlage an den EuGH ging es unter anderem auch um einen Fall aus Frankfurt. Betroffen war eine Syrerin, die Anfang 2011 in der Frankfurter Justizvollzugsanstalt in Abschiebungshaft genommen wurde.
Abschiebungsgefangene aus JVA Preungesheim entlassen!
PRO ASYL fordert das Land Hessen dazu auf, umgehend alle Abschiebungsgefangenen aus der JVA Preungesheim zu entlassen. Dies kann aber nur ein Schritt zum endgültigen Verzicht auf Abschiebungshaft sein.
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