21.08.2013

In zehn von 16 Bun­des­län­dern wird Abschie­bungs­haft in einer Jus­tiz­voll­zug­an­stalt voll­zo­gen. Dort sind zumeist auch Straf­tä­ter oder Unter­su­chungs­häft­lin­ge inhaf­tiert. Wegen eines mög­li­chen Ver­sto­ßes der deut­schen Abschie­bungs­haft-Pra­xis gegen EU-Recht hat der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) den Euro­päi­schen Gerichts­hof (EuGH) in Luxem­burg ange­ru­fen. In der jetzt bekannt gewor­de­nen BGH-Vor­la­ge vom 11. Juli 2013 geht es um die Fra­ge, ob die Inhaf­tie­rung in einer Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt zum Zwe­cke der Abschie­bung gegen das Tren­nungs­ge­bot nach EU-Recht ver­stößt. Da der blo­ße Umstand, aus­rei­se­pflich­tig zu sein, kei­ne Straf­tat ist, will das EU-Recht eine gemein­sa­me Inhaf­tie­rung mit Straf­tä­tern verhindern.

PRO ASYL befürch­tet, dass die Prü­fung beim EuGH nun meh­re­re Jah­re dau­ern könn­te und for­dert des­we­gen, die pro­ble­ma­ti­sche Pra­xis schon jetzt auf­zu­ge­ben: „Im Zwei­fel für die Recht­mä­ßig­keit! Auch wenn der EuGH noch nicht ent­schie­den hat, muss der Voll­zug in Jus­tiz­voll­zugs­an­stal­ten end­lich been­det wer­den“, sag­te Marei Pel­zer, rechts­po­li­ti­sche Refe­ren­tin von PRO ASYL. Für die Betrof­fe­nen sei es nicht län­ger zumut­bar, die in den Jus­tiz­voll­zugs­an­stal­ten herr­schen­den Restrik­tio­nen wie extre­me Sicher­heits­maß­nah­men, Han­dy­ver­bo­te oder ein­ge­schränk­te Besuchs­zei­ten zu erdul­den. Auch der BGH geht von einem Ver­stoß gegen EU-Recht aus, über­lässt die end­gül­ti­ge Klä­rung jedoch dem EuGH, an des­sen Ent­schei­dung dann auch alle ande­ren EU-Län­der gebun­den sind.

Der Vor­la­ge an den EuGH liegt der Fall einer Syre­rin zugrun­de, die Anfang 2011 in der Frank­fur­ter Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt in Abschie­bungs­haft genom­men wur­de. Ihr Asyl­an­trag war abge­lehnt wor­den und ihr droh­te die Abschie­bung. Ihre Rechts­mit­tel gegen die Haft blie­ben zunächst erfolg­los. Erst eine posi­ti­ve Ent­schei­dung der hes­si­schen Här­te­fall­kom­mis­si­on führ­te am 2. Febru­ar 2011 zu ihrer Ent­las­sung aus der Abschie­bungs­haft. Ihr Rechts­an­walt, Peter Fahl­busch, betrieb das Ver­fah­ren gegen die Haft jedoch wei­ter mit dem Ziel, deren Rechts­wid­rig­keit auch in Hin­blick der zahl­rei­chen ver­gleich­ba­ren Haft-Fäl­le klä­ren zu las­sen. Die­se Klä­rung wird nun durch den EuGH stattfinden.

PRO ASYL hat vor weni­gen Wochen zusam­men mit der Dia­ko­nie Hes­sen und Nas­sau einen aus­führ­li­chen Recher­che-Bericht zur Abschie­bungs­haft in Deutsch­land ver­öf­fent­licht. Ein zen­tra­les Recher­che­er­geb­nis ist die ekla­tan­te Ver­let­zung des Trennungsgebots.

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