Zum 31. August endet für viele Drittstaatsangehörige, die bislang nicht den vorübergehenden Schutz oder eine andere Aufenthaltserlaubnis erhalten konnten, der Zeitraum, in dem sie sich rechtmäßig ohne Aufenthaltstitel in Deutschland aufhalten können. Wir haben noch einmal alle wichtigen Punkte für diese Personengruppe zusammengestellt.

Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung – UkraineAufenthÜV

Mit der Ukrai­ne-Auf­ent­halts-Über­gangs­ver­ord­nung (Ukrai­ne­Auf­ent­hÜV) wur­den auch Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge, also Geflüch­te­te aus der Ukrai­ne ohne ukrai­ni­sche Staats­bür­ger­schaft, bis zum 31.08.2022 von dem Erfor­der­nis einer Auf­ent­halts­er­laub­nis befreit.  Die Ukrai­ne­Auf­ent­hÜV wird zwar mit der zwei­ten Ver­ord­nung zur Ände­rung der Ukrai­ne­Auf­ent­hÜV, die am 01.09.2022 in Kraft tritt, bis zum 30.11.2022 ver­län­gert, aller­dings wird nun der visum­freie Auf­ent­halt und somit die Befrei­ung vom Erfor­der­nis eines Auf­ent­halts­ti­tels für 90 Tage ab Ein­rei­se nach Deutsch­land beschränkt.

Für alle Per­so­nen, die nach dem 24.02.2022 und bis zum 03.06.2022 ein­ge­reist sind, endet somit die visum­freie Zeit bzw. die Zeit, in der kei­ne Auf­ent­halts­er­laub­nis benö­tigt wird, am 31.08.2022. Wer nach dem 03.06.2022 ein­ge­reist ist, fällt unter die Neu­re­ge­lung der Ukrai­ne­Auf­ent­hÜV vom 01.07.2022. Die­se Per­so­nen sind ab dem Tag der Ein­rei­se für den Zeit­raum von 90 Tagen von dem Erfor­der­nis einer Auf­ent­halts­er­laub­nis befreit.  In die­sem Zeit­raum müs­sen sich Betrof­fe­ne um eine Auf­ent­halts­er­laub­nis küm­mern. Wenn die 90 Tage abge­lau­fen sind und kei­ne Auf­ent­halts­er­laub­nis bean­tragt oder erteilt wur­de, gilt der Auf­ent­halt nicht mehr als erlaubt.

Anspruch  auf den vorübergehenden Schutz nach §24 AufenthG nur unter gewissen Voraussetzungen 

Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge, die aus der Ukrai­ne flie­hen muss­ten, haben in der Regel nur einen Anspruch auf den vor­über­ge­hen­den Schutz nach §24 Auf­enthG, wenn sie in der Ukrai­ne inter­na­tio­na­len Schutz genie­ßen, sich mit einem unbe­fris­te­ten Auf­ent­halts­ti­tel in der Ukrai­ne auf­ge­hal­ten haben oder ange­nom­men wird, dass sie nicht sicher und dau­er­haft in ihr Her­kunfts­land zurück­keh­ren kön­nen. Für die Her­kunfts­län­der Eri­trea, Syri­en und Afgha­ni­stan wird gene­rell ange­nom­men, dass eine siche­re Rück­kehr nicht mög­lich ist. Soll­ten Staats­an­ge­hö­ri­ge aller ande­ren Dritt­staa­ten den vor­über­ge­hen­den Schutz bean­tra­gen, müs­sen sie den Umstand, war­um sie nicht zurück kön­nen, aus­führ­lich erklären.

Dar­über hin­aus kön­nen Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge von Ukrainer*innen und von in der Ukrai­ne inter­na­tio­nal Schutz­be­rech­tig­ten auch eine Auf­ent­halts­er­laub­nis zum vor­über­ge­hen­den Schutz erhal­ten, wenn die Fami­lie schon in der Ukrai­ne bestand und unab­hän­gig davon, ob die Ange­hö­ri­gen in ihre Hei­mat­län­der zurück­keh­ren kön­nen. Als Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge im Sin­ne die­ser Rege­lung gel­ten  Ehepartner*innen, unver­hei­ra­te­te Partner*innen (auch gleich­ge­schlecht­li­che), min­der­jäh­ri­ge Kin­der und ande­re im sel­ben Haus­halt leben­de Ver­wand­te. Aus­führ­li­che Infor­ma­tio­nen hier­zu fin­den Sie in unse­ren Bera­tungs­hin­wei­sen.

Wich­ti­ger Hin­weis: Auf­grund von Erlas­sen der Bun­des­län­der zur Umset­zung des vor­über­ge­hen­den Schut­zes kann es in den ver­schie­de­nen Bun­des­län­dern zu etwas unter­schied­li­chen Hand­ha­bun­gen in der Umset­zung kom­men. Bei­spiel­haft sei hier der Ber­li­ner Senat zu nen­nen, der eine Rege­lung zum Kriegs­flücht­lings­sta­tus für Drittstaatler*innen beschlos­sen hat. Auf­grund der Kom­ple­xi­tät kön­nen wir mög­li­che Unter­schie­de nicht umfas­send abbil­den und emp­feh­len, sich im Zwei­fel an regio­na­le Bera­tungs­stel­len zu wenden.

Aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten über den 31. August 2022 hinaus

Grund­sätz­lich ist zu emp­feh­len, dass die Zeit ab der Ein­rei­se bis zum 31.08.2022 bzw. inner­halb des Zeit­raums von 90 Tagen nach der erst­ma­li­gen Ein­rei­se genutzt wird, um die Vor­aus­set­zun­gen für einen mit­tel-oder lang­fris­ti­gen Auf­ent­halt zu schaf­fen. Per­so­nen, die im benann­ten Zeit­raum eine Auf­ent­halts­er­laub­nis im Bun­des­ge­biet bean­tragt haben, müs­sen kein Visums­ver­fah­ren nach­ho­len (also Rück­kehr ins Her­kunfts­land und Wie­der­ein­rei­se mit dem ent­spre­chen­den Visum), was die Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis erleich­tert. Die Men­schen sind legal ein­ge­reist und kön­nen den Auf­ent­halts­ti­tel im Inland einholen.

Es lohnt sich, recht­zei­tig – das heißt vor Ablauf des 31. August –  bei der zustän­di­gen Aus­län­der­be­hör­de eine Auf­ent­halts­er­laub­nis zu bean­tra­gen. Die Aus­län­der­be­hör­de prüft dann alle Mög­lich­kei­ten und der Auf­ent­halt gilt bis zum Abschluss der Prü­fung als recht­mä­ßig. Nur durch einen sol­chen Antrag wird die soge­nann­te Fik­ti­ons­wir­kung des § 81 Abs. 3 Auf­enthG aus­ge­löst. Ein recht­zei­tig gestell­ter Antrag führt dann zu einer so genann­ten Fik­ti­ons­be­schei­ni­gung (vgl. VGH Baden-Würt­tem­berg vom 02.August 2022, Az: VGH 11 S 1469/22 und VGH 11 S 1470/22). Das bedeu­tet, dass der Auf­ent­halt auch nach dem 31.08.2022 oder nach dem Ablauf der 90 Tage bis zur Ent­schei­dung der Aus­län­der­be­hör­de über die­sen Antrag als recht­mä­ßig gilt. Dadurch wer­den die­se Per­so­nen nicht aus­rei­se­pflich­tig. Wenn in der Zwi­schen­zeit bestimm­te Vor­aus­set­zun­gen wie z.B. ein Stu­di­en­platz erfüllt sind, soll­ten ent­spre­chen­de Nach­wei­se schnellst­mög­lich bei der Aus­län­der­be­hör­de nach­ge­reicht werden.

Es lohnt sich, recht­zei­tig – das heißt vor Ablauf des 31. August – bei der zustän­di­gen Aus­län­der­be­hör­de eine Auf­ent­halts­er­laub­nis zu bean­tra­gen. […] Aller­dings sind die Vor­aus­set­zun­gen für die Auf­ent­halts­er­laub­nis­se sehr hoch.

Aller­dings sind die Vor­aus­set­zun­gen für die Auf­ent­halts­er­laub­nis­se sehr hoch. Neben den jewei­li­gen Ertei­lungs­vor­aus­set­zun­gen muss in der Regel der Lebens­un­ter­halt gesi­chert und die Pass­pflicht erfüllt sein oder müs­sen zum Teil auch ent­spre­chen­de Deutsch­kennt­nis­se nach­ge­wie­sen wer­den. Mög­lich sind Auf­ent­halts­er­laub­nis­se z.B. zur Arbeit, Aus­bil­dung oder Stu­di­um (sie­he hier­zu §§16 bis 19 Auf­enthG). Eine Über­sicht mög­li­cher Auf­ent­halts­ti­tel fin­den Sie auch auf der Web­sei­te des Münch­ner Flüchtlingsrats.

Wenn eine schwer­wie­gen­de Erkran­kung gegen eine Rück­kehr in das Hei­mat­land spricht, soll­te dies bei der Aus­län­der­be­hör­de gel­tend gemacht wer­den. In die­sen Fäl­len kön­nen Auf­ent­halts­er­laub­nis­se nach §25 Abs. 4 S. 1 Auf­enthG (für einen vor­über­ge­hen­den Auf­ent­halt etwa zur Dau­er der Behand­lung) oder §25 Abs. 3 Auf­enthG in Ver­bin­dung mit §60 Abs. 7 S. 1 Auf­enthG (wenn es sich um eine Erkran­kung han­delt, die sich im Fal­le einer Rück­füh­rung wesent­lich zu ver­schlim­mern droht) bean­tragt wer­den. Wir emp­feh­len im letzt­ge­nann­ten Fall bei der behan­deln­den Fachärztin/dem behan­deln­den Fach­arzt eine qua­li­fi­zier­te ärzt­li­che Beschei­ni­gung ein­zu­ho­len, die den Anfor­de­run­gen des §60a Abs. 2c Auf­enthG entspricht.

In vie­len Fäl­len ist auch eine Rück­kehr auf Grund von Pass­lo­sig­keit (zunächst) nicht mög­lich. Gege­be­nen­falls wird den betrof­fe­nen Per­so­nen eine soge­nann­te Dul­dungs­be­schei­ni­gung aus­ge­stellt – sofern zuvor ein Antrag auf Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis gestellt wur­de, der abge­lehnt wur­de und den Weg­fall der oben beschrie­be­nen Fik­ti­ons­wir­kung zur Fol­ge hat. Der Auf­ent­halt ist dann nicht mehr erlaubt, son­dern es besteht Aus­rei­se­pflicht und die Abschie­bung ist nur aus­ge­setzt. Es muss hier dar­auf ver­wie­sen wer­den, dass auch gedul­de­te Men­schen zur Pass­be­schaf­fung ver­pflich­tet sind und auch von den zustän­di­gen Behör­den auf­ge­for­dert wer­den, einen Pass zu beschaffen.

Allen Betrof­fe­nen ist eine indi­vi­du­el­le und unab­hän­gi­ge Bera­tung im Hin­blick auf ihre jewei­li­gen auf­ent­halts­recht­li­chen Mög­lich­kei­ten und Per­spek­ti­ven anzuraten.

Letzte Option Asylantrag?

Auch für Men­schen ohne ukrai­ni­schen Pass ist ein Asyl­an­trag in der Regel eine Sack­gas­se, da es in den meis­ten Fäl­len nicht um Bedro­hung im Her­kunfts­land geht, son­dern sie in Deutsch­land bei­spiels­wei­se ihr Stu­di­um wei­ter­füh­ren möch­ten. Ein Asyl­ver­fah­ren ist hier­für ein denk­bar ungüns­ti­ger Weg. Ein Asyl­an­trag bedeu­tet näm­lich die Unter­brin­gung in einer Asyl­un­ter­kunft sowie die Zuwei­sung in ein bestimm­tes Bun­des­land und even­tu­ell spä­ter in einen bestimm­ten Land­kreis. Ein Umzug in eine ande­re Stadt, um dort bei­spiels­wei­se das Stu­di­um fort­zu­set­zen, ist dann in der Regel nicht möglich.

Auch für Men­schen ohne ukrai­ni­schen Pass ist ein Asyl­an­trag in der Regel eine Sack­gas­se, da es in den meis­ten Fäl­len nicht um Bedro­hung im Her­kunfts­land geht, son­dern sie in Deutsch­land bei­spiels­wei­se ihr Stu­di­um wei­ter­füh­ren möch­ten. Ein Asyl­ver­fah­ren ist hier­für ein denk­bar ungüns­ti­ger Weg.

Zudem führt ein Asyl­an­trag zu einer Sper­re für die Ertei­lung einer Auf­ent­halts­er­laub­nis (sie­he §10 Abs. 1 und 3 Auf­enthG). Das bedeu­tet, dass vor Abschluss des Asyl­ver­fah­rens kei­ne Auf­ent­halts­er­laub­nis erteilt wer­den darf, außer wenn ein gesetz­li­cher Anspruch besteht. Nach einer Ableh­nung des Asyl­an­trags darf vor der Aus­rei­se zudem nur eine Auf­ent­halts­er­laub­nis aus völ­ker­recht­li­chen, huma­ni­tä­ren oder poli­ti­schen Grün­den erteilt wer­den. Die oben genann­ten auf­ent­halts­recht­li­chen Mög­lich­kei­ten fal­len durch einen abge­lehn­ten Asyl­an­trag weg, selbst wenn die Vor­aus­set­zun­gen dafür zwi­schen­zeit­lich erfüllt wären. Auch des­halb ist ein Asyl­an­trag in der aktu­el­len Situa­ti­on in aller Regel nicht ratsam.

Die Grün­de für einen Asyl­an­trag und den posi­ti­ven Aus­gang eines Asyl­ver­fah­rens sind sehr indi­vi­du­ell. Wenn Sie dar­über nach­den­ken einen Asyl­an­trag zu stel­len, wen­den Sie sich bit­te an eine Fach­be­ra­tungs­stel­le in Ihrer Nähe.

PRO ASYL fordert Gleichbehandlung aller Geflüchteten aus der Ukraine

Die Dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen sind wie alle Ukrainer*innen vor dem Krieg geflo­hen. Vie­le von ihnen wer­den ab dem 01.09.2022 aus­rei­se­pflich­tig und in eine pre­kä­re Situa­ti­on gera­ten. Wir erwar­ten, dass vie­le in den Dul­dungs­sta­tus abrut­schen wer­den. Vie­le Men­schen, die in Deutsch­land blei­ben möch­ten, befürch­ten eine Abschie­bung ins Hei­mat­land. Des­halb for­dert PRO ASYL die Gleich­be­hand­lung aller Geflüch­te­ten aus der Ukrai­ne.

(ie)