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Bayerns Sonderweg: Rein ins Lager, aber nicht wieder raus.
Viele Flüchtlingsunterkünfte sind überfüllt, alletorten entstehen neue Unterkünfte. In Bayern wird die Situation noch künstlich durch eine gesetzliche „Lagerpflicht“ verschärft, welche vielen Flüchtlingen den Auszug verbietet. Das verletzt Bundesrecht. Über hausgemachte Probleme und CSU-Sturheit.
Die Rechnung ist einfach: Wenn nur dafür gesorgt wird, dass Flüchtlinge in Sammelunterkünften untergebracht werden, sie aber dort nicht wieder herauskommen, ist jede neue Unterkunft irgendwann voll und die nächste muss eröffnet werden. Viele Bundesländer haben dies erkannt und erlauben den zügigen Umzug in Privatwohnungen – auch wenn es bundesweit an der notwendigen Unterstützung bei der Wohnungssuche und entsprechenden Wohnugsbauprogrammen fehlt.
Doch in Bayern ticken die Uhren, selbst in Zeiten überforderter Kommunen, eilig aufgestellter Container und beschlagnahmter Sporthallen anders. In keinem anderen Bundesland sind Flüchtlinge gezwungen, so lange in Gemeinschaftsunterkünften zu wohnen. Selbst Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge die einen Job und eine Wohnung finden wird der Auszug durch Verbote und bürokratische Hürden verhindert. Tausende Menschen werden so in beengten Wohnverhältnissen isoliert und an der Integration gehindert.
„Es ist dringend an der Zeit, dass die Flüchtlinge, die so untergebracht sind, die Möglichkeit bekommen, sich eine eigene Wohnung zu suchen“, erklärt Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Denn jeder, der auszieht, macht einen Unterkunftsplatz für neu Ankommende frei und macht es den Behörden leichter, die Unterbringung aller Flüchtlinge zu gewährleisten.“
Der bayerische Sonderweg verschärft jedoch nicht nur die Probleme der Kommunen, er ist auch rechtswidrig, wie der Rechtsanwalt und PRO ASYL-Vorstand Hubert Heinhold in seiner Kommentierung der Position des Bayerischen Innenministeriums darlegt: Die bayerische Pflicht zur Wohnsitznahme in Gemeinschaftsunterkünften wiederspricht der Novelle des Asylverfahrensgesetzes (AsylVerfG), da nach dem bayerischen Aufnahmegesetz selbst Personen, die ihren Lebensunterhalt eigenständig sichern, der Auszug aus einer Gemeinschaftsunterkunft verweigert werden kann.
Die Gesetzesbegründung zum AsylVerfG sieht demgegenüber explizit vor, dass „eine Wohnsitzauflage nur angeordnet“ wird, „wenn der Lebensunterhalt des Ausländers nicht gesichert ist“. „Der Wille des Gesetzgebers ist eindeutig: Nur Asylbewerber, die öffentlicher Leistungen bedürfen, sollen eine Wohnsitzauflage erhalten“, erklärt Heinhold, „Die Länder sollen hiervon nicht abweichen dürfen, betont der offenbar misstrauische Bundesgesetzgeber.“ In Bayerns Fall ist das Misstrauen offenbar mehr als angebracht, in einer aktuellen Stellungnahme erklärte das Bayerische Innenministerium an der Lagerpflicht festhalten zu wollen. Nun ist der Bund gefragt, geltendes Recht auch in Bayern durchzusetzen: Im Sinne der Flüchtlinge und der Kommunen.
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