26.09.2014
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In vielen deutschen Städten müssen Flüchtlinge in Not- und Sammelunterkünften leben. Bild: Bayerischer Flüchtlingsrat

Die Studie „Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland“ zeigt: Die Bundesländer setzen in höchst unterschiedlichem Maße auf die Unterbringung in Privatwohnungen. In Baden-Württemberg, Brandenburg und Sachsen wird vorrangig in Flüchtlingslagern untergebracht, andere Bundesländer setzen stärker auf Wohnungen.

Die Bun­des­län­der haben Ihre Unter­brin­gungs­sys­te­me völ­lig unter­schied­lich orga­ni­siert. Die vor­lie­gen­de Unter­su­chung von Kay Wen­del (Flücht­lings­rat Bran­den­burg) beleuch­tet die­se Struk­tu­ren: Sie gibt einen bis­lang ein­ma­li­gen Über­blick über die Sys­te­me und Rege­lun­gen der Unter­brin­gung in den Bun­des­län­dern und die damit ver­bun­de­nen Pro­blem­be­rei­che. Die gro­ße Unter­schied­lich­keit der Unter­brin­gungs­struk­tu­ren betrifft prak­tisch alle unter­such­ten The­men­be­rei­che: Von den Kos­ten­er­stat­tungs­re­ge­lun­gen über die nur teil­wei­se exis­tie­ren­den Min­dest­stan­dards für Gemein­schafts­un­ter­künf­te bis zu Vor­ga­ben über die sozia­le Betreu­ung und Bera­tung. Auch bei der Kern­fra­ge, ob Flücht­lin­ge in Flücht­lings­la­gern unter­ge­bracht wer­den oder in Woh­nun­gen leben dür­fen, gibt es erheb­li­che Unterschiede.

Woh­nun­gen oder Flüchtlingslager?

Aus inte­gra­ti­ons­po­li­ti­scher Sicht muss ver­hin­dert wer­den, dass zehn­tau­sen­de Men­schen über Jah­re hin­weg in Not- und Groß­un­ter­künf­ten iso­liert wer­den. Das Ziel muss die Woh­nungs­un­ter­brin­gung sein. Die Unter­schie­de zwi­schen den Län­dern sind hier frap­pie­rend. Ende 2013 waren es in Rhein­land-Pfalz, Nie­der­sach­sen, Schles­wig-Hol­stein und Bre­men zwi­schen 91 % und 72 % der Betrof­fe­nen, die dezen­tral – also vor­ran­gig in Woh­nun­gen – leb­ten, dage­gen waren es in Baden-Würt­tem­berg, Bran­den­burg und Sach­sen zwi­schen 33,5% und 34,2%. Die­se Zah­len zei­gen ledig­lich Ten­den­zen auf, da in eini­gen Bun­des­län­dern unter „dezen­tra­ler Unter­brin­gung“, die das sta­tis­ti­sche Bun­des­amt als Kate­go­rie erfasst, zum Teil auch Gemein­schafts­un­ter­künf­te in kom­mu­na­ler Zustän­dig­keit gefasst wer­den. Die Rea­li­tät dürf­te in man­chen Bun­des­län­dern also noch pro­ble­ma­ti­scher sein, als es die­se Zah­len aussagen.

Kom­mu­nen oft unterfinanziert

Ein wei­te­res Ergeb­nis der Unter­su­chung ist, dass die Kos­ten­er­stat­tung vie­ler Bun­des­län­der für die Kom­mu­nen nicht aus­reicht. Die Nicht-Aus­kömm­lich­keit der Erstat­tungs­sät­ze trägt dazu bei, dass oft die bil­ligs­ten Ange­bo­te von Wohn­heim­be­trei­bern gewählt wer­den, ohne dass Qua­li­tät eine Rol­le spielt.

Moni­to­ring und Heimaufsicht

Die Unter­su­chung zeigt, dass hier in allen Bun­des­län­dern Defi­zi­te bestehen. So gibt es in kei­nem Bun­des­land eine sys­te­ma­ti­sche, gesetz­lich gere­gel­te Heim­auf­sicht oder ein Zer­ti­fi­zie­rungs­sys­tem, wie wir es etwa aus dem Bereich der Pfle­ge- oder Kin­der­hei­me ken­nen. Es ver­wun­dert vor die­sem Hin­ter­grund nicht, dass immer wie­der von Schim­mel- und Unge­zie­fer­be­fall sowie Hygie­ne­män­geln in Flücht­lings­la­gern berich­tet wird. Auch die Betreu­ung durch qua­li­fi­zier­tes Per­so­nal ist oft nicht gewährleistet.

Stu­die „Unter­brin­gung von Flücht­lin­gen in Deutsch­land ‑Rege­lun­gen und Pra­xis der Bun­des­län­der“ im Ver­gleich zum download.

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