Eigentlich wollten die NATO-Staaten dieses Jahr endgültig ihre Truppen aus Afghanistan abziehen. Doch jetzt wurde der Einsatz verlängert – bis mindestens 2020. Trotz der prekären Sicherheitslage plant Deutschland aber, in Zukunft verstärkt nach Afghanistan abzuschieben.

»Es gibt kei­nen Grund anzu­neh­men, dass alle Pro­ble­me in Afgha­ni­stan in der nahen Zukunft gelöst wer­den« begrün­det NATO-Gene­ral­se­kre­tär Stol­ten­berg die Ver­län­ge­rung des Afgha­ni­stan-Ein­sat­zes bis 2020. Das ist noch vor­sich­tig aus­ge­drückt: Bei­na­he im Wochen­takt kom­men Mel­dun­gen über blu­ti­ge Anschlä­ge, die Zahl der zivi­len Opfer steigt immer wei­ter und in ganz Afgha­ni­stan gibt es umkämpf­te Gebiete.

»No-Go-Areas« für NATO-Kräfte – aber abschieben geht?

Bei der NATO berei­tet man sich daher offen­bar auf eine »End­los-Mis­si­on« vor, auch für die Bun­des­wehr steht ein mög­li­cher Abzug aus Afgha­ni­stan nicht ein­mal mehr zur Debat­te. Von der Bun­des­re­gie­rung war jedoch noch im April zu lesen, dass die Sicher­heits­la­ge »aus­rei­chend kon­trol­lier­bar« sei – zu befürch­ten ist also, dass man dort an de Mai­ziè­res Mär vom »siche­ren Afgha­ni­stan« fest­hält und plant, wei­ter­hin Afgha­nen in ihr Her­kunfts­land abzuschieben.

Wäh­rend­des­sen zei­gen Kar­ten des ISW oder der New York Times deut­lich, dass Tali­ban und IS-Ter­ro­ris­ten sich immer wei­ter aus­brei­ten. Der SPIEGEL berich­tet auch von Bun­des­wehr-Lage­kar­ten, auf denen »der gesam­te Süden in Rot [leuch­tet], dort regie­ren die Tali­ban« und spricht von »No-Go-Are­as« für NATO-Kräf­te auch im Nor­den Afgha­ni­stans, wo die Bun­des­wehr-Trup­pen sta­tio­niert sind.

Die Bundesregierung muss ihre Haltung ändern

Seit Mona­ten ver­sucht die Bun­des­re­gie­rung, die gefähr­li­che Lage in Afgha­ni­stan klein­zu­re­den und hier leben­de Afgha­nen mit der Ankün­di­gung von Abschie­bun­gen zu ver­un­si­chern. Ins Bild passt da auch, dass afgha­ni­schen Flücht­lin­gen der Zugang zu Inte­gra­ti­ons­kur­sen wäh­rend des Asyl­ver­fah­rens ver­wei­gert wird, da sie »kei­ne gute Blei­be­per­spek­ti­ve« hätten.

Die Bun­des­re­gie­rung soll­te ihre Hal­tung drin­gend ändern und die des­in­te­gra­ti­ven Maß­nah­men gegen­über Afghan*innen been­den. Auf abseh­ba­re Zeit bleibt für vie­le Men­schen eine Rück­kehr in ihre Hei­mat wohl aus­ge­schlos­sen – und auch der Regie­rung muss bewusst sein: Abschie­bun­gen nach Afgha­ni­stan bedeu­ten für die Betrof­fe­nen Abschie­bun­gen in lebens­ge­fähr­li­che Zustände.