25.04.2012
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Europa macht dicht. Ein leider immer noch aktuelles Kampagnenmotiv von PRO ASYL zum Tag des Flüchtlings 2004.

In welche Richtung steuert die EU-Asylpolitik? Die Hintergrundpapiere zum morgen beginnenden Treffen der Justiz- und Innenminister der EU geben einen ersten Eindruck.

Mor­gen tref­fen sich die Jus­tiz- und Innen­mi­nis­ter der EU-Staa­ten in Luxem­burg. Ganz oben auf der Tages­ord­nung steht das The­ma „Gemein­sa­mes Euro­päi­sches Asyl­sys­tem“. Wei­ter unten auf der Tages­ord­nung  fol­gen Punk­te, die befürch­ten las­sen, in wel­che Rich­tung das Tref­fen zu gehen droht: Es geht um „Rück­über­nah­me­ab­kom­men“ – und damit um mög­lichst schnel­les Abschie­ben. Und um eine „kohä­ren­te Reak­ti­on der EU auf ver­stärk­ten Migra­ti­ons­druck“ – also um mög­lichst effek­ti­ve Abschot­tung. Das Hin­ter­grund­pa­pier zum Tref­fen sowie dazu­ge­hö­ri­ge Doku­men­te bestä­ti­gen die­se Befürch­tung in vie­len Punkten.

Dazu nur ein Bei­spiel von vie­len: Bei der Dis­kus­si­on um das „Gemein­sa­me Euro­päi­sche Asyl­sys­tem“ geht es etwa um die soge­nann­te „Auf­nah­me­richt­li­nie“. Aus den Vor­schlä­gen zu die­ser Richt­li­nie geht her­vor, wie die die „Auf­nah­me“ von Flücht­lin­gen aus­se­hen soll: Geplant ist, Asyl­su­chen­de künf­tig aus zahl­rei­chen Grün­den zu inhaf­tie­ren – etwa schon allein aus dem Grund, dass ihre Iden­ti­tät geklärt wer­den soll. Fak­tisch bekä­men die EU-Staa­ten damit einen Frei­brief für die Inhaf­tie­rung fast aller neu ein­rei­sen­den Flüchtlinge.

Jetzt schon wer­den Flücht­lin­ge in der EU inhaf­tiert, obwohl sie nichts ver­bro­chen haben. Zum Bei­spiel in Ungarn. Das belegt unter ande­rem ein kürz­lich ver­öf­fent­lich­ter Bericht des UNHCR. „Es ist sehr trau­rig. Die­se Flücht­lin­ge flie­hen aus einem guten Grund aus ihrer Hei­mat, viel­leicht waren sie dort bereits im Gefäng­nis. Und das ers­te, was ihnen pas­siert, wenn sie die Gren­zen zur Euro­päi­schen Uni­on in Ungarn über­schrei­ten, ist, dass sie fest­ge­nom­men wer­den und wie­der in einer Haft­an­stalt lan­den”, so der UNHCR-Regio­nal­ver­tre­ter Gott­fried Köf­ner.

Das Vor­ha­ben, die Inhaf­tie­rung von Flücht­lin­gen in der EU künf­tig auch noch durch die soge­nann­te „Auf­nah­me­richt­li­nie“ zu legi­ti­mie­ren, geht auch auf poli­ti­schen Druck der Bun­des­re­gie­rung zurück. Bun­des­in­nen­mi­nis­ter Fried­rich hat sich in der jüngs­ten Zeit immer wie­der für eine här­te­re Abschot­tungs­po­li­tik aus­ge­spro­chen. Zusam­men mit sei­ner öster­rei­chi­schen Amts­kol­le­gin for­der­te er die Abrie­ge­lung der grie­chisch-tür­ki­schen Gren­ze, an der vie­le Men­schen aus Kon­flikt­ge­bie­ten wie Afgha­ni­stan, Soma­lia, Eri­trea oder dem Irak Zuflucht in der EU suchen.

Dar­auf hat jetzt auch das UNHCR mit kri­ti­schen Wor­ten reagiert: „Inhalt und Rhe­to­rik jüngs­ter öffent­li­cher Äuße­run­gen von poli­tisch Ver­ant­wort­li­chen in Euro­pa  erwe­cken lei­der den Ein­druck, es sei ein Haupt­ziel, den Zugang nach Euro­pa auch für Flücht­lin­ge mög­lichst zu erschwe­ren“, so Micha­el Lin­den­bau­er,  UNHCR-Ver­tre­ter für Deutsch­land und Öster­reich. Das UN-Flücht­lings­kom­mis­sa­ri­at ruft die deut­sche und öster­rei­chi­sche Regie­rung dazu auf, sich enga­gier­ter für eine euro­päi­sche Flücht­lings­po­li­tik mit deut­lich ver­bes­ser­ten Schutz­stan­dards einzusetzen.

Lei­der ist zu befürch­ten, dass sich das deut­sche Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um beim mor­gi­gen Tref­fen für das Gegen­teil stark macht: Für Abschot­tung, Inhaf­tie­rung und Abschiebungen.

Bit­te betei­li­gen Sie sich an der PRO-ASYL-Akti­on „Flucht ist kein Ver­bre­chen!“. Signa­li­sie­ren Sie dem Bun­des­in­nen­mi­nis­ter, dass sei­ne Asyl­po­li­tik nicht in Ihrem Namen geschieht.

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