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Abgeschobene Asylsuchende in der Türkei: Eingekerkert und von weiterer Abschiebung bedroht
Schon die ersten Abschiebungen im Rahmen des EU-Türkei-Deals waren ein menschenrechtliches Fiasko: 13 Personen, die in Griechenland Asyl beantragen wollten, wurden in die Türkei zurückverbracht, ohne ihnen diese Chance zu geben. Was ist dort mit diesen Menschen passiert? Unsere türkischen Partner von Mülteci-DER versuchen, den Kontakt herzustellen.
Seit Inkrafttreten des EU-Türkei-Deals wurden insgesamt 326 Personen von Griechenland in die Türkei abgeschoben. Die Befürworter beteuerten, dass die Rechte der Betroffenen gewahrt würden und dass jeder Abschiebung eine Einzelfallprüfung vorangehen solle. Doch schon am 04. April, dem ersten Tag der Rückführungen, wurde offensichtlich »vergessen«, die Anträge von 13 Afghanen und Kongolesen entgegenzunehmen, welche dann – ohne jegliche Prüfung – in die Türkei verbracht wurden. Die Rechte der Betroffenen wurden klar missachtet.
Alle abgeschobenen Nicht-Syrer wurden inhaftiert
Ihre Entrechtung setzt sich in der Türkei fort: Eine Untersuchung des Vorfalls durch UNHCR war bisher unmöglich, da die türkischen Behörden diesem weiterhin Kontakt und Zugang zu den Betroffenen verweigert. Mittlerweile ist jedoch bekannt, dass alle nicht-syrischen Abgeschobenen, die bisher aus Griechenland in die Türkei verbracht wurden, im neu-errichteten Abschiebezentrum von Kirklareli festgehalten werden.
Um Flüchtlingen in Griechenland und der Türkei beizustehen, hat PRO ASYL das »Refugee Support Program Aegean« initiiert und finanziert Rechtsanwälte in diesen Ländern. Unsere türkische Partnerorganisation Mülteci-DER setzt sich seit den Rückführungen entschieden dafür ein, Kontakt zu den 13 abgeschobenen Schutzsuchenden herzustellen und Rechtsbeistand für sie zu organisieren.
Betroffenen wird Kontakt zur Außenwelt verboten
Eine Rechtsanwältin von Mülteci-DER versuchte, Zugang zum Abschiebelager und den Schutzsuchenden zu erhalten. Dabei berief sie sich auf geltendes türkisches Recht, wonach Inhaftierten gestattet werden muss, ein Telefon zu nutzen und sich mit Verwandten, Notaren, rechtlichen Vertretern und Rechtsanwälten zu treffen.
Nach zweitägigem Beharren der Anwältin wurde sie von den örtlichen Behörden abgewiesen, die sich dabei auf eine Anordnung der Generaldirektion für Migrationsmanagment (DGMM) in Ankara beriefen. Entsprechend dieser Verordnung sei eine Arbeitsgruppe innerhalb der Generaldirektion mit den Fällen befasst. Bis diese ihre Arbeit abgeschlossen habe, sei den betroffenen Personen jeglicher Kontakt mit Außenstehenden verboten. Mit einer solchen Anweisung verstößt die DGMM wiederum klar gegen die Rechte der Schutzsuchenden.
EU-Türkei-Deal sorgt für Menschenrechtsverletzungen
Der Fall der 13 abgeschobenen Schutzsuchenden zeigt: Durch die Deportationen im Rahmen des EU-Türkei Abkommens werden die Menschenrechte von Flüchtlingen aufs Spiel gesetzt. Die Betroffenen werden in der Türkei »inkommunikado« inhaftiert und sind von Abschiebung in ihre Herkunftsländer bedroht, ohne jemals eine Chance auf ein faires Asylverfahren gehabt zu haben.
Trotz der bestehenden Gefahr eines völkerrechtswidrigen Refoulements der 13 Asylsuchenden hat die Europäische Union bisher noch keine Anstalten gemacht, den Fall zu untersuchen. Gemeinsam mit unseren türkischen Partnern fordern wir die EU auf, die Rückschiebungen in die Türkei einzustellen und sich auf ihre menschenrechtlichen Grundlagen zu besinnen.