08.02.2012

Die Bun­des­an­walt­schaft hat anläss­lich der Ver­haf­tung zwei­er mut­maß­li­cher syri­scher Agen­ten ange­ge­ben, offen­bar sei­en seit Jah­ren plan­mä­ßig syri­sche Oppo­si­tio­nel­le aus­ge­späht wor­den. Was so brand­neu klingt, ist – abge­se­hen von den jetzt kon­kret Ver­däch­ti­gen – seit Jah­ren bekannt: die Bespit­ze­lung von Syrern im Exil.

Doch lan­ge Zeit wur­de der Sach­ver­halt baga­tel­li­siert und die Über­wa­chung von syri­schen Oppo­si­tio­nel­len durch den Geheim­dienst des Assad-Regimes ein­fach hin­ge­nom­men – selbst noch, als dies aus einem inter­nen Lage­be­richt des Aus­wär­ti­gen Amtes vom 29. Dezem­ber 2009 deut­lich hervorging.

Damals schil­der­te das Aus­wär­ti­ge Amt den Fall eines Syrers, der zwei Wochen nach sei­ner Abschie­bung aus Deutsch­land nach Syri­en vom Geheim­dienst des Assad-Regimes fest­ge­nom­men wur­de. Der Vor­wurf: er habe in Deutsch­land an einer der Demons­tra­tio­nen gegen das deutsch-syri­sche Rück­über­nah­me­ab­kom­men teilgenommen.

Wenn aus Deutsch­land nach Syri­en abge­scho­be­ne Men­schen in Syri­en wegen einer Demons­tra­ti­ons­teil­nah­me und der angeb­li­chen Ver­brei­tung fal­scher Nach­rich­ten über Syri­en ange­klagt wer­den konn­ten, stellt sich dies zwangs­läu­fig als Ergeb­nis einer inten­si­ven Bespit­ze­lung in Deutsch­land dar.

Die­se Ende 2009 vor­lie­gen­den Erkennt­nis­se wur­den in der Fol­ge­zeit baga­tel­li­siert – eben­so wie die Tat­sa­che, dass nach Anga­ben der Bun­des­re­gie­rung allein zwi­schen Janu­ar 2009 und Juni 2010 14 aus Deutsch­land abge­scho­be­ne Flücht­lin­ge in Syri­en umge­hend von den syri­schen Behör­den inhaf­tiert und zum Teil gefol­tert wurden.

Eine im Okto­ber 2009 nach Syri­en abge­scho­be­ne Fami­lie gab nach erneut gelun­ge­ner Flucht nach Deutsch­land an, wäh­rend der Ver­hö­re in Damas­kus nach Demons­tra­ti­ons­teil­nah­men in Deutsch­land befragt wor­den zu sein. Ihnen sei­en Fotos sol­cher Demons­tra­tio­nen vor­ge­legt wor­den. Das ist nur eine von vie­len ähn­li­chen Schilderungen.

Sie genüg­ten meis­tens nicht, um in Deutsch­land Asyl zu erhal­ten. Bis kurz vor Beginn des syri­schen Bür­ger­krie­ges waren Bun­des­amt und Ver­wal­tungs­ge­rich­te zumeist der Mei­nung, den syri­schen Behör­den sei­en nur her­aus­ge­ho­be­ne Oppo­si­tio­nel­le bekannt und nur sie müss­ten bei der Abschie­bung mit Ver­hö­ren rechnen.

Noch im ers­ten Halb­jahr des Jah­res 2011 erhiel­ten nur 20,4 Pro­zent der Flücht­lin­ge aus Syri­en in Deutsch­land Schutz. Im Jahr 2010 lag die soge­nann­te Gesamt­schutz­quo­te, die die Sum­me aller posi­ti­ven Ent­schei­dun­gen angibt, für Flücht­lin­ge aus Syri­en sogar nur bei 18 Prozent.

Wenn jetzt plötz­lich syri­sche Agen­ten „ent­deckt“ wer­den, so hat dies mit einem ver­än­der­ten Blick auf das Assad-Regime zu tun. War Syri­en noch bis in den Febru­ar 2011 Absatz­markt und Koope­ra­ti­ons­part­ner im Nahen Osten, so scheint es auf­grund der ver­än­der­ten poli­ti­schen Lage jetzt offen­bar oppor­tun, ein ver­mut­lich längst bekann­tes Agen­ten­netz „auf­zu­de­cken“ und mit dem syri­schen Bot­schaf­ter Klar­text zu reden.

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