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Rechte blasen zum Angriff auf Menschenrechte

Am heutigen Donnerstag wird im Bundestag zum 70. Jahrestag der Unterzeichnung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) am 10. Dezember 1948 debattiert. Am diesjährigen Tag der Menschenrechte wurde in Marokko auch der Global Compact for Migration unterschrieben, gegen den Rechte aus aller Welt seit Wochen Stimmung machen.
Von rechts wird die Debatte um den UN-Migrationspakt künstlich hochgeheizt, was mit einem enormen Gefahrenpotential für den demokratischen Rechtsstaat verbunden ist. Rechte trommeln gegen den UN-Pakt, weil es ihnen um die Einleitung einer Rolle rückwärts in die Zeit vor 1948 geht. Menschenrechte sollen ihrer Wirkung beraubt werden. Die Menschenrechte sind in Europa aber sowohl in den nationalen Verfassungen, als auch in der Europäischen Menschrechtskonvention verankert. Der UN-Migrationspakt bekräftigt diese schon lange geltenden Rechte, sie müssen eingehalten werden.
Die menschenrechtlichen Verpflichtungen müssen demokratische Regierungen zum Handeln bewegen
Deutschland und die anderen Industriestaaten werden unglaubwürdig, wenn sie für Menschenrechte weltweit eintreten, sie selbst aber nicht engagiert verteidigen und ihnen zur Durchsetzung verhelfen. Das Recht, Rechte zu haben, das Recht auf Zugang zu einem effektiven Rechtsschutz, bei dem Gerichte Behördenentscheidungen kontrollieren, das Recht auf Asyl, der Schutz der Menschenwürde, das Recht als Familie zusammenzuleben – all das wird von den Kritikern zur Disposition gestellt.
Die menschenrechtlichen Verpflichtungen, die der UN-Pakt bekräftigt und die bisher schon gelten, müssen demokratische Regierungen zum Handeln bewegen. PRO ASYL fordert, dass das Recht auf Leben, das Recht auf Schutz vor Folter und Erniedrigung, das Recht auf Zugang zu einem fairen Asylverfahren und das Recht auf einen Rechtsstaat, in dem Gerichte die Behörden kontrollieren, uneingeschränkt im gesamten Gebiet der Europäischen Union gewährleistet sein muss.
Zur Bedeutung der Menschenrechte
Die Europäische Grundrechtecharta, die Europäische Menschenrechtskonvention, der Grundlagenvertrag der Europäischen Union (AEUV) und nicht zuletzt auch das deutsche Grundgesetz schreiben fundamentale Menschenrechte fest. Kern eines Rechtsstaates ist es, dass Behördenentscheidungen durch Gerichte kontrolliert werden können. Im UN-Migrationspakt verpflichten sich die Staaten, dass bei der Rückführung von Migrant*innen »alle anwendbaren Rechtsbehelfe ausgeschöpft werden können unter Einhaltung der Garantien eines ordnungsgemäßen Verfahrens und der anderen internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen«.
Deals ersetzen Rechte
Dies ist in den Elendslagern an Europas Grenzen nicht gewährleistet. Dort versinkt der Rechtsstaat im Schlamm. Wer nichts zu essen hat, friert und unter menschenunwürdigen Bedingungen festgesetzt wird, hat keine Chance auf ein faires Asylverfahren und seine Rechte wahrzunehmen. Diese systematische Entrechtung ist auch eine der fatalen Folgen des EU-Türkei-Deals. Deals ersetzen Rechte, Schritt für Schritt wird der Zugang zum Recht auf Asyl verweigert, Schutzsuchende werden in Drittstaaten zurückverfrachtet, ohne dass ihre Fluchtgründe inhaltlich geprüft werden.
Auch in Deutschland: Menschenrechte müssen wieder Leitlinie des Handelns werden
Das Recht als Familie zusammenzuleben ist für Kriegsflüchtlinge nicht gewährleistet. Die tausendfache Verhinderung des Familiennachzugs aus den Kriegs- und Krisengebieten des Nahen Ostens ist ein unerträgliches Unrecht. Vor allem bei Familien mit Kindern muss sofort der Nachzug ermöglicht werden. Der UN-Migrationspakt bekräftigt, dass »das Wohl des Kindes im Kontext der internationalen Migration in allen Situationen , an denen Kinder einschließlich unbegleiteter und von ihren Familien getrennter Kinder, beteiligt sind, stets vorrangig zu berücksichtigen ist «(Punkt 15 h). Zu Recht bekräftigen die Staaten im UN-Migrationspakt das Recht auf Familienleben zu wahren (Ziel 21) und den Vorrang des Kindeswohls.
Das Recht auf einen Rechtsstaat wird durch überfallartige Abschiebungen ad absurdum geführt
In Deutschland häufen sich überfallartige Abschiebungen auch in Kriegs- und Krisengebiete wie Afghanistan, bei denen die Betroffenen faktisch ihrer Rechte beraubt werden. Das Recht auf einen Rechtsstaat, in dem Gerichte die Behörden kontrollieren, wird durch solche Abschiebungen ad absurdum geführt. Dies gilt nicht nur für Abschiebungen in Krisenregionen wie Afghanistan, sondern auch für Opfer des Seehofer-Deals mit Griechenland. Seit der illegalen Abschiebung durch die Bundespolizei aus Deutschland sitzt ein syrischer Schutzsuchender auf der griechischen Insel Leros in Polizeihaft. Unter Umgehung des gültigen Europarechts (Dublin-Verordnung) wurde in einer Nacht- und Nebelaktion die Abschiebung vollzogen. Der Betroffene wurde anschließend wochenlang in einer Polizeistation inhaftiert, deren Haftbedingungen der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als menschenrechtswidrig eingestuft hat.
Seenotrettung gewährleisten
Der UN-Migrationspakt bekräftigt, dass sich die Staaten verpflichten »durch einzelne oder gemeinsame Such- und Rettungseinsätze … Menschenleben zu retten und den Tod und die Verletzung von Migranten zu verhindern« (Punkt 24 UN Migrationspakt). Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit muss für alle Migrant*innen und Flüchtlinge in Europa gewährleistet werden! Das Tausendfache Sterben und die Verhinderung von Seenotrettung durch EU-Staaten ist ein Komplott gegen die Menschenrechte. Jeder Mensch hat das Recht auf Leben – die EU-Staaten sind zur Hilfe verpflichtet.