08.04.2021
Image
Das Lager Malakasa nördlich von Athen. In solchen Zuständen mussten auch Gafur und Fayek monatelang ausharren. Jetzt sind sie endlich bei ihren Verwandten. Foto: RSA / privat

2020 haben wir von zwei unbegleiteten syrischen Jungen berichtet, die nach ihrer Ankunft auf Lesbos wochenlang zunächst auf einem Kriegsschiff und dann im Haftlager Malakasa festgehalten wurden. Gafur* (13) wurde vor einiger Zeit in die Niederlande ausgeflogen; am gestrigen Mittwoch kam endlich auch Fayek* (14) bei Verwandten in Deutschland an.

Gaf­ur* und Fay­ek* waren unab­hän­gig von­ein­an­der kurz nach der völ­ker­rechts­wid­ri­gen Aus­set­zung des Asyl­rechts durch die grie­chi­sche Regie­rung im März 2020 mit dem Boot auf Les­bos ange­kom­men. Auf Video­auf­nah­men ist zu sehen, wie Boo­te bei der Ankunft im Hafen von Myti­li­ni von Ein­hei­mi­schen am Anle­gen gehin­dert und die Geflüch­te­ten beschimpft wurden.

Kindgerechte Unterbringung erst nach Intervention

Die grie­chi­sche Küs­ten­wa­che hielt Gaf­ur und Fay­ek zunächst mit hun­der­ten ande­ren Flücht­lin­gen im Hafen von Myti­li­ni fest, bevor sie auf einem Kriegs­schiff inhaf­tiert und schließ­lich in das Haft­la­ger Mala­ka­sa nörd­lich von Athen gebracht wur­den. Dort muss­ten die bei­den wie ande­re Kin­der Müll sam­meln, um an grund­le­gen­de Arti­kel wie Schu­he oder Sei­fe zu kommen.

In Mala­ka­sa muss­ten Gaf­ur & Fay­ek Müll sam­meln, um an grund­le­gen­de Arti­kel wie Schu­he oder Sei­fe zu kommen.

Maß­nah­men zum Schutz ihres Kin­des­wohls wur­den von den grie­chi­schen Behör­den zu kei­ner Zeit ergrif­fen. Erst nach meh­re­ren Eil­an­trä­gen der PRO ASYL­/R­SA-Anwäl­tin­nen beim Euro­päi­schen Gerichts­hof für Men­schen­rech­te (EGMR) wur­den sie über zwei Mona­te nach ihrer Ankunft in Grie­chen­land in ein Heim für Min­der­jäh­ri­ge trans­fe­riert.

Warten und Hoffen auf den Flug zu Verwandten

Wir haben Gaf­ur und Fay­ek seit­dem wei­ter unter­stützt: Gaf­ur, der Ver­wand­te in Deutsch­land und den Nie­der­lan­den hat, wur­de bereits vor eini­gen Mona­ten in die Nie­der­lan­de aus­ge­flo­gen. Bei Fay­ek konn­ten wir im Okto­ber 2020 zwar errei­chen, dass Deutsch­land die Zustän­dig­keit für sein Asyl­ver­fah­ren nach der Dub­lin-III-Ver­ord­nung über­nimmt, da Ver­wand­te von ihm hier leben. Ein Ter­min für sei­ne Über­stel­lung stand jedoch bis zuletzt aus. Allei­ne in Grie­chen­land in der Unge­wiss­heit zurück­blei­ben zu müs­sen, hat Fay­ek in den letz­ten Mona­ten sehr belastet.

Transfer am letzten Tag der Frist

Dann ging alles plötz­lich ganz schnell: Erst ver­gan­ge­ne Woche kam die Mel­dung, dass kurz­fris­tig ein Flug für ihn gebucht wor­den ist – am letz­ten Tag der Frist, die die Dub­lin-III-Ver­ord­nung für eine Über­stel­lung in den zustän­di­gen Mit­glied­staat vor­sieht! Und tat­säch­lich: Ges­tern konn­ten ihn sei­ne Ver­wand­ten an einem deut­schen Flug­ha­fen in die Arme schlie­ßen. Von den Ver­wand­ten wis­sen wir, wie glück­lich Fay­ek ist, end­lich bei ver­trau­ten Men­schen in Sicher­heit zu sein. Auch sei­ne Eltern, die noch in Syri­en aus­har­ren, sind über sei­ne Ankunft in Deutsch­land erleichtert.

Dass solch ein enor­mer Auf­wand betrie­ben wer­den muss, um unbe­glei­te­te Min­der­jäh­ri­ge kind­ge­recht unter­zu­brin­gen, sagt viel über Euro­pas Umgang mit Geflüch­te­ten aus.

Dass solch ein enor­mer Auf­wand betrie­ben wer­den muss, um unbe­glei­te­te Min­der­jäh­ri­ge kind­ge­recht unter­zu­brin­gen und sie über ein Jahr nach ihrer Ankunft in Euro­pa end­lich mit Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen zusam­men­zu­füh­ren, sagt viel über Euro­pas Umgang mit Geflüch­te­ten aus.

Gaf­ur und Fay­ek sind jetzt sicher. Das Haupt­sa­che­ver­fah­ren vor dem EGMR ist noch anhän­gig: Wir wer­den die Fäl­le der bei­den Jun­gen wei­ter verfolgen.

(ame)

*Namen geändert