15.07.2021
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Foto: picture alliance / Frank Rumpenhorst

PRO ASYL, Flüchtlingsräte und die Universität Göttingen veröffentlichen einen Schattenbericht zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Bezug auf geflüchtete Frauen und Mädchen in Deutschland.

Das Über­ein­kom­men des Euro­pa­rats zur Ver­hü­tung und Bekämp­fung von Gewalt gegen Frau­en und häus­li­cher Gewalt, kurz »Istan­bul Kon­ven­ti­on« (IK), ist in Deutsch­land seit über zwei Jah­ren in Kraft. Mit der Rati­fi­zie­rung hat sich die Bun­des­re­pu­blik ver­bind­lich dazu ver­pflich­tet, Frau­en vor allen For­men von Gewalt zu schüt­zen, einen Bei­trag zur Besei­ti­gung ihrer Dis­kri­mi­nie­rung zu leis­ten sowie ihre Gleich­stel­lung und ihre Rech­te zu för­dern. Die Istan­bul Kon­ven­ti­on gilt aus­drück­lich für alle Frau­en unab­hän­gig von deren auf­ent­halts­recht­li­chem Sta­tus und ist dis­kri­mi­nie­rungs­frei umzu­set­zen (Arti­kel 4 Abs. 3 IK).

Geflüch­te­te Frau­en und Mäd­chen sind in beson­de­rer Wei­se von Gewalt bedroht und betrof­fen. Dem­entspre­chend gibt es in den Arti­keln 59 bis 61 der IK spe­zi­fi­sche Rege­lun­gen für den Bereich Asyl und Migra­ti­on. PRO ASYL, die Flücht­lings­rä­te Bay­ern, Bran­den­burg, Hes­sen, Nie­der­sach­sen und Sach­sen-Anhalt sowie das Insti­tut für Kul­tur­anthro­po­lo­gie der Uni­ver­si­tät Göt­tin­gen haben die Ver­pflich­tun­gen aus der Istan­bul Kon­ven­ti­on im Hin­blick auf ihre Umset­zung für geflüch­te­te Frau­en und Mäd­chen aus­führ­lich unter­sucht. Gestützt wird die Ana­ly­se durch die viel­fäl­ti­gen Pra­xis­er­fah­run­gen von 65 Frau­en­be­ra­tungs­stel­len, psy­cho­so­zia­len Bera­tungs­stel­len und Insti­tu­tio­nen der Geflüch­te­ten­ar­beit aus allen 16 Bundesländern.

Die Istanbul-Konvention ist geltendes Recht

Die Istan­bul-Kon­ven­ti­on gilt in Deutsch­land wie ein Bun­des­ge­setz und ver­langt über­dies eine völ­ker­rechts­kon­for­me Aus­le­gung des natio­na­len Rechts. Ein Expert*innen-Gremium des Euro­pa­rats über­wacht die Ein­hal­tung der Kon­ven­ti­on: »Group of Experts on Action against Vio­lence against Women and Dome­stic Vio­lence« – GREVIO. Im Sep­tem­ber 2020 hat die Bun­des­re­gie­rung ihren ers­ten Bericht zur Umset­zung der Kon­ven­ti­on an GREVIO geschickt und ver­öf­fent­licht. Die Zivil­ge­sell­schaft ist aus­drück­lich auf­ge­for­dert, sich gegen­über GREVIO eben­falls zur Situa­ti­on zu äußern. In der kom­men­den Zeit wer­den die Expert*innen von GREVIO Deutsch­land besuchen.

Es wird sicht­bar, dass das Asyl- und Auf­ent­halts­recht an vie­len Stel­len in einem ekla­tan­ten Wider­spruch zum Gewalt­schutz steht. Es besteht umfang­rei­cher Handlungsbedarf!

Der rund 56-sei­ti­ge Schat­ten­be­richt von PRO ASYL, den Flücht­lings­rä­ten Bay­ern, Bran­den­burg, Hes­sen, Nie­der­sach­sen und Sach­sen-Anhalt sowie der Uni­ver­si­tät Göt­tin­gen (hier zur eng­li­schen Ver­si­on) zeigt, dass Deutsch­land  geflüch­te­te Frau­en und Mäd­chen nicht aus­rei­chend schützt und den Vor­ga­ben der Istan­bul-Kon­ven­ti­on somit nicht gerecht wird. Es wird sicht­bar, dass das Asyl- und Auf­ent­halts­recht an vie­len Stel­len in einem ekla­tan­ten Wider­spruch zum Gewalt­schutz steht. Es besteht umfang­rei­cher Handlungsbedarf.

Im Fol­gen­den eini­ge zen­tra­le Erkennt­nis­se und Emp­feh­lun­gen aus dem Bericht.

AnkER-Zentren und Sammellager verletzen die Verpflichtung zum Gewaltschutz

Asyl­su­chen­de müs­sen über einen lan­gen Zeit­raum in soge­nann­ten AnkER-Zen­tren oder ver­gleich­ba­ren Erst­auf­nah­me-Ein­rich­tun­gen woh­nen – bis zu 18 Mona­te lang und län­ger. Der Schat­ten­be­richt zeigt, dass Gewalt in Sam­mel­un­ter­künf­ten vie­ler­orts ein aktu­el­les Pro­blem ist.  Trotz eini­ger vor­bild­haf­ter Initia­ti­ven fehlt es an einer ver­bind­li­chen Imple­men­tie­rung von Gewalt­schutz­kon­zep­ten. Dies ist vom poli­ti­schen Wil­len der maß­geb­li­chen Akteur*innen – Land, Kom­mu­ne,  Betreiber*innen von Ein­rich­tun­gen – abhän­gig. Es gibt bis­lang kei­ne wirk­sa­me Kon­trol­le und kein Moni­to­ring von Gewalt­schutz durch Bund und Länder.

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Bus­hal­te­stel­le vor der Flücht­lings­un­ter­kunft in Hohen­lei­pisch, Bran­den­burg. Hier wur­de 2019 eine kenia­ni­sche Geflüch­te­te ermor­det. Foto: Lukas Papierak

Für Frau­en und Mäd­chen erwei­sen sich gro­ße Sam­mel­un­ter­künf­te als Ein­rich­tun­gen, in denen sie nicht nur erlit­te­ne Gewalt schlech­ter ver­ar­bei­ten kön­nen, son­dern unter Umstän­den auch zusätz­li­cher Gewalt aus­ge­setzt sind. Die Angst vor Über­grif­fen durch männ­li­che Bewoh­ner, Secu­ri­ty-Per­so­nal oder sons­ti­ge Ange­stell­te gehö­ren zum All­tag – zum Bei­spiel, weil sie in vie­len Unter­künf­ten noch nicht ein­mal ihr Zim­mer abschlie­ßen kön­nen. Feh­len­de Pri­vat­sphä­re und die Abge­le­gen­heit der Unter­künf­te ver­grö­ßern die­se Gefahr. Sam­mel­un­ter­künf­te sind struk­tu­rell kon­flikt- und gewalt­för­dernd. Zudem sind Frau­en dar­an gehin­dert, selbst­be­stimmt – etwa durch einen Aus­zug – für die eige­ne Sicher­heit zu sorgen.

Die Angst vor Über­grif­fen durch männ­li­che Bewoh­ner, Secu­ri­ty-Per­so­nal oder sons­ti­ge Ange­stell­te gehö­ren zum All­tag – weil Frau­en in vie­len Unter­künf­ten noch nicht ein­mal ihr Zim­mer abschlie­ßen können.

Der Schat­ten­be­richt zeigt: Unge­ach­tet der teils sehr enga­gier­ten Bemü­hun­gen von Poli­tik und Zivil­ge­sell­schaft für einen bes­se­ren Gewalt­schutz in den Sam­mel­un­ter­künf­ten sind die­se grund­sätz­lich nicht für Frau­en geeig­net, die von Gewalt betrof­fen sind.  Die Zeit in der Erst­auf­nah­me für Geflüch­te­te soll­te des­halb gesetz­lich auf maxi­mal vier Wochen beschränkt wer­den. Solan­ge Sam­mel­un­ter­künf­te für Geflüch­te­te exis­tie­ren, sind ver­gleich­ba­re, ver­bind­li­che und funk­tio­nie­ren­de Gewalt­schutz­stan­dards in allen Unter­künf­ten erfor­der­lich. Grund­sätz­lich muss die Mög­lich­keit, in Woh­nun­gen zu leben, Vor­rang haben vor der Unter­brin­gung in Sammelunterkünften.

Besonders vulnerable Personen werden oft nicht erkannt und versorgt

Im Hin­blick auf geflüch­te­te Frau­en, die Gewalt erfah­ren haben oder davon bedroht sind, ver­pflich­tet die Istan­bul Kon­ven­ti­on sowohl zu geschlech­ter­sen­si­blen Auf­nah­me­ver­fah­ren und Hilfs­diens­ten als auch zu ent­spre­chen­den Asyl­ver­fah­ren (Art. 60 Abs.3 IK). Es soll gewähr­leis­tet sein, dass von Gewalt betrof­fe­ne Frau­en über ihre Mög­lich­kei­ten und Rech­te auf­ge­klärt wer­den, geschlechts­spe­zi­fi­sche Ver­fol­gungs­grün­de frei äußern und alle Rech­te, die sie haben, nut­zen können.

Doch das schei­tert in der Pra­xis oft­mals schon zu Beginn des Auf­ent­halts, weil die von Gewalt betrof­fe­nen Men­schen in den AnkER-Zen­tren und Erst­auf­nah­me­ein­rich­tun­gen als vul­nerable Per­so­nen häu­fig gar nicht erkannt wer­den. Die Bun­des­re­gie­rung ver­weist in die­sem Zusam­men­hang auf die Bun­des­län­der, die vul­nerable Per­so­nen nach Art. 22 EU-Auf­nRL iden­ti­fi­zie­ren und für die Berück­sich­ti­gung ihrer Belan­ge sor­gen sollen.

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Erst­auf­nah­me­ein­rich­tung in Dober­lug-Kirch­hain, Bran­den­burg. Foto: Lukas Papierak

Der Schat­ten­be­richt zeigt: In der Pra­xis gibt es kei­ne sys­te­ma­ti­sier­ten, ein­heit­li­chen Erken­nungs­ver­fah­ren für Vul­nerabi­li­tät. Die Hand­ha­bung in den Erst­auf­nah­me­ein­rich­tun­gen ist unter­schied­lich, intrans­pa­rent und im Ergeb­nis nicht zuver­läs­sig – es ist von einer hohen Dun­kel­zif­fer uner­kann­ter vul­nerabler Per­so­nen aus­zu­ge­hen. Eine unmit­tel­ba­re Fol­ge ist, dass von Gewalt betrof­fe­ne Frau­en kei­ne ange­mes­se­ne psy­cho­so­zia­le und medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung erhal­ten und kaum Unter­stüt­zung erfah­ren. Letzt­end­lich droht auch, dass ihnen der nöti­ge asyl­recht­li­che Schutz ver­sagt bleibt.

Als Emp­feh­lung ist des­halb im Schat­ten­be­richt fest­ge­hal­ten: Not­wen­dig ist die bun­des­wei­te Ein­füh­rung eines trans­pa­ren­ten und flä­chen­de­cken­den Iden­ti­fi­zie­rungs­ver­fah­rens vul­nerabler Per­so­nen und die Gewähr­leis­tung der sich dar­aus erge­ben­den Rechte.

Geschlechtsspezifische Verfolgung bleibt oft unberücksichtigt

In der Istan­bul-Kon­ven­ti­on beken­nen sich die Ver­trags­staa­ten aus­drück­lich zum Flücht­lings­schutz, wie er vor allem in der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on ver­bürgt ist (Art. 61 Abs.2 IK).

Zur Durch­füh­rung des Asyl­ver­fah­rens führt der Schat­ten­be­richt zahl­rei­che Pro­ble­me im Detail auf, etwa zum Ein­satz der Son­der­be­auf­trag­ten für die geschlechts­spe­zi­fi­sche Ver­fol­gung, zum Ein­satz von Dolmetscher*innen, zu Anfor­de­run­gen an die Glaub­haft­ma­chung einer Ver­fol­gung und zu wei­te­ren Ver­fah­rens­vor­ga­ben des BAMF. Die staat­li­che Asyl­ver­fah­rens­be­ra­tung des BAMF (AVB), so eine wei­te­re Erkennt­nis, ist nicht geeig­net, Frau­en so zu unter­stüt­zen, dass es zu einer ange­mes­se­nen Wür­di­gung von Gewalt­er­fah­run­gen im Asyl­ver­fah­ren kommt. Hin­zu kommt, dass unab­hän­gi­ge Initia­ti­ven und Orga­ni­sa­tio­nen man­cher­orts kei­nen Zugang zu Unter­künf­ten erhalten.

1.800

Per­so­nen wur­den 2020 auf­grund von geschlechts­spe­zi­fi­scher Ver­fol­gung als Flücht­lin­ge anerkannt.

Auch die Ergeb­nis­se der Asyl­ver­fah­ren sind frag­wür­dig. Schon ein Blick auf die Haupt­her­kunfts­län­der von geflüch­te­ten Frau­en – unter ande­rem Syri­en, Soma­lia, Nige­ria, Eri­trea, Afgha­ni­stan – lässt ver­mu­ten, dass ein gro­ßer Teil der Frau­en und Mäd­chen geschlechts­spe­zi­fi­sche Gewalt erfah­ren hat. Gewalt gegen Frau­en ist in bestimm­ten patri­ar­chal gepräg­ten Gesell­schaf­ten, aber auch in Kriegs- und Kri­sen­si­tua­tio­nen eine all­ge­gen­wär­ti­ge Gefahr. Es geht um Geni­tal­be­schnei­dung (FGM/C), Zwangs­ver­hei­ra­tung auch von min­der­jäh­ri­gen Mäd­chen, häus­li­che Gewalt, dro­hen­de Ermor­dung, Ent­füh­rung, straf­frei blei­ben­de Ver­ge­wal­ti­gun­gen, Ver­ge­wal­ti­gun­gen als Kriegs­waf­fe und ande­re For­men der Gewalt.

Der Anteil der Fäl­le, in denen Frau­en auf­grund geschlechts­spe­zi­fi­scher Grün­de Flücht­lings­schutz erhal­ten, müss­te hoch sein – ist er aber nicht. Aktu­ell ver­weist das Bun­des­amt in für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge (BAMF) dar­auf, dass im Jahr 2020 rund 1.800 Per­so­nen auf­grund geschlechts­spe­zi­fi­scher Ver­fol­gung als Flücht­lin­ge aner­kannt wor­den sei­en. Dies ent­spre­che 27,8 % der GFK-Aner­ken­nun­gen – wobei GFK-Aner­ken­nun­gen als Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge unbe­rück­sich­tigt blei­ben (Bun­des­amt in Zah­len 2020, S.44). Was viel klingt, ist bei genaue­rem Hin­se­hen eine ver­gleichs­wei­se klei­ne Zahl: Ins­ge­samt hat das Bun­des­amt 2020 über 109.000 Asyl­an­trä­ge inhalt­lich geprüft – 1.800 Fäl­le von geschlechts­spe­zi­fi­scher Ver­fol­gung ent­spre­chen einem Anteil von 1,7%.

Gewalt an Frau­en wird nach wie vor in den Asyl­ver­fah­ren nicht hin­rei­chend the­ma­ti­siert und nicht sel­ten im Bereich »pri­va­ter Lebens­füh­rung« verortet.

Tat­säch­lich erhal­ten seit eini­gen Jah­ren immer weni­ger Geflüch­te­te vom BAMF den vol­len GFK-Flücht­lings­schutz. Auch von Gewalt betrof­fe­ne Frau­en erhal­ten teils – nur – sub­si­diä­ren Schutz bzw. ein Abschie­bungs­ver­bot, was weni­ger Schutz und Per­spek­ti­ve bie­tet. Etli­che Frau­en dürf­ten ganz durch die Ras­ter einer nicht aus­rei­chend sen­si­bi­li­sier­ten Asyl­struk­tur fallen.

Die Ergeb­nis­se des Schat­ten­be­richts zur Ent­schei­dungs­pra­xis: Gewalt an Frau­en wird nach wie vor in den Asyl­ver­fah­ren nicht hin­rei­chend the­ma­ti­siert und nicht sel­ten im Bereich »pri­va­ter Lebens­füh­rung« ver­or­tet. Vor allem müs­sen Frau­en ohne Wenn und Aber als »sozia­le Grup­pe« im Sin­ne der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on gel­ten, damit sie im Fall von geschlechts­spe­zi­fi­scher Ver­fol­gung zu ihrem Recht kom­men. Das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge (BAMF) ist hier gefor­dert, zu einer ver­bes­ser­ten Aner­ken­nungs­pra­xis zu kom­men. In den Anhö­run­gen müss­ten Frau­en aktiv, trau­ma- und gen­der­sen­si­bel ermu­tigt wer­den, von Gewalt­er­fah­run­gen zu berich­ten. Über­dies soll­te das BAMF Trans­pa­renz her­stel­len und eine aus­sa­ge­kräf­ti­ge Sta­tis­tik zur Berück­sich­ti­gung von geschlechts­spe­zi­fi­scher Gewalt im Asyl­ver­fah­ren einführen.

Gesundheitliche Versorgung – begrenzt und mit Mängeln

Frau­en, die von Gewalt betrof­fen sind, haben gemäß Istan­bul Kon­ven­ti­on Anspruch auf umfas­sen­de Gesund­heits­leis­tun­gen (Art. 20 IK). Der Schat­ten­be­richt macht deut­lich: In der Pra­xis blei­ben ihnen die­se häu­fig ver­wehrt. Dies gilt beson­ders für den Auf­ent­halt in der Erst­auf­nah­me und die Inan­spruch­nah­me von psy­cho­so­zia­ler Ver­sor­gung und The­ra­pie. Ein wesent­li­cher Grund dafür ist die Anwen­dung des Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­set­zes (Asyl­bLG), das die Leis­tun­gen bei Krank­heit erheb­lich beschränkt. Geflüch­te­te Frau­en sind damit kon­fron­tiert, dass wich­ti­ge Gesund­heits­leis­tun­gen nach den Buch­sta­ben des Asyl­bLG in Fra­ge gestellt wer­den und in der Pra­xis oft nur schwer oder gar nicht zu erhal­ten sind.

Der Schat­ten­be­richt beschreibt in die­sem Zusam­men­hang umfang­rei­che Pro­ble­me, vor allem zur Mög­lich­keit von Fach­arzt­be­hand­lun­gen, er kri­ti­siert die Pra­xis der Behand­lungs­schei­ne, die man­gel­haf­te Kos­ten­über­nah­me für The­ra­pie und Sprach­mitt­lung und anderes.

Dar­über hin­aus wird fest­ge­stellt, dass es in den psy­cho­so­zia­len Spe­zi­al­diens­ten an Kapa­zi­tä­ten und Mehr­spra­chig­keit fehlt. Die medi­zi­ni­schen Regel­diens­te sind teil­wei­se nicht auf geflüch­te­te Frau­en ein­ge­stellt. Auch Dolmetscher*innen gibt es im medi­zi­ni­schen Bereich – trotz eini­ger guter Initia­ti­ven – immer noch nicht in aus­rei­chen­dem Maß.

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Erst­auf­nah­me­ein­rich­tung in Dober­lug-Kirch­hain, Bran­den­burg. Foto: Lukas Papierak

Die Ver­sor­gungs­ka­pa­zi­tä­ten, ins­be­son­de­re im psy­cho­so­zia­len Bereich, müs­sen aus­ge­baut wer­den. Auch die Qua­li­tät der Regel­ver­sor­gung muss ver­bes­sert und mit staat­li­chen Mit­teln gesi­chert wer­den. Geflüch­te­te Frau­en soll­ten von Beginn ihres Auf­ent­halts an gesetz­lich kran­ken­ver­si­chert wer­den und damit Zugang zu allen Gesund­heits­leis­tun­gen haben, die gesetz­lich Kran­ken­ver­si­cher­ten in Deutsch­land zustehen.

In einem wei­te­ren Kapi­tel geht der Schat­ten­be­richt auf die unzu­rei­chen­den Bera­tungs- und Unter­stüt­zungs­struk­tu­ren für geflüch­te­te Frau­en sowie wei­te­re gesetz­li­che Hemm­nis­se bei der Inan­spruch­nah­me von Hil­fe (etwa Resi­denz­pflicht und Wohn­sitz­auf­la­ge) ein.

Es wird deut­lich, dass die migra­ti­ons­po­li­ti­sche Abwehr­po­li­tik der euro­päi­schen Staa­ten sich mit einem adäqua­ten und dis­kri­mi­nie­rungs­frei­en Schutz von geflüch­te­ten Frau­en vor (wei­te­rer) Gewalt nicht ver­ein­ba­ren lässt.

Über die deut­sche Auf­nah­me­si­tua­ti­on hin­aus wird im Schat­ten­be­richt abschlie­ßend ein kur­zer Blick auf das euro­päi­sche Flücht­lings­auf­nah­me­sys­tem und die Situa­ti­on an der euro­päi­schen Außen­gren­ze gewor­fen: Es wird deut­lich, dass die migra­ti­ons­po­li­ti­sche Abwehr­po­li­tik der euro­päi­schen Staa­ten sich mit einem adäqua­ten und dis­kri­mi­nie­rungs­frei­en Schutz von geflüch­te­ten Frau­en vor (wei­te­rer) Gewalt nicht ver­ein­ba­ren lässt.  In der Prä­am­bel bzw. Arti­kel 1 der IK wird das Bestre­ben der Unter­zeich­ner­staa­ten for­mu­liert, »Frau­en vor allen For­men von Gewalt zu schüt­zen« und »ein Euro­pa frei von Gewalt gegen Frau­en« zu schaf­fen. Dies erscheint nicht mög­lich ohne grund­le­gen­de Ände­run­gen in der Euro­päi­schen Asyl­po­li­tik, für die Deutsch­land eine Mit­ver­ant­wor­tung trägt.

(ak)