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PRO ASYL & Die Toten Hosen: 20 Jahre gemeinsam für Geflüchtete!
Die Punkrock-Band Tote Hosen feiert 40 Jahre Bandjubiläum mit ihrer Tournee »Alles aus Liebe«. PRO ASYL ist auf den Konzerten wieder mit einem Stand dabei und informiert zu aktuellen asylpolitischen Themen. Wieso? Das erzählt der Gitarrist der Band, Michael Breitkopf (»Breiti«).
Die Toten Hosen unterstützen die Anliegen von PRO ASYL bereits seit Beginn der 2000er-Jahre: Unter anderem mit ihrem Engagement für eine CD-Compilation gegen Rechts 2005, mit einem eigenen Song gegen die Abschottung Europas 2012, mit gemeinsamen Appellen an den Bundestag für eine flüchtlingsfreundlichere Politik in den Jahren 2013 und 2019 – und eben mit dem traditionellen Infostand von PRO ASYL auf ihren Konzerten. Wir haben mit »Breiti« über das Verhältnis zwischen PRO ASYL und der Band gesprochen.
Seit 20 Jahren besteht eine besondere Zusammenarbeit zwischen den Toten Hosen und PRO ASYL. Was war der Auslöser, dass ihr damals auf uns zugekommen seid?
Nach Mauerfall und Wiedervereinigung gab es in Deutschland einen extremen Ausbruch fremdenfeindlicher Gewalt. Menschen wurden bedroht, angegriffen und getötet. Solingen, Mölln oder Hoyerswerda wurden zu Synonymen dafür. Besonders auch Asylsuchende waren immer wieder Opfer der Angriffe. Nach den Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen 1992, als ein hasserfüllter Mob von teilweise bis zu 3.000 Personen tagelang und ohne Eingreifen der Polizei Leib und Leben von Asylsuchenden und ehemaligen vietnamesischen Vertragsarbeiter*innen bedroht hatte, sagte die eigentlich als liberal bekannte CDU-Politikerin Rita Süssmuth, dass das so nicht weitergehen könne, man müsse jetzt das Recht auf Asyl einschränken. Kein Wort zur Verteidigung der Opfer, sondern Bestätigung der hasserfüllten Täter*innen.
»Da hatte ich endgültig den Glauben an den Willen der politisch Verantwortlichen verloren, die Opfer rechtsextremer Gewalt und das Menschenrecht auf Asyl zu verteidigen«
Da hatte ich endgültig den Glauben an den Willen der politisch Verantwortlichen verloren, die Opfer rechtsextremer Gewalt und das Menschenrecht auf Asyl zu verteidigen. Danach suchte ich nach Möglichkeiten, das nicht einfach so hinzunehmen, und stieß dann irgendwann auf PRO ASYL. Die sprachen mir nicht nur aus der Seele, sondern sind auch eine Organisation, die mit Fachleuten jeden Tag professionell dafür arbeitet, die Situation der Betroffenen zu verbessern und politische Prozesse zu beeinflussen. Ab da interessierte ich mich für deren Arbeit und wurde bald auch Mitglied.
Warum ist dir das Thema Asyl so wichtig?
Unsere Eltern haben Diktatur, Krieg, russische Besatzung, Vertreibung und Leben im Flüchtlingslager mitgemacht. Die Familie meiner Mutter zum Beispiel lebte nach der Vertreibung aus Schlesien jahrelang mit neun Kindern in einem Lager bei Hannover und hatte dort nicht nur unter Hunger und Seuchen, sondern auch unter den Anfeindungen der lokalen Bevölkerung zu leiden. Mit den Erzählungen davon bin ich groß geworden.
Gleichzeitig habe ich schon früh immer mehr darüber erfahren, wie viele Menschen durch den Vernichtungskrieg der Deutschen zur Flucht gezwungen wurden, oder dass verfolgte Juden vielfach keine Aufnahme in anderen Ländern fanden. All das hat bei mir sicher dazu geführt, dass ich glaube, dass man Menschen, die wegen Krieg und Verfolgung ihre Heimat verlassen müssen, Zuflucht bieten muss. Den anderen in der Band geht es da ganz genauso.
Was verbindet ihr mit PRO ASYL?
Die Rechte und die Lebensbedingungen von Asylsuchenden in Deutschland und in Europa werden gezielt immer weiter eingeschränkt und verschlechtert, an den Außengrenzen der EU werden Schutzsuchende teilweise brutal abgewehrt. Ein Teil der Öffentlichkeit ist demgegenüber gleichgültig bis ablehnend, und für diejenigen, die sich dafür interessieren, ist es oft schwierig, über das komplexe Thema zuverlässige Informationen zu bekommen.
»Wie wir mit Schutzsuchenden umgehen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen müssen, entscheidet mit darüber, in welcher Gesellschaft wir leben wollen«
PRO ASYL geht in professioneller, jahrelanger Arbeit all das an und versucht, politische Entscheidungsprozesse zu beeinflussen um Verbesserungen zu erreichen, berät Flüchtende in Einzelfällen und stellt Informationen für alle zur Verfügung. Wie wir mit Schutzsuchenden umgehen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen müssen, entscheidet mit darüber, in welcher Gesellschaft wir leben wollen – deswegen ist die Arbeit von PRO ASYL für Flüchtende genauso wichtig wie für jeden von uns.
Ihr seid eine Band, die sich immer wieder politisch äußert und klare Haltung zeigt. Hast du Momente erlebt, die dir besonders in Erinnerung geblieben sind?
Da gab es sehr viel Konzerte und Ereignisse, sodass es etwas schwierig ist, einzelne besonders hervorzuheben. Besonders beeindruckend war aber zum Beispiel das spontan organisierte Konzert in Chemnitz 2018 unter dem Motto »Wir sind mehr« als Antwort auf die fremdenfeindlichen Ausschreitungen dort einige Tage zuvor. 65.000 überwiegend sehr junge Besucher*innen feierten bei diesem Festival fröhlich die Demokratie und das Grundgesetz, das war großartig.
Es gibt natürlich zahllose Erinnerungen an weitere Festivals und Aktionen, vom Protest gegen die atomare Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf bis zum Festival in Jamel für Demokratie und Toleranz. Am besten daran finde ich immer, dass alle, die vor und hinter den Kulissen daran beteiligt sind, für ein gutes Ziel zusammenkommen, obwohl sie sonst vielleicht gar nichts miteinander zu tun haben.
Ihr nehmt uns seit 20 Jahren mit auf Tour. Warum?
Wir freuen uns, dass ihr wieder dabei seid, weil wir eure Arbeit für sehr wichtig halten. Die Erfahrungen eurer Mitarbeiter*innen und Helfer*innen und die Informationen, die ihr in Gesprächen über das Thema Asyl liefern könnt, stoßen bei unseren Konzerten am Stand auf großes Interesse. Bei Leuten, die eher skeptisch eingestellt sind, könnt ihr immer wieder zumindest einen Denkprozess anstoßen. Mit anderen Worten: Wir glauben, dass sich die Mühe lohnt! Außerdem sind viele Vorurteile über Flüchtende im Umlauf, deswegen weisen wir gerne darauf hin, dass es bei PRO ASYL detaillierte und aktuelle Informationen gibt, was im Rahmen einer Tournee immer gut möglich ist.
(nv)