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Gegen das Sterben im Mittelmeer: Unser Menschenrechtspreis 2020 geht an das Alarm Phone
Die EU-Mitgliedstaaten ignorieren im zentralen Mittelmeer ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen. Die Arbeit vom Watch the Med - Alarm Phone legt die unterlassene Hilfeleistung und den fortwährenden Völkerrechtsbruch durch die EU offen. Für ihren Einsatz für Menschen in Seenot erhalten sie den diesjährigen Menschenrechtspreis der Stiftung PRO ASYL.
Im Mittelmeer kamen seit 2014 nach offiziellen Zahlen 20.180 Menschen im Mittelmeer ums Leben (Stand: 2. Juli 2020). Die meisten von ihnen ertranken im zentralen Mittelmeer. Dort haben die EU und ihre Mitgliedstaaten ihre Kapazitäten für Such- und Rettungsmissionen sukzessive abgebaut.
Seit der Corona-Pandemie haben Italien und Malta erklärt, keine Schutzsuchenden aufzunehmen. In Fällen von Seenot werden Küstenwachen beider Staaten, wenn überhaupt, nur mit großer Verzögerung tätig.
Aktiv sind Italien, Malta und die EU hingegen in die Zurückschleppung Schutzsuchender in die berüchtigten Flüchtlingslager Libyens involviert: über 4.000 Schutzsuchende wurden in diesem Jahr von der »libyschen Küstenwache« abgefangen und in das Bürgerkriegsland zurück geschleppt.
Die Partner der EU, die Milizen der sogenannten »libyschen Küstenwache«, gefährden bei ihren Einsätzen die Leben der Schutzsuchenden und bedrohen zivile Seenotretter*innen.
IMMER WIEDER WOCHENLANGES AUSHARREN AUF RETTUNGSSCHIFFEN
Werden Schutzsuchende durch zivile Seenotrettungsorganisationen oder private Handelsschiffe gerettet, hängen die Schiffe teils wochenlang vor den Küsten Maltas und Italiens fest, da ihnen die Ausschiffung untersagt wird.
Seit 2014 war das Alarm Phone mit fast 3.200 Booten in Kontakt!
Durften die Schutzsuchende zuvor an Land, nachdem andere EU-Staaten ihre Aufnahme zugesagt hatten, hat sich während der Corona-Pandemie ein neues Vorgehen etabliert: Schutzsuchende werden auf »Quarantäneschiffe« verfrachtet und dort abermals mehrere Wochen festgehalten.
Am 06. Juli sollen 180 Schutzsuchende das zivile Seenotrettungsschiff »Ocean Viking« von »SOS Méditerranée« verlassen dürfen. Allerdings werden die Schutzsuchenden nicht an Land bleiben, sondern werden auf das Fährschiff »Moby Zaza« gebracht. Nachdem sie in vier Einsätzen am 25. und 30. Juni von der NGO aus Seenot gerettet wurden und es Suizidversuche gab, wurde der Notstand an Bord ausgerufen.
Programm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft: »Seenotrettung« sucht man vergebens
Deutschland hat vom 01. Juli an bis Ende des Jahres die EU-Ratspräsidentschaft inne. In dem Programm der Bundesregierung taucht »Seenotrettung« jedoch nicht auf.
Am 07. Juli trifft sich Bundesinnenminister, Horst Seehofer, mit seinen Amtskollegen zu einer informellen Videokonferenz. Auf der Tagesordnung steht ein Austausch zum Thema »Seenotrettung«. Im Fokus soll die Frage stehen, wie Fortschritte in den Bereichen »Schleuserbekämpfung, Außengrenzschutz und Rückkehr« erzielt werden können.
Menschenrechtspreis 2020 der Stiftung PRO ASYL für Watch the Med – Alarm Phone
Seit 2014 war das Alarm Phone mit fast 3.200 Booten in Kontakt und versuchte in oft verzweifelten Situationen alles, um die Rettung der Menschen sicherzustellen.
Das politische Umfeld, in dem das Alarm Phone operiert, könnte feindseliger kaum sein. Besonders die zivilen Seenotrettungsorganisationen sehen sich seit Jahren politischen Angriffen ausgesetzt und von Kriminalisierung bedroht. Zuletzt verweigerte die Seenotleitstelle Maltas die Annahme von Informationen zu einem Boot in Seenot von Alarm Phone mit den Worten: »Wir reden nicht mit NGOs«.
Das Alarm Phone trotzt allen menschenverachtenden Versuchen, den Zugang zu Schutz in Europa zu blockieren und bleibt stets an der Seite der Schutzsuchenden. Mit der rund um die Uhr von Ehrenamtlichen in Europa und Nordafrika betriebenen Notruf-Hotline verteidigt Alarm Phone im Mittelmeer konsequent das Recht auf Leben.
Die Stiftung PRO ASYL steht an der Seite der zivilen Seenotrettungsorganisationen und unterstützt mit der Auszeichnung die Arbeit des Alarm Phones. Das hat nicht nur symbolischen Wert: Der Menschenrechtspreis, die »PRO ASYL – Hand«wird jährlich vergeben und ist mit 5.000 € dotiert.