Der EuGH hat heute in einem wegweisenden Urteil über die Voraussetzungen zur Gewährung subsidiären Schutzes entschieden. Allein das Verhältnis von zivilen Opfern zur Gesamtbevölkerung kann demnach kein entscheidender Ausgangspunkt sein, es bedarf vielmehr stets einer sowohl quantitativen als auch qualitativen Gesamtwürdigung der Umstände.

In Afgha­ni­stan ster­ben nicht genug Men­schen. So könn­te man die Rechts­pra­xis des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts zuspit­zen, denn das han­delt bis­lang nach der Maxi­me: Um afgha­ni­schen Geflüch­te­ten sub­si­diä­ren Schutz gewäh­ren zu kön­nen, müss­te die Anzahl der zivi­len Opfer in dem Land höher sein. Es ist eine zyni­sche Rech­nung, die das deut­sche Gericht da auf­macht – eine, die ein unter­ge­ord­ne­ter Ver­wal­tungs­ge­richts­hof ange­zwei­felt hat.

Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof (VGH) Baden-Würt­tem­berg muss über die Kla­gen auf sub­si­diä­ren Schutz von zwei afgha­ni­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen ent­schei­den und hat den Gerichts­hof der Euro­päi­schen Uni­on (EuGH) am 29. Novem­ber 2019 im Wege eines soge­nann­ten Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chens um Klä­rung gebe­ten. Dem ist der EuGH nun nachgekommen.

Der sub­si­diä­re Schutz ist – eben­so wie die Zuer­ken­nung der Flücht­lings­ei­gen­schaft nach der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on (GFK) – ein Sta­tus soge­nann­ten Inter­na­tio­na­len Schut­zes nach der Qua­li­fi­ka­ti­ons­richt­li­nie 2011/95/EU (QRL) und damit Gegen­stand jeder Prü­fung von Asyl­an­trä­gen. Kon­kret geht es in dem vom EuGH ent­schie­de­nen Fall um eine bestimm­te Vari­an­te des sub­si­diä­ren Schut­zes: Nach Art. 15 Buchst. c) QRL – in natio­na­les Recht umge­setzt in § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG – sind Ausländer*innen sub­si­di­är schutz­be­rech­tigt, wenn eine ernst­haf­te indi­vi­du­el­le Bedro­hung des Lebens oder der Unver­sehrt­heit infol­ge will­kür­li­cher Gewalt im Rah­men eines inter­na­tio­na­len oder inner­staat­li­chen bewaff­ne­ten Kon­flikts besteht.

Vor­ab­ent­schei­dungs­ver­fah­ren die­nen der Klä­rung von Fra­gen zur Aus­le­gung von Uni­ons­recht. Der EuGH ent­schei­det über der­ar­ti­ge Aus­le­gungs­fra­gen ver­bind­lich – alle natio­na­len Gerich­te, auch die höchs­ten, sind ver­pflich­tet, der Recht­spre­chung des EuGH zu fol­gen. So wird garan­tiert, dass euro­päi­sches Recht uni­ons­weit ein­heit­lich aus­ge­legt wird.

Grund für das Ersu­chen des VGH Baden-Würt­tem­berg nach Vor­ab­ent­schei­dung durch den EuGH ist die bis­he­ri­ge Recht­spre­chung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts zum sub­si­diä­ren Schutz.

Der »body-count-Ansatz« des Bundesverwaltungsgerichts

Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt ist in sei­nen bis­he­ri­gen Urtei­len (vgl. etwa 10 C 13.10 und 10 C 9.08) dies­be­züg­lich von einem rein quan­ti­ta­ti­ven Ansatz aus­ge­gan­gen und hat als Aus­gangs­ba­sis dar­auf abge­stellt, wie vie­le zivi­le Opfer es im Ver­hält­nis zur Bevöl­ke­rung in einer Kon­flikt­re­gi­on gibt. Wird dabei eine Min­dest­schwel­le nicht erreicht, ist nach dem Ansatz des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts die Gewäh­rung von sub­si­diä­rem Schutz von vorn­her­ein ausgeschlossen.

Ande­re Fak­to­ren, die einen bewaff­ne­ten Kon­flikt neben der Zahl der Opfer so gefähr­lich machen könn­ten, dass die Vor­aus­set­zun­gen des Art. 15 Buchst. c) QRL gege­ben wären, kön­nen dann gar nicht berück­sich­tigt wer­den. Dabei hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt den zugrun­de zule­gen­den Min­dest­wert nie exakt bezif­fert. Es hat aber ent­schie­den, dass eine Wahr­schein­lich­keit, ver­letzt oder getö­tet zu wer­den, von ca. 0,12 Pro­zent oder 1 zu 800 pro Jahr weit unter der sei­nes Erach­tens nach erfor­der­li­chen Min­dest­gren­ze lie­ge. Wört­lich hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt aus­ge­führt (vgl. 10 C. 6.13, Rn. 24):

»Erst auf der Grund­la­ge der quan­ti­ta­ti­ven Ermitt­lung der Gesamt­zahl der in dem betref­fen­den Gebiet leben­den Zivil­per­so­nen einer­seits und der Akte will­kür­li­cher Gewalt ande­rer­seits, die von den Kon­flikt­par­tei­en gegen Leib oder Leben von Zivil­per­so­nen in die­sem Gebiet ver­übt wer­den, ist eine wer­ten­de Gesamt­be­trach­tung zur indi­vi­du­el­len Betrof­fen­heit des Klä­gers mög­lich, für den kei­ne indi­vi­du­el­len gefahr­er­hö­hen­den Umstän­de fest­ge­stellt wor­den sind«.

Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls

Nach die­sem »body-count-Ansatz« ist die Gewäh­rung von sub­si­diä­rem Schutz für afgha­ni­sche Schutz­su­chen­de eben­so aus­ge­schlos­sen. So stand der VGH Baden-Würt­tem­berg bei sei­ner Ent­schei­dungs­fin­dung vor dem Pro­blem, dass in der afgha­ni­schen Pro­vinz Nan­gar­har – dem Her­kunfts­ort der bei­den Klä­ger – der besag­te Schwel­len­wert trotz einer hohen Zahl zivi­ler Opfer nicht erreicht war. Er ging aber davon aus, dass sich das in der Pro­vinz Nan­gar­har gegen­wär­tig herr­schen­de Gewalt­ni­veau als der­art hoch dar­stel­le, dass die bei­den Klä­ger, denen in Afgha­ni­stan inter­ner Schutz nicht zur Ver­fü­gung stün­de, auf der Grund­la­ge einer umfas­sen­den Beur­tei­lung auch ande­rer gefahr­be­grün­den­der Umstän­de allein auf­grund ihrer Anwe­sen­heit der­art ernst­haft bedroht wären, dass ihnen sub­si­diä­rer Schutz zu gewäh­ren sei.

Kon­kret sei­en in Nan­ga­har diver­se regie­rungs­feind­li­che nicht­staat­li­che Akteu­re – allen vor­an die Tali­ban und der Isla­mi­sche Staat in der Pro­vinz Kho­ra­san (ISKP) – zu ver­zeich­nen, die einer­seits die Sicher­heits­kräf­te der Regie­rung, ande­rer­seits aber auch sich gegen­sei­tig bekämpf­ten. Kom­bat­tan­ten und Zivil­be­völ­ke­rung sei­en stark mit­ein­an­der ver­wo­ben. Kei­ne der Kon­flikt­par­tei­en habe grö­ße­re Tei­le der Pro­vinz Nan­ga­har unter Kon­trol­le und kön­ne so für eine gewis­se Sta­bi­li­tät sor­gen. Die Grenz­nä­he zu Paki­stan ermög­li­che es einer­seits den Kämp­fern der auf­stän­di­schen Grup­pen, sich über die offe­ne Gren­ze zurück­zu­zie­hen, ande­rer­seits erhiel­ten sämt­li­che Ter­ror­grup­pen über die Lan­des­gren­ze Nach­schub. Die Auf­stän­di­schen schä­dig­ten Zivi­lis­ten mas­siv. Hier­bei ver­brei­te der ISKP bewusst Ter­ror unter der Zivil­be­völ­ke­rung durch Angrif­fe bei­spiels­wei­se auf Schu­len und Krankenhäuser.

Aber auch die Tali­ban ver­ur­sach­ten – durch die Art und Wei­se ihrer Kampf­hand­lun­gen – zahl­rei­che zivi­le Opfer. So ver­schanz­ten sie sich etwa in Woh­nun­gen und nutz­ten zivi­le Ein­rich­tun­gen für ihre Zwe­cke, wo sie zugleich bekämpft wür­den. Auch die Kampf­me­tho­den der Tali­ban ver­ur­sach­ten will­kür­lich Schä­den, indem etwa Bom­ben an beleb­ten Plät­zen gezün­det wür­den. In 2018 sei­en etwa 0,8 bis 0,11 % der Bevöl­ke­rung als zivi­le Opfer zu bekla­gen gewe­sen. Zu ver­zeich­nen sei aber auch eine hohe Zahl an Bin­nen­ver­trie­be­nen, so sei­en ein Drit­tel der Bevöl­ke­rung Nan­ga­hars Ver­trie­be­ne und Rückkehrer.

Nach Ansicht des VGH Baden-Würt­tem­berg lie­fen die Klä­ger im Ergeb­nis »im Fal­le ihrer Rück­kehr in die Pro­vinz Nan­ga­har […] tat­säch­lich Gefahr, durch kon­flikt­be­ding­te will­kür­li­che Gewalt allein auf­grund ihrer Anwe­sen­heit einer ernst­haf­ten indi­vi­du­el­len Bedro­hung aus­ge­setzt zu sein«, sodass ihnen sub­si­diä­rer Schutz zu gewäh­ren sei. Dies set­ze aber vor­aus, dass »die­se Annah­me nicht durch das quan­ti­ta­tiv ermit­tel­te Aus­maß an bis­lang erlit­te­nen zivi­len Opfern aus­ge­schlos­sen ist, son­dern auf einer umfas­sen­den Beur­tei­lung aller rele­van­ten Kri­te­ri­en gründet«.

Der VGH Baden-Würt­tem­berg sah sich aber ange­sichts des oben dar­ge­stell­ten »body-count-Ansat­zes« des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts außer Stan­de, zuguns­ten der bei­den Klä­ger zu ent­schei­den. Vor die­sem Hin­ter­grund ist das Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen des VGH Baden-Würt­tem­berg zu sehen.

Das Vorabentscheidungsverfahren und das Urteil des EuGH

Als ers­tes befasst sich beim EuGH jeweils ein Gene­ral­an­walt oder eine Gene­ral­an­wäl­tin mit Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen. Am 11. Febru­ar 2021 hat Gene­ral­an­walt Pri­it Pika­mäe bereits in sei­nen Schluss­an­trä­gen – eine Art Rechts­gut­ach­ten, die dem EuGH zur Vor­be­rei­tung sei­ner Urtei­le dient – die Ansicht ver­tre­ten, dass eine rein quan­ti­ta­ti­ve Betrach­tung im Sin­ne einer Min­dest­an­zahl an zivi­len Opfern im Ver­hält­nis zur Bevöl­ke­rung nicht zur Grund­la­ge der Bestim­mung des Vor­lie­gens der Vor­aus­set­zun­gen des Art. 15 Buchst. c) QRL gemacht wer­den kann. Die Beur­tei­lung des Bedürf­nis­ses nach inter­na­tio­na­lem Schutz müs­se auch »nicht quan­ti­fi­zier­ba­re Gesichts­punk­te ein­be­zie­hen kön­nen wie z.B. jüngs­te Ent­wick­lun­gen eines bewaff­ne­ten Kon­flikts, die, auch ohne bereits zu einem Anstieg der Opfer­zah­len geführt zu haben, signi­fi­kant genug sind, um die tat­säch­li­che Gefahr eines ernst­haf­ten Scha­dens für die Zivil­be­völ­ke­rung zu begrün­den«. Erfor­der­lich sei eine »sowohl quan­ti­ta­ti­ve als auch qua­li­ta­ti­ve Gesamt­wür­di­gung aller rele­van­ten Tat­sa­chen, die die­sen Kon­flikt kennzeichnen«.

Der EuGH ist in sei­nem Urteil vom 10. Juni 2021 der Linie des Gene­ral­an­walts gefolgt.

Er hat zum einen ent­schie­den, dass der Ansatz des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts, wonach die Fest­stel­lung einer ernst­haf­ten indi­vi­du­el­len Bedro­hung des Lebens oder der Unver­sehrt­heit einer Zivil­per­son infol­ge »will­kür­li­cher Gewalt im Rah­men eines bewaff­ne­ten Kon­flikts« vor­aus­setzt, dass das Ver­hält­nis der Zahl der Opfer in dem betref­fen­den Gebiet zur Gesamt­zahl der Bevöl­ke­rung die­ses Gebiets eine bestimm­te Schwel­le erreicht, nicht mit Art. 15 Buchst. c) QRL ver­ein­bar ist.

Die Fest­stel­lung, dass die Opfer der Gewalt­ak­te der Kon­flikt­par­tei­en in der betref­fen­den Regi­on einen hohen Anteil an der Gesamt­zahl der Zivil­be­völ­ke­rung aus­ma­che, sei zwar geeig­net, eine ernst­haf­te Bedro­hung zu bele­gen. Sie kön­ne aber umge­kehrt nicht das ein­zi­ge aus­schlag­ge­ben­de Kri­te­ri­um für die Fest­stel­lung einer »ernst­haf­ten indi­vi­du­el­len Bedro­hung« im Sin­ne des Art. 15 Buchst. c) QRL darstellen.

Die Fest­stel­lung, dass die Opfer der Gewalt­ak­te der Kon­flikt­par­tei­en in der betref­fen­den Regi­on einen hohen Anteil an der Gesamt­zahl der Zivil­be­völ­ke­rung aus­ma­chen, ist geeig­net, eine ernst­haf­te Bedro­hung zu bele­gen – kann aber nicht das ein­zi­ge aus­schlag­ge­ben­de Kri­te­ri­um darstellen.

In die­sem Rah­men weist der EuGH zum einen auf das Pro­blem hin, dass die­ses Kri­te­ri­um auf Grund der Schwie­rig­keit, objek­ti­ve und unab­hän­gi­ge Infor­ma­ti­ons­quel­len zu ermit­teln, äußerst unzu­ver­läs­sig sein kann. Zum ande­ren sieht der EuGH das Pro­blem, dass – wür­de allei­ne auf das Kri­te­ri­um des Ver­hält­nis­ses von Opfern zur Gesamt­zahl der Zivil­be­völ­ke­rung abge­stellt – Geflüch­te­te sich ver­an­lasst sehen könn­ten, sich im Wege eines »forum shop­ping« gezielt in Mit­glied­staa­ten zu bege­ben, die die­ses Kri­te­ri­um nicht ver­wen­den oder dies­be­züg­lich eine nied­ri­ge­re Schwel­le her­an­zie­hen. Dies wür­de aber dem in deren Erwä­gungs­grund 13 defi­nier­ten Ziel der QRL zuwi­der­lau­fen, Sekun­där­mi­gra­ti­on von Schutz­su­chen­den zwi­schen Mit­glied­staa­ten ein­zu­däm­men, die aus­schließ­lich auf unter­schied­li­chen Rechts­vor­schrif­ten beruht.

Art. 15 Buchst. c) QRL ist nach der Ent­schei­dung des EuGH schließ­lich dahin­ge­hend aus­zu­le­gen, dass zur Fest­stel­lung, ob eine »ernst­haf­te indi­vi­du­el­le Bedro­hung« im Sin­ne die­ser Vor­schrift gege­ben ist, eine umfas­sen­de Berück­sich­ti­gung aller Umstän­de des Ein­zel­falls, ins­be­son­de­re der die Situa­ti­on des Her­kunfts­lands des Antrag­stel­lers kenn­zeich­nen­den Umstän­de, erfor­der­lich ist.

Dies erge­be sich zum einen dar­aus, dass der Begriff der »ernst­haf­ten indi­vi­du­el­len Bedro­hung« im Sin­ne die­ser Vor­schrift weit aus­zu­le­gen sei. Zum ande­ren sei­en nach Art. 4 Abs. 3 QRL »alle mit dem Her­kunfts­land ver­bun­de­nen Tat­sa­chen, die zum Zeit­punkt der Ent­schei­dung über den Antrag rele­vant sind« bei der Prü­fung von Anträ­gen auf inter­na­tio­na­len Schutz zu berücksichtigen.

Zu den im Rah­men der vor­zu­neh­men­den Gesamt­schau zu beach­ten­den Umstän­den zäh­len nach dem EuGH die Inten­si­tät der bewaff­ne­ten Aus­ein­an­der­set­zun­gen, der Orga­ni­sa­ti­ons­grad der betei­lig­ten Streit­kräf­te und die Dau­er des Kon­flikts. Außer­dem kön­nen das geo­gra­fi­sche Aus­maß der Lage will­kür­li­cher Gewalt, der tat­säch­li­che Ziel­ort Schutz­su­chen­der im Fal­le einer gedach­ten Rück­kehr und die Aggres­si­on der Kon­flikt­par­tei­en gegen Zivil­per­so­nen eine Rol­le spielen.

Deutsche Rechtsprechung muss sich ändern

PRO ASYL begrüßt die Ent­schei­dung des Gerichts­ho­fes. Die von Sei­ten des EuGH ein­ge­for­der­te Abkehr von der allei­ni­gen Betrach­tung des Ver­hält­nis­ses zwi­schen den Opfern eines Kon­flik­tes zur Gesamt­zahl der dor­ti­gen Bevöl­ke­rung und die Ein­for­de­rung der Vor­nah­me einer Gesamt­schau aller Umstän­de des Ein­zel­falls wird den oft­mals kom­ple­xen Umstän­den bewaff­ne­ter Aus­ein­an­der­set­zun­gen viel eher gerecht.

Die von Sei­ten des EuGH ein­ge­for­der­te Abkehr von der allei­ni­gen Betrach­tung des Ver­hält­nis­ses zwi­schen den Opfern eines Kon­flik­tes zur Gesamt­zahl der dor­ti­gen Bevöl­ke­rung wird den oft­mals kom­ple­xen Umstän­den bewaff­ne­ter Aus­ein­an­der­set­zun­gen viel eher gerecht.

Ins­be­son­de­re afgha­ni­sche Geflüch­te­te aus stark umkämpf­ten Pro­vin­zen kön­nen vor dem Hin­ter­grund der Ent­schei­dung des EuGH nun dar­auf hof­fen, künf­tig sub­si­diä­ren Schutz nach Art. 15 Abs. 2 Buchst. c) QRL gewährt zu bekom­men. Dies gilt umso mehr, als sich die ohne­hin seit vie­len Jah­ren äußerst ange­spann­te Sicher­heits­la­ge in Afgha­ni­stan mit dem Abzug der NATO-Trup­pen wesent­lich zu ver­schlim­mern droht.

Die bis­he­ri­ge Recht­spre­chung in Deutsch­land ist der tat­säch­li­chen Situa­ti­on in Afgha­ni­stan nie gerecht gewor­den. Dies muss sich jetzt nach dem EuGH-Urteil drin­gend ändern – erst recht vor dem Hin­ter­grund der sich wei­ter zuspit­zen­den Sicher­heits­la­ge in Afghanistan.