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Die EU bringt Kriegsschiffe im Mittelmeer in Position. Ihr Ziel: Militärisch gegen Schlepper vorgehen und Flüchtlingsboote noch vor der Abfahrt zerstören. Foto: flickr / European Union Naval Force

1000 EU-Soldaten, 6 Millionen Euro pro Monat: Die EU hat die erste Phase ihres Militäreinsatzes im Mittelmeer gestartet. Nun wurden Details bekannt. Die Gefahr einer Eskalation wächst: Aus Libyen wird bereits mit Luftschlägen gegen EU-Schiffe gedroht.

Erst am Mon­tag den 22. Juni 2015 beschlos­sen die EU Außen­mi­nis­ter den Beginn der ers­ten Pha­se der Mili­tär­mis­si­on EUNAVFOR gegen Schlep­per – heu­te steht bereits fest, dass Deutsch­land, Bel­gi­en, Finn­land, Frank­reich, Grie­chen­land, Ita­li­en, Litau­en, Luxem­burg, die Nie­der­lan­de, Slo­we­ni­en, Spa­ni­en, Schwe­den, Ungarn und das Ver­ei­nig­te König­reich Waf­fen­sys­te­me und mili­tä­ri­sches Per­so­nal zur Ver­fü­gung stel­len werden.

Der Ein­satz von Kriegs­schif­fen, Hub­schrau­bern, Aufklärungs­flugzeugen, U‑Booten, Droh­nen sowie einer Trup­pe von 1000 Per­so­nen soll in den ers­ten zwei Mona­ten 11,8 Mil­lio­nen Euro kos­ten. Ziel der ers­ten Pha­se ist es, Infor­ma­tio­nen zu den Netz­wer­ken und Rou­ten der Schleu­ser zu sam­meln, gegen die dann in den fol­gen­den Pha­sen vor­ge­gan­gen wer­den soll. So gibt es Über­le­gun­gen, dass Kampf­tau­cher in einer drit­ten Pha­se Schlep­per­boo­te zer­stö­ren könn­ten. Hier­für wol­len die EU-Außen­mi­nis­ter einen Beschluss des UN-Sicher­heits­rats durch­set­zen – doch Russ­land blo­ckiert bis­her. Zudem ist eine Zustim­mung der liby­schen Ein­heits­re­gie­rung nötig.

Dass man sich bereits mit Pha­se Eins in sprich­wört­lich gefähr­li­ches Gewäs­ser begibt, zeigt die ers­te Reak­ti­on des Luft­waf­fen­kom­man­deurs der inter­na­tio­nal aner­kann­ten liby­schen Regie­rung gegen­über Reu­ters: „Jedes Schiff, das sich ohne vor­he­ri­ge Erlaub­nis in liby­schen Gewäs­sern befin­det wird zum Ziel der Luft­waf­fe“, erklär­te Saqr Al-Jarou­shi. Tat­säch­lich wur­den in 2015 bereits Öltank­schif­fe vor liby­schen Häfen bom­bar­diert.

Ein rang­ho­her EU-Diplo­mat erklär­te zwar, dass wäh­rend Pha­se Eins kei­ne Ope­ra­tio­nen in liby­schen Hoheits­ge­wäs­sern geplant sei­en, dass man aber auf alle Even­tua­li­tä­ten vor­be­rei­tet sei: „Wir müs­sen auch das Undenk­ba­re den­ken“, erklär­te der EU-Ver­tre­ter gegen­über dem EU-Obser­ver.

Mit dem Ein­satz von EUNAVFOR steu­ert die EU sehen­den Auges auf eine Eska­la­ti­on des Kon­flikts in Liby­en und eine Ver­wick­lung in krie­ge­ri­sche Aus­ein­an­der­set­zun­gen zu. Dass dabei das Leben von Flücht­lin­gen aufs Spiel gesetzt wird, fin­det in die­sem zyni­schen Schau­spiel kaum Beach­tung. Auch das „Geschäfts­mo­dell der Schlep­per“ wird mit einem Kriegs­ein­satz nicht im Gerings­ten beein­träch­tigt – es stei­gen allein die Prei­se und das Risi­ko für die ver­zwei­fel­ten Schutzsuchenden.

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