News
Dramatische Lage in der Ägäis: Jetzt ist Solidarität gefragt!

Die EU hat über Jahre das Lagerelend auf den griechischen Inseln ignoriert und die rechtswidrigen Zustände für Asylsuchende hingenommen. Statt Schutzsuchende aufzunehmen und ihnen einen Zugang zum Asylverfahren zu ermöglichen, setzt man nun mit aller Kraft auf Abschiebungen in die Türkei – ein Land, das nicht sicher ist.
Die Lage in der Ägäis spitzt sich immer weiter zu. Auf den griechischen Inseln harren mehr als 25.000 Menschen aus; rund 40 Prozent von ihnen sind UNHCR-Angaben zufolge Kinder und Jugendliche unter 17 Jahren.
Die griechische Regierung hat jüngst einen Hilferuf an die europäischen Staaten abgesetzt, vordringlich Minderjährigen die Weiterreise in andere EU-Staaten zu ermöglichen. Dies könnte akut Abhilfe schaffen; viele von ihnen haben zudem Familienangehörige innerhalb der EU.
Die EU muss die rechtswidrigen Zustände für Asylsuchende in Griechenland allerdings dauerhaft beenden. Flüchtlinge werden teils über Jahre in überfüllten Lagern festgesetzt, ihr Rechtsanspruch auf Schutz systematisch ignoriert.
Sie drohen zum Spielball der Machtinteressen der Türkei, Griechenlands und der EU-Staaten zu werden. Jüngste Forderungen seitens der EU und auch Deutschland setzen auf mehr Abschiebungen in die Türkei. Die griechische Regierung will mit einem Gesetzentwurf Rückführungen in die Türkei ermöglichen.
Türkei ist kein sicherer Drittstaat
Laut Medienberichten sind im kommenden Herbst Verschärfungen des griechischen Asylrechts und der Anwendung des EU-Türkei-Deals geplant. Demnach ist vorgesehen, die Türkei zum »sicheren Drittstaat« zu erklären und auch vom Festland aus Schutzsuchende in die Türkei zurückzubringen.
Es gibt für Afghan*innen, Syrer*innen und andere in der Türkei keinen Schutz nach der GFK.
Derweil fordert die EU-Kommission und laut Spiegel-Online-Bericht auch die deutschen Behörden, die Rückführungen in die Türkei im Rahmen des Deals zu verstärken. Eine Aufforderung, die vollkommen an der Realität vorbeigeht. Die Türkei ist nicht sicher. Eine Abschiebung in die Türkei kann eine Kettenabschiebung in die Herkunftsländer nach sich ziehen. Die Türkei hat die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) nur mit geographischem Vorbehalt ratifiziert. Es gibt für Afghan*innen, Syrer*innen und andere keinen Schutz nach der GFK.
Auch für Syrer*innen hat sich die Situation in der Türkei verschärft
Syrer*innen droht erzwungene Rückkehr nach Syrien. Seit Mitte Juli wurden hunderte syrische Flüchtlinge abgeschoben, u.a. in die weiterhin umkämpfte Region Idlib. Am 22. Juli setzte der Gouverneur von Istanbul den in der Stadt lebenden syrischen Flüchtlingen ohne Registrierung oder mit Registrierungen aus anderen Regionen eine Frist von einem Monat, um in diese Regionen zurück zu kehren. Schon in der Woche davor wurde aber laut Berichten angefangen, Syrer*innen verstärkt zu kontrollieren.
Berichte gehen von mehreren Tausend abgeschobenen Syrer*innen allein im Juli 2019 aus.
In der Türkei wurde zudem die Möglichkeit der Inhaftierung Schutzsuchender ausgeweitet. Unter Androhung unlimitierter Haft werden Syrer*in Abschiebehaft dazu genötigt, ihrer »freiwilligen« Rückkehr zuzustimmen. Von freiem Willen kann unter diesen Umständen nicht die Rede sein. Berichte gehen von mehreren Tausend abgeschobenen Syrer*innen allein im Juli 2019 aus.
Diese Abschiebungen sind ein klarer Verstoß gegen das völkerrechtliche Abschiebungsverbot, das sogenannte Refoulement-Verbot, denn in Syrien droht weiterhin politische Verfolgung und Gefahr durch Kämpfe – besonders in Idlib, welches täglich vom Assad-Regime bombardiert wird.
Die Flüchtlinge in der Türkei geraten zunehmend in eine ausweglose Situation: Sie werden einem Vertreibungsdruck ausgesetzt, dem Europa tatenlos zusieht.
Die Abschiebungen reihen sich ein in eine generell für syrische Flüchtlinge verschärfte Lage in der Türkei. So haben schon 2018 mehrere Provinzen, darunter auch Istanbul, aufgehört Syrer*innen zu registrieren – wodurch sie ohne Status und ohne Schutz in der Türkei leben. Auch wachsen die Ressentiments in der Türkei gegen Flüchtlinge und es kommt zu Übergriffen.
Die Flüchtlinge in der Türkei geraten zunehmend in eine ausweglose Situation: Sie werden einem Vertreibungsdruck ausgesetzt, dem Europa tatenlos zusieht.
(akr / mz)