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Der Weg über das Mittelmeer ist lebensgefährlich. Foto: Sea-Watch

Kommt es irgendwo auf der Welt zu einem Erdbeben mit tausenden Toten, ist die Anteilnahme auch bei uns (zurecht!) sehr hoch. Sondersendungen laufen, Spendenaktionen werden gestartet. Damit, dass sich vor der Haustür Europas eine dauerhafte Katastrophe abspielt, die Jahr für Jahr Tausenden das Leben kostet, haben wir uns jedoch offenbar arrangiert.

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Men­schen star­ben 2014 welt­weit auf der Flucht.

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Men­schen waren es 2015.

Über 25.000 Men­schen star­ben in den ver­gan­ge­nen vier Jah­ren welt­weit auf der Flucht – mehr als die Hälf­te von ihnen beim Ver­such, nach Euro­pa zu gelan­gen. Sie ertrin­ken im Mit­tel­meer oder ver­durs­ten auf dem Weg dort­hin in der Wüs­te. Und selbst die Inter­na­tio­na­le Orga­ni­sa­ti­on für Migra­ti­on (IOM), die die­se Sta­tis­ti­ken bereit­stellt, sagt: Die Zah­len zei­gen nur einen Bruch­teil der tat­säch­li­chen Todesfälle.

Vor allem auf den Flucht­rou­ten durch Afri­ka in Rich­tung Mit­tel­meer ster­ben wohl weit mehr Men­schen, als bekannt wird. Für 2017 tau­chen in den Sta­tis­ti­ken nur 690 Todes­fäl­le dort auf, die Exper­ten ver­mu­ten aber ähn­lich vie­le Opfer wie im Mit­tel­meer (3.193).

»Ver­mut­lich ist die Zahl der Migran­ten, die in der Saha­ra ums Leben kom­men, min­des­tens ähn­lich hoch wie die der­je­ni­gen, die im Mit­tel­meer sterben.«

IOM
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Men­schen kamen 2016 bei Flucht­be­we­gun­gen auf der gan­zen Welt ums Leben.

Weiterhin tägliche Tote

Auch 2018 geht das Ster­ben unver­min­dert wei­ter. Bereits 651 tote Flücht­lin­ge welt­weit pro­to­kol­liert IOM, davon 414 im Mit­tel­meer. Die Zah­len des UNHCR lau­ten ähn­lich: 398 Tote bei bis­lang nur rund 10.000 Ankünf­ten in Ita­li­en, Grie­chen­land – und ver­mehrt auch wie­der in Spa­ni­en. Jah­re­lang waren die Flücht­lings­zah­len dort gering, seit­dem sowohl die Grenz­zäu­ne in den Exkla­ven Ceu­ta und Mel­il­la hoch­ge­rüs­tet wur­den, als auch spa­ni­sche Poli­zis­ten in Abfahrts­län­dern wie Mau­re­ta­ni­en patrouil­lie­ren. Die Ent­wick­lun­gen in Liby­en sor­gen aber offen­bar für eine erneu­te Ver­la­ge­rung der Routen.

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Men­schen sind 2017 beim Ver­such zu flie­hen, gestorben.

Das Risiko wird immer größer

Denn beson­ders die Haupt­rou­te im zen­tra­len Mit­tel­meer wird immer gefähr­li­cher, seit Euro­pa auf eine Koope­ra­ti­on mit der soge­nann­ten »liby­schen Küs­ten­wa­che« setzt und zivi­le See­not­ret­tungs­or­ga­ni­sa­tio­nen zuneh­mend in ihrer Arbeit behin­dert wer­den. Star­ben im letz­ten Jahr noch 2,3 von 100 Flücht­lin­gen, die sich auf den Weg mach­ten, schnellt die­se Zahl aktu­ell auf die­ser Rou­te in die Höhe und liegt die Todes­ra­te nun nach Berech­nun­gen des Medi­en­dienst Inte­gra­ti­on schon bei über 6 von 100. Das lässt nichts Gutes für 2018 erah­nen: Ab April steigt die Zahl der Über­fahr­ten erfah­rungs­ge­mäß noch ein­mal stark an.

Ins­ge­samt sind seit dem Jahr 2000 über 35.000 Men­schen an den euro­päi­schen Außen­gren­zen ums Leben gekommen.

6 von 100

Flücht­lin­gen, die den Weg übers zen­tra­le Mit­tel­meer wagen, fin­den aktu­ell den Tod.

Die tödlichste Grenze der Welt

Ins­ge­samt sind seit dem Jahr 2000 über 35.000 Men­schen an den euro­päi­schen Außen­gren­zen ums Leben gekom­men. Zwar gibt es die »offi­zi­el­len« Sta­tis­ti­ken von IOM und UNHCR erst seit eini­gen Jah­ren, für den Zeit­raum vor 2014 hat­te aber ein unab­hän­gi­ges Pro­jekt die Zahl von rund 23.000 Toten an Euro­pas Gren­zen zwi­schen 2000 und 2014 ermit­telt.

Europas traurige Antwort

Soll­te 2013, nach dem gro­ßen Boots­un­glück vor Lam­pe­du­sa, eigent­lich noch ein »Wen­de­punkt in der euro­päi­schen Flücht­lings­po­li­tik« erreicht sein, hat Euro­pa das Ver­spre­chen des dama­li­gen EU-Par­la­ments­prä­si­den­ten Schulz (»Wir kön­nen nicht zulas­sen, dass noch mehr Men­schen ster­ben.«) nicht gehal­ten. Im Gegen­teil! Jahr für Jahr ster­ben über 3.000 Men­schen an den Außen­gren­zen unse­res Kon­ti­nents – mit trau­ri­gen Aus­rei­ßern nach oben.

(mk)