04.12.2020
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Collage aus Symbolfotos (zum Schutz der Betroffenen). Bild 1: pixabay | Engin Akyurt / Bild 2: picture alliance | NurPhoto | Sebastian Backhaus / Bild 3: Christian Gohdes

Menschen, die wir schützen müssen: Berhane Gebrai*, Sahar Kazemi* und die Schwestern Lana* und Samira* gehören definitiv dazu. Aber Deutschland hat den Geflüchteten diesen Schutz bislang verwehrt – deswegen steht PRO ASYL ihnen zur Seite. Drei Beispiele aus unserer täglichen Einzelfallarbeit.

Cir­ca 15.000 Ein­zel­fall­an­fra­gen beant­wor­tet unse­re Bera­tung pro Jahr, rund 700 Fäl­le wer­den jähr­lich durch den PRO ASYL – Rechts­hil­fe­fonds unter­stützt. Ange­sichts oft haar­sträu­ben­der Ent­schei­dun­gen in Asyl­ver­fah­ren ist das lei­der bit­ter not­wen­dig, wie auch die­se drei exem­pla­ri­schen Fäl­le aus 2020 zeigen.

In letzter Sekunde: Sahars Abschiebung in den Iran verhindert

Sahar lebt zusam­men mit ihrer Mut­ter und ihren Brü­dern in Tehe­ran, Iran. Sie ver­liebt sich in einen ver­hei­ra­te­ten Mann. Als ihre Brü­der davon erfah­ren, schla­gen sie Sahar zusam­men. Sie zwin­gen sie, auf ihr Erbe zu ver­zich­ten und dro­hen ihr, sie zu töten.

Sahar flieht nach Deutsch­land. Am Frank­fur­ter Flug­ha­fen ver­wei­gert man ihr jedoch die Ein­rei­se und setzt sie im Tran­sit­be­reich fest. Bereits eine Woche spä­ter wird der Asyl­an­trag der Ira­ne­rin in einem Schnell­ver­fah­ren abgelehnt.

»Nur weil ich eine Frau bin, darf mich nie­mand unterdrücken!«

Sahar

Sahar kommt in Abschie­be­haft. Trotz der aku­ten Coro­na-Kri­se wird eine Char­ter­ma­schi­ne orga­ni­siert, die sie umge­hend zurück nach Tehe­ran brin­gen soll.

PRO ASYL setzt sich für die ver­folg­te Frau ein. Schließ­lich wird der Char­ter­flie­ger abge­sagt und Sahar kommt – nach meh­re­ren Wochen Haft – frei. Wir unter­stüt­zen Sahar Kaze­mi wei­ter­hin in ihrem Ver­fah­ren, die Kla­ge gegen die Ableh­nung ihres Asyl­an­trags läuft.

Das Schicksal der irakischen Waisenkinder Lana & Samira

Bag­dad, Irak, 2015: Lana und Sami­ra sind sie­ben und fünf Jah­re alt, als sie zu Voll­wai­sen wer­den. Die Mut­ter stirbt nach einem Ter­ror­an­schlag auf das Haus der Fami­lie, ein Jahr spä­ter wird der Vater ermor­det. Die Täter sind bis heu­te nicht gefasst.

Die Mäd­chen haben jetzt nur noch ihre Groß­mutter. Doch es droht wei­te­re Gefahr: Mas­kier­te Män­ner erschei­nen und ver­lan­gen die Aus­lie­fe­rung der Kin­der. Sie wol­len sie zwangs­ver­hei­ra­ten – ein Schick­sal, dem vie­le min­der­jäh­ri­ge Mäd­chen im Irak aus­ge­lie­fert sind. Die Groß­mutter kann die Kin­der im Irak nicht dau­er­haft schüt­zen und ent­schließt sich, mit den bei­den zu fliehen.

Drei Jah­re dau­ert die Flucht über die Tür­kei, die Ägä­is und Grie­chen­land bis Groß­mutter und Kin­der im Sep­tem­ber 2018 Ber­lin errei­chen. Doch die Hoff­nung, damit end­lich geschützt zu sein, wird ent­täuscht. Im Febru­ar 2020 kommt die Nach­richt: Asyl­an­trag abgelehnt.

Wir erfah­ren von dem Fall und wer­den sofort aktiv. Kla­ge gegen die Ent­schei­dung wird ein­ge­reicht. Bis heu­te hat das Gericht noch kein Urteil gefällt.

»Die Soldaten haben geschossen und ich bin gelaufen«

Berha­ne Gebrai lebt gemein­sam mit Mut­ter und Schwes­ter in Baren­tu, Eri­trea, 30 km ent­fernt von der äthio­pi­schen Gren­ze. Freun­de des Schü­lers flie­hen, um der Ein­be­ru­fung zur Armee zu ent­ge­hen. Der Mili­tär­dienst in Eri­trea ist gefürch­tet. Rekru­ten sind Gewalt und Fol­ter ausgesetzt.

Berha­ne wird ver­haf­tet. Er soll ver­ra­ten, wo sich sei­ne Freun­de befin­den. Zusam­men mit über 30 ande­ren Gefan­ge­nen sperrt man ihn in eine Zel­le, er wird ver­hört und geschla­gen. Nach zwei Mona­ten bekommt Berha­nes Mut­ter ihren Sohn frei. Er ist gera­de mal 14 Jah­re alt, als er aus Eri­trea flieht.

Berha­ne durch­quert Äthio­pi­en, den Sudan, Liby­en und Ita­li­en bis er nach fast zwei Jah­ren schließ­lich Deutsch­land erreicht. Mona­te spä­ter, im Novem­ber 2019 wird sein Asyl­an­trag abge­lehnt. PRO ASYL schal­tet sich ein und steht dem Jun­gen zur Sei­te. Zur­zeit ist unge­wiss, wie es für Berha­ne Gebrai weitergeht.

*alle Namen zum Schutz der Betroffenen geändert.