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Anerkannte raus! In Griechenland müssen Geflüchtete ihre Wohnungen zwangsräumen
Die angekündigte Zwangsräumung anerkannter Flüchtlinge aus ihren von ESTIA zur Verfügung gestellten Wohnungen und offiziellen Flüchtlingscamps wird zu Obdachlosigkeit und Armut führen, da die griechischen Behörden bisher wenig unternommen haben, um Geflüchtete in das Land zu integrieren und ihnen ein selbständiges Leben zu ermöglichen.
Anfang Februar kündigte das griechische Ministerium für Migrationspolitik an, schrittweise die Unterbringung Schutzberechtigter in Flüchtlingscamps auf dem Festland zu beenden. Die erste Gruppe, die zum Verlassen der Unterkunft bis 31. März 2019 aufgefordert wurde, hatte ihren Schutzstatus vor August 2017 erhalten.
Anfang März kündigte das Ministerium die Zwangsräumung von 204 Personen aus der ESTIA-Unterkunft ankündigt. In dem Ministerialbeschluss heißt es außerdem, dass Asylsuchenden im ESTIA-Programm generell nur noch sechs Monate nach Erhalt des positiven Asylbescheids Unterkunft und finanzielle Hilfe erhalten sollen.
Schutzberechtigte haben in Griechenland noch immer keinen Zugang zu Integrationsprogrammen wie Sprachkurse oder Jobtrainings
PRO ASYL/Refugee Support Aegean (RSA) betonen immer wieder, dass Schutzberechtigte trotz der kürzlich vorgestellten nationalen Integrationsstrategie keinen Zugang zu Integrationsprogrammen, wie beispielsweise griechischen Sprachkursen oder Jobtrainings, haben. Dadurch finden sich Anerkannte logischerweise in einer benachteiligten Position gegenüber einheimischen Arbeitsuchenden.
Im März 2019 kündigte das Ministerium für Migrationspolitik zwar die Einführung des »Helios2«-Programmes an. Jedoch wird es höchstwahrscheinlich nicht vor Juni 2019 starten und auch nur begrenzt Wirkung zeigen: Das Programm bietet nur für sechs Monate integrative Aktivitäten und Unterstützung bei der Wohnungssuche an und ist darüber hinaus lediglich auf 5000 kürzlich anerkannte Flüchtlinge ausgelegt.
Des Weiteren gewährleisten die griechischen Behörden in der Praxis keinen gleichberechtigten Zugang zu Sozialleistungen, um Schutzberechtigte zu unterstützen. Etwa bekommen nur diejenigen, die bereits seit mindestens fünf Jahren legal im Land leben und einen Mietvertrag vorlegen können, finanzielle Hilfe für ihre Miete. Im Ergebnis heißt das, dass nach 2014 anerkannte Flüchtlinge von dieser finanziellen Unterstützung ausgeschlossen sind. Auch die KEA genannten Sozialleistungen sind nur unter bestimmten Bedingungen zugänglich. Dazu gehören beispielsweise ein mindestens sechs Monate alter, gültiger Mietvertrag oder eine offizielle »Obdachlosen-Bestätigung«. PRO ASYL/RSA haben die Schwierigkeiten in einem groß angelegten Report dokumentiert, die damit verbunden sind, eine solche Bestätigung zu erhalten, ausführlich dokumentiert.
Nach 2014 Anerkannte sind von finanzieller Hilfe bei der Miete ausgeschlossen
Obwohl die aus ihren Wohnungen geworfenen Schutzberechtigten drei Monate lang zusätzliche finanzielle Hilfe erhalten sollen, wird das angesichts der bereits genannten Punkte nicht ausreichen, um über die dreimonatige Periode hinaus ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. Praktisch gesagt wird die dreimonatige Finanzspritze nicht gewährleisten, dass sie eine andere Unterkunft finden oder sich für Sozialleistungen wie KEA qualifizieren. Unter diesen Umständen wird die Zwangsräumung von Schutzberechtigten aus Flüchtlingscamps, Gemeinschaftsunterkünften und Wohnungen zu Obdachlosigkeit und Hunger führen.
Besondere Aufmerksamkeit erfordern Fälle, in denen Geflüchtete aufgefordert worden sind bis Ende März 2019 ihre Wohnungen zu verlassen. In diesen Fällen wurden sowohl die Rechtslage im Hinblick auf Verfahrensregeln, die Voranhörung der betroffenen Personen als auch das Recht auf juristischen Beistand missachtet. PRO ASYL/ RSA haben Fälle dokumentiert, in denen betroffene Flüchtlinge lediglich aufgefordert wurden, einen Zettel zu unterschreiben; eine weitere Formalisierung der Beendigung des Wohnverhältnisses blieb aus.
PRO ASYL/RSA fordern die griechischen Autoritäten auf, ihren Verpflichtungen nach internationalem, EU- und nationalem Recht nachzukommen und ein Mindestmaß an würdigem und sicherem Leben für Menschen, die in ihrem Land leben, zu garantieren. Das schließt auch Geflüchtete mit ein. Schritte, die eine vulnerable Gruppe in Obdachlosigkeit und Armut drängt, sind sofort zu unterlassen.
(RSA/tz)