04.08.2016
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Überall in Afghanistan kommt es zu Anschlägen und Angriffen durch Taliban oder den IS, wie hier in der Provinz Helmand. Foto: Reuters / Abdul Malik

Ein Bericht aus den USA spricht davon, dass nur noch zwei Drittel des Landes in den Händen der Regierung sei, Taliban-Kämpfer und Truppen des »Islamischen Staats« gewinnen immer mehr an Boden. Trotz der prekären Sicherheitslage plant Deutschland, in Zukunft verstärkt nach Afghanistan abzuschieben.

Von 407 Bezir­ken in Afgha­ni­stan sind bereits 36 »in der Gewalt oder unter dem Ein­fluss von Extre­mis­ten«, 104 wei­te­re sei­en »in Gefahr«. Das geht aus einem Bericht eines Auf­sichts­gre­mi­ums des US-Senats für die Auf­bau­hil­fe in Afgha­ni­stan an das Par­la­ment her­vor – und das ist wohl noch eine eher opti­mis­ti­sche Schät­zung, denn hier­bei han­delt es sich nicht um neu­tra­le Beob­ach­ter, son­dern um die in den USA zustän­di­ge Behör­de für den Wie­der­auf­bau des Lan­des.

In fast allen Lan­des­tei­len kommt es zu Anschlä­gen oder Gefech­ten, wie jüngs­te Mel­dun­gen über Kämp­fe im nord­af­gha­ni­schen Helm­and und der Pro­vinz Dsch­aus­dschan im Süden sowie über Anschlä­ge in Kabul zeigen.

Abschie­bun­gen nach Afgha­ni­stan bedeu­ten für die Betrof­fe­nen Abschie­bun­gen in lebens­ge­fähr­li­che Zustände!

In der Haupt­stadt wur­de ein Hotel, in dem mehr­heit­lich aus­län­di­sche Söld­ner unter­ge­bracht sind, von den Tali­ban atta­ckiert, eine Woche zuvor for­der­te schon ein IS-Anschlag, der vor allem der Bevöl­ke­rungs­grup­pe der Haza­ra galt, über 80 Tote. In der west­af­gha­ni­schen Stadt Herat, die eigent­lich als sicher gilt, kam es eben­falls zu einem Tali­ban-Angriff, bei dem eine Grup­pe aus­län­di­scher Tou­ris­ten beschos­sen wurde.

Über 5.000 zivile Opfer im ersten Halbjahr 2016

Mehr als 5.100 Zivilist*innen wur­den im ers­ten Halb­jahr 2016 Opfer der Kampf­hand­lun­gen und dabei ver­letzt oder gar getö­tet, berich­ten die Ver­ein­ten Natio­nen – vor allem Kin­der sind stark betrof­fen. Der trau­ri­ge Trend aus dem Vor­jahr setzt sich also unver­min­dert fort.

Seit Mona­ten ver­sucht die Bun­des­re­gie­rung trotz­dem, die gefähr­li­che Lage in Afgha­ni­stan klein­zu­re­den und hier leben­de Afghan*innen mit der Ankün­di­gung von Abschie­bun­gen zu ver­un­si­chern. Ins Bild passt da auch, dass afgha­ni­schen Flücht­lin­gen der Zugang zu Inte­gra­ti­ons­kur­sen wäh­rend des Asyl­ver­fah­rens ver­wei­gert wird, da sie »kei­ne gute Blei­be­per­spek­ti­ve« hätten.

Keine Abschiebungen nach Afghanistan!

Die Bun­des­re­gie­rung soll­te ihre Hal­tung drin­gend ändern und die des­in­te­gra­ti­ven Maß­nah­men gegen­über Afghan*innen been­den. Auf abseh­ba­re Zeit bleibt für vie­le Men­schen eine Rück­kehr in ihre Hei­mat wohl aus­ge­schlos­sen – und auch der Regie­rung muss bewusst sein: Abschie­bun­gen nach Afgha­ni­stan bedeu­ten für die Betrof­fe­nen Abschie­bun­gen in lebens­ge­fähr­li­che Zustände.