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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Foto: Max Klöckner

Ein homosexueller Syrer soll aus Griechenland in die Türkei abgeschoben werden – obwohl er dort von Schergen des Islamischen Staats bedroht wurde. Mit PRO ASYL kooperierende Anwälte haben dagegen nun einen Eilantrag vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eingereicht.

Gemein­sam mit einem lokal ansäs­si­gen grie­chi­schen Anwalt und dem grie­chi­schen Flücht­lings­rat brin­gen PRO ASYL – Anwäl­tin­nen das ers­te Mal einen Fall, der aus dem EU-Tür­kei-Deal resul­tiert, vor den EGMR in Straß­burg. Damit soll eine Abschie­bung des Man­nes noch ver­hin­dert werden.

Vom IS zur Rück­kehr nach Syri­en aufgefordert

Der syri­sche Schutz­su­chen­de arbei­te­te in Syri­en in der Ölin­dus­trie. Nach­dem er in die Tür­kei geflo­hen war und eini­ge Jah­re dort leb­te, wur­de er am 25. März von Emis­sä­ren des IS in sei­ner Woh­nung in Istan­bul auf­ge­sucht. Sie for­der­ten ihn auf, sofort nach Syri­en zurück­zu­keh­ren und dort für den IS in der Ölför­de­rung zu arbei­ten. Der Schutz­su­chen­de floh Hals über Kopf mit einem Sprung aus sei­nem Küchen­fens­ter und bestieg kurz spä­ter ein Boot in Rich­tung Grie­chen­land. Er erreich­te Les­bos am 29. März.

Auch auf­grund sei­ner Homo­se­xua­li­tät ist er in der Tür­kei gefähr­det – das Land ist gemäß ILGA Euro­pe eines der Län­der in Euro­pa und Umge­bung, in denen Homo­se­xu­el­le den meis­ten Pro­ble­men und Gefah­ren aus­ge­setzt sind.

Asylantrag in Griechenland für unzulässig erklärt

Nach der Befra­gung durch das Euro­pean Asyl­um Sup­port Office (EASO) am 6. Mai wur­de sein Asyl­an­trag in Grie­chen­land jedoch für unzu­läs­sig erklärt. Eine Prü­fung der Flucht­grün­de ist somit nicht erfolgt. Auch die grie­chi­sche Beru­fungs­in­stanz ent­schied ohne wei­te­re Sach­ver­halts­auf­klä­rung auf Abschie­bung in die Tür­kei. Der Schutz­su­chen­de ist gegen­wär­tig auf Les­bos in Haft.

PRO ASYL führt mit grie­chi­schen und tür­ki­schen Anwäl­tin­nen und Men­schen­recht­lern das Refu­gee Sup­port Pro­gram Aege­an (RSPA) durch. In die­sem Kon­text haben grie­chi­sche Rechts­an­wäl­te nun Kla­ge vor dem EGMR ein­ge­reicht, um die Abschie­bung in die Tür­kei noch zu stoppen.

EU-Türkei-Deal ist verantwortlich für schwere Menschenrechtsverletzungen

Der EU-Tür­kei-Deal hat ein men­schen­recht­li­ches Desas­ter in der Ägä­is ver­ur­sacht: Auch tau­sen­de ande­re Flücht­lin­ge sind der­zeit unter kata­stro­pha­len Bedin­gun­gen in Haft­la­gern auf den grie­chi­schen Inseln ein­ge­sperrt. Zugang zu einem Asyl­ver­fah­ren unter rechts­staat­li­chen Maß­stä­ben erhal­ten sie nicht.

Unlängst hat aber selbst eine grie­chi­sche Beru­fungs­in­stanz die Abschie­bung von Syrern in die Tür­kei gestoppt, da das Land kein „siche­rer Dritt­staat“ sei. Auch vor die­sem Hin­ter­grund darf die Abschie­bung des vom IS bedroh­ten Syrers kei­nen Bestand haben.