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UN-Arbeitsgruppe kritisiert deutsche Abschiebungshaft

Die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zu willkürlicher Inhaftierung kritisiert Deutschland, ausreisepflichtige Menschen leichtfertig in Haft zu nehmen. Auch das Flughafenverfahren wird im Bericht der Arbeitsgruppe kritisiert.
Dass Abschiebungshaft in Deutschland unverhältnismäßig angewandt und dass das sogenannte „Flughafenverfahren“ – ein Asylschnellverfahren im Flughafentransit – rechtsstaatliche Standards verletzt, wird von PRO ASYL, Menschenrechtsorganisationen und Flüchtlingsinitiativen in Deutschland immer wieder kritisiert. So kritisch sieht auch das UN-Gremium zu willkürlichen Inhaftierung die deutsche Abschiebungshaft und das Flughafenverfahren.
Die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zu willkürlicher Inhaftierung unter Leitung des senegalesischen Richters El Hadji Malick Sow traf in Berlin, Hamburg und Baden-Württemberg mit Vertretern des Bundes und der Länder sowie von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen zusammen und besuchte mehrere Hafteinrichtungen. In Ihrem Bericht stellt sie unter anderem fest, dass die Inhaftierung von minderjährigen Flüchtlingen nicht mit dem Kindeswohl zu vereinbaren sei.
Ein Großteil der derzeit in Abschiebungshaft festgehaltenen Menschen sind Asylsuchende, die im Rahmen der europäischen Asylzuständigkeitsregelung (Dublin-II-Verordnung) in einen anderen EU-Staat abgeschoben werden sollen. Die Betroffenen können bis zu 18 Monaten in Abschiebungshaft genommen werden. Die Arbeitsgruppe fordert Deutschland auf, Alternativen zur Verhängung von Abschiebungshaft zu suchen.
Das derzeit vor allem am Frankfurter Flughafen praktizierte Asylschnellverfahren wird im vorliegenden UN-Bericht scharf kritisiert. In diesem Verfahren wird die Entscheidung über einen Asylantrag, die normalerweise Monate in Anspruch nimmt, innerhalb von zwei Tagen durch das zuständige Bundesamt gefällt. Der Asylantragsteller hat hiernach lediglich eine Frist von wenigen Tagen, um Rechtsmittel gegen einen abgelehnten Asylantrag einzulegen und somit kaum eine Möglichkeit, seine Abschiebung auf rechtlichem Wege zu verhindern. Diese vom Bundesverfassungsgericht für grundrechtskonform gehaltene Frist ist nach Meinung der Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zu kurz.
Zur Pressemitteilung des Jesuitenflüchtlingsdienstes (PDF)
Zum Bericht der UN-Arbeitsgruppe (PDF, engl.)
Auszugsweise Arbeitsübersetzung des Berichts der Arbeitsgruppe (PDF)
Informationen zu Abschiebungshaft in Deutschland
Abschiebungsgewahrsam Eisenhüttenstadt: Mindestens vier Inhaftierte im Hungerstreik (17.07.13)
Abschiebungshaft: Zu schnell, zu oft, zu lange (13.09.12)
Hauptsache, der Knast steht schon – Schildbürgerstreich am neuen Berliner Flughafen (09.08.12)
Protest gegen Flughafen-Asylverfahren immer breiter (19.03.12)