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Nach Lampedusa: EU-Kommission recycelt flüchtlingsfeindliche Vorschläge

Bei ihrem Treffen in Brüssel beraten die EU-Innenmininister heute Vorschläge der EU-Kommission mit dem Titel „Lampedusa und die Folgen“. Das vorgeschlagene Maßnahmenpaket sieht vor allem vor, die Abwehr von Flüchtlingen an Transitstaaten zu delegieren. Die Vorschläge werden das Sterben von Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen nicht beenden – im Gegenteil.
Nach den Katastrophen vor Lampedusa mit mehreren Hundert Toten war die Betroffenheit groß. Derartiges dürfe sich nicht wiederholen, hieß es seitens vieler Akteure der EU-Politik. Die EU richtete eine „Task Force“ ein, die Vorschläge zur Verhinderung solcher Katastrophen unterbreiten sollte. Die erarbeiteten Vorschläge, die die EU-Kommission heute den EU-Innenministern unterbreitet, sind jedoch alles andere als geeignet, das Leben und die Menschenrechte von Flüchtlingen zu schützen, sie recyclen allein sämtliche flüchtlingsfeindlichen Pläne der letzten Dekade.
Die Vorschläge sind daher alles andere als überraschend. So sollen Transitstaaten Schutzsuchende vom Territorium der Europäischen Union fernhalten. Die auf finanzielle Hilfen und wirtschaftliche Kooperation angewiesenen Staaten Nordafrikas werden noch stärker in die europäische Abschottungspolitik eingebunden: Tunesien und Marokko haben sich in Kooperationsabkommen (sogenannte Mobilitätspartnerschaften) zur vorverlagerten Grenzsicherung der EU-Staaten verpflichtet. Abkommen mit Libyen, Ägypten und Algerien sollen folgen.
Gestern willigte die Türkei in ein sogenanntes Rückübernahmeabkommen mit der EU ein, das es den EU-Staaten erlaubt, Schutzsuchende, die über die Türkei nach Europa eingereist sind, dorthin zurückzuschicken. Ankara erkauft damit den eigenen Staatsbürgern einen privilegierten Zugang zur Festung Europa.
Die Strategie der EU zielt darauf, sich von der Verantwortung freizukaufen, Flüchtlingen Schutz zu gewähren. Zynischerweise verkauft die EU- Innenkommissarin Malmström dieses Kompendium als Beitrag, um den „Verlust von Leben im Mittelmeer“ zu verhindern. Als Humanitäres Blendwerk dient dabei der Appell von EU-Kommissarin Cecilia Malmström an die EU-Staaten, mehr Resettlementplätze zu schaffen, über humanitäre Visa nachzudenken, die Seenotrettung nicht zu kriminalisieren.
Der EU-Rat Justiz und Inneres dürften den Vorschlag begrüßen. Denn die Hardliner in Europa wissen, dass die Richtung stimmt: Die Externaliserung der Flüchtlingsabwehr. Künftig werden die Orte der Menschenrechtsverletzungen und des Sterbens in die Transitstaaten Nordafrikas und in die Türkei verschoben.
Die Konsequenz: Flüchtlinge werden gezwungen, immer gefährlichere und teurere Fluchtwege zu suchen und weiterhin ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Von dieser europäischen Abschottungspolitik profitiert vor allem die kommerzielle Fluchthilfeindustrie – ihre Profitraten werden weiter steigen.
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