18.01.2012

Flücht­lin­ge, die ver­su­chen, über die Ukrai­ne nach Euro­pa zu gelan­gen, sind nicht nur mas­si­ven Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen aus­ge­setzt, son­dern fin­den sich auch in einem Sys­tem nahe­zu all­um­fas­sen­der Kor­rup­ti­on wie­der. Egal ob Ent­las­sung aus der Haft, die Aus­stel­lung von Papie­ren oder ein Bett in einem Flücht­lings­la­ger: All dies ist in der Ukrai­ne für Flücht­lin­ge ohne die Zah­lung von Bestechungs­gel­dern kaum zu haben. Selbst für die Hil­fe von Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen müs­sen Flücht­lin­ge häu­fig Schmier­geld zahlen.

Dies doku­men­tiert ein von PRO ASYL gemein­sam mit dem Bor­der Moni­to­ring Pro­ject Ukrai­ne (BMPU) her­aus­ge­ge­be­ner 34-sei­ti­ger Bericht mit dem Titel „You want to be free? You pay money!“. Ihm lie­gen eine mehr­jäh­ri­ge Recher­che in der Ukrai­ne und über hun­dert Inter­views mit Flücht­lin­gen zugrun­de. Die Ergeb­nis­se sind erschre­ckend: Wie ein roter Faden zieht sich das The­ma Kor­rup­ti­on durch die Bio­gra­fien nahe­zu aller Schutz­su­chen­den, die über die Ukrai­ne nach Euro­pa flo­hen bzw. dies versuchten.

Beson­ders skan­da­lös ist dies vor dem Hin­ter­grund, dass die EU seit Jah­ren die Ukrai­ne orga­ni­sa­to­risch wie finan­zi­ell dabei unter­stützt, ein Migra­ti­ons­sys­tem auf­zu­bau­en, das Flücht­lin­ge davon abhält, in die EU zu gelan­gen. Die Anrai­ner­staa­ten – allen vor­an Ungarn und die Slo­wa­kei – schie­ben seit Jah­ren sys­te­ma­tisch Flücht­lin­ge in die Ukrai­ne ab, ohne ihren Asyl­an­trag auch nur zu prü­fen. Die zuneh­men­de Aus­la­ge­rung des Flücht­lings­schut­zes der EU in die angren­zen­den Staa­ten ist es, die die im Bericht doku­men­tier­te Kor­rup­ti­on immens för­dert: Wenn Staa­ten wie die Ukrai­ne – wo Löh­ne und Gehäl­ter kaum aus­rei­chen, um das eige­ne Leben zu bestrei­ten – im Auf­trag der EU Flücht­lin­ge abhal­ten sol­len, ist es kaum ver­wun­der­lich, dass Schutz­su­chen­de dort der Kor­rup­ti­on aus­ge­setzt wer­den. Des­halb ist nicht nur der ukrai­ni­sche Staat auf­ge­for­dert, die Kor­rup­ti­on im ukrai­ni­schen Asyl­we­sen end­lich wirk­sam zu bekämpfen.

PRO ASYL und BMPU for­dern die ukrai­ni­schen Ermitt­lungs­be­hör­den auf, Kor­rup­ti­ons­fäl­le im Asyl­sys­tem kon­se­quent zu ahn­den. Zudem muss die Euro­päi­sche Uni­on als Part­ner und För­de­rer des ukrai­ni­schen Migra­ti­ons- und Asyl­sys­tems drin­gend Kon­troll­maß­nah­men gegen Kor­rup­ti­on ergrei­fen. Das­sel­be gilt für die Inter­na­tio­na­le Orga­ni­sa­ti­on für Migra­ti­on (IOM), das UN-Flücht­lings­kom­mis­sa­ri­at UNHCR und alle ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen, die mit Pro­jek­ten am Asyl­sys­tem in der Ukrai­ne betei­ligt sind oder mit ukrai­ni­schen Part­ner­or­ga­ni­sa­tio­nen zusam­men­ar­bei­ten. Flücht­lin­ge, die Opfer oder Zeu­gen von Kor­rup­ti­on wer­den, müs­sen die­se anzei­gen kön­nen, ohne die Rache der Täter fürch­ten zu müs­sen. Die sys­te­ma­ti­sche Erpres­sung von Schutz­su­chen­den in der Ukrai­ne muss been­det wer­den. Ins­be­son­de­re Ungarn und die Slo­wa­kei müs­sen end­lich damit auf­hö­ren, Flücht­lin­ge ille­gal in die Ukrai­ne abzuschieben.

Der aus­führ­li­che eng­lisch­spra­chi­ge Bericht fin­det sich hier

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zur Situa­ti­on von Flücht­lin­gen in der Ukraine

 Euro­pa finan­ziert Flücht­lings­ge­fäng­nis­se in der Ukrai­ne (17.02.15)

 UNHCR belegt Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen im unga­ri­schen Asyl­sys­tem (24.04.12)

 Hun­ger­streik: Soma­li­sche Flücht­lin­ge pro­tes­tie­ren gegen Haft in der Ukrai­ne (20.01.12)

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