Die Veröffentlichung der Asylstatistik 2013 hat der Bundesinnenminister zum Anlass für Zahleninterpretationen genommen, die ungenau und inakzeptabel sind.
Gestellt wurden 109.580 Asylerstanträge, eine Zahl, die überwiegend die Tatsache abbildet, dass sich in vielen Herkunftsstaaten von Asylsuchenden politische Verfolgung, Kriegs- und Bürgerkriegssituationen verstetigt haben. Die Zahl bewegt sich im Übrigen auch im Bereich langjähriger Mittelwerte. Minister de Maizière spricht in einer Pressemitteilung des BMI von der Problematik, fast 130.000 Asylbewerber angemessen unterzubringen. Ohne dies bagatellisieren zu wollen: Es waren fast 20.000 weniger, die neu ins Land kamen und erstmals einen Asylantrag stellten, so die Bundesamtsstatistik.
Originalton des Bundesinnenministers: „Wir brauchen schneller Klarheit darüber, wer tatsächlich schutzbedürftig ist und wer nicht, zumal nur knapp 14 Prozent der Anträge anerkannt wurden.“ Der erste Halbsatz ist richtig. Er verweist allerdings auf die über mehrere Jahre hinaus angewachsenen Bearbeitungsrückstände durch Planungsfehler und den schleppenden Aufbau von Personalkapazitäten. De Maizières zweiter Halbsatz enthält eine Halbwahrheit, was ihm durchaus bewusst gewesen sein dürfte: Anerkannt wurden nämlich nicht nur knapp 14 Prozent aller entschiedenen Anträge, sondern darüber hinaus wurde in 11,4 Prozent aller Fälle sogenannter subsidiärer Schutz wegen Folter, drohender Menschenrechtsverletzungen oder Bürgerkriegssituationen zwingend gewährt. Selbstverständlich zählen diese Bleibeberechtigten zu dem Personenkreis, den selbst der Bundesinnenminister als die „wirklich Schutzbedürftigen“ adressiert.
Versäumt wurde es auch, die sogenannten formellen Entscheidungen (29.705) aus der Anerkennungsquote heraus zu rechnen – entgegen der beim Bundesamt inzwischen oft üblichen Praxis. Formelle Entscheidungen sind solche, in denen über Flüchtlingsschutz und Abschiebungshindernisse inhaltlich nicht entschieden wird, meist, weil ein anderer EU-Staat im Rahmen der sogenannten Dublin-Verordnung für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Ohne diese formellen Entscheidungen liegt die Gesamtschutzquote bei annähernd 40 Prozent. Angesichts dieser Zahl hätte der Bundesinnenminister wohl darauf hinweisen müssen, wie groß die Zahl der Schutzbedürftigen und –berechtigten ist, die aktuell mit Fug und Recht Asyl suchen.
Man muss den Bürgerinnen und Bürgern erklären, dass die Flüchtlingszahlen in den nächsten Jahren vermutlich kontinuierlich hoch sein werden. Diese Tatsache darf aber nicht gegen das ausgespielt werden, was der Bundesinnenminister als „kluge Zuwanderung“ bezeichnet.
Die Zahl der unerledigten Verfahren liegt bei ca. 96.000. PRO ASYL fordert durch eine Aufstockung des Personals Asylverfahren zügig aber vor allem fair durchzuführen, sodass die Fluchtgründe ermittelt werden können und der Einzelfall gewürdigt wird.
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