20.01.2012

In der gest­ri­gen Bun­des­tags­de­bat­te zu den Anträ­gen der Oppo­si­ti­on zur Stär­kung der Kin­der­rech­te stell­ten sich die Regie­rungs­frak­tio­nen erneut gegen die voll­stän­di­ge Umset­zung der UN-Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on für Flücht­lings­kin­der. Spre­che­rin­nen der Uni­ons- und FDP-Frak­tio­nen lehn­ten die Auf­nah­me von Kin­der­rech­ten ins Grund­ge­setz ab und sahen bei der Stär­kung von Kin­der­rech­ten ins­be­son­de­re im Asyl- und Aus­län­der­recht kei­nen gesetz­ge­be­ri­schen Handlungsbedarf. 

„Es ist absurd, einer­seits die Vor­be­hal­te zur Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on zurück­zu­zie­hen und ande­rer­seits unver­än­dert an der restrik­ti­ven Poli­tik gegen­über Flücht­lings­kin­dern fest­zu­hal­ten,“ sag­te Marei Pel­zer, rechts­po­li­ti­sche Refe­ren­tin von PRO ASYL. 

Die schwarz-gel­be Bun­des­re­gie­rung hat­te im Jahr 2010 die aus­län­der­recht­li­chen Vor­be­hal­te zur UN-Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on zurück­ge­zo­gen und damit den Weg frei­ge­macht, aus­län­di­schen Kin­dern in Deutsch­land die vol­len Garan­tien der UN-Kon­ven­ti­on zuteil wer­den zu las­sen. Seit­dem ver­weist die Bun­des­re­gie­rung jedoch auf den feh­len­den gesetz­ge­be­ri­schen Handlungsbedarf. 

PRO AYL for­dert, dass die Bun­des­re­gie­rung end­lich ihre Ver­ant­wor­tung gegen­über Flücht­lings­kin­dern wahr­nimmt. Wenn Bun­des­ge­set­ze dafür ver­ant­wort­lich sind, dass Min­der­jäh­ri­ge nach wie vor in Asyl­ver­fah­ren bereits ab 16 Jah­ren wie Erwach­se­ne behan­delt wer­den oder aber dass sie in ihren Sozi­al- und Gesund­heits­leis­tun­gen mas­siv beschränkt wer­den, dann ist ein­deu­tig der Bund am Zuge. 

Miri­am Gruß von der FDP-Frak­ti­on stell­te in der gest­ri­gen Bun­des­tags­de­bat­te her­aus, dass es Sache der Län­der sei, die Situa­ti­on von Flücht­lings­kin­dern zu ver­bes­sern, so wie es ihre Par­tei zusam­men mit der CSU in Bay­ern getan habe. Die Baye­ri­sche Lan­des­re­gie­rung hat­te im letz­ten Jahr Flücht­lings­fa­mi­li­en den Aus­zug aus Sam­mel­un­ter­künf­ten unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen ermög­licht. Aus Sicht von PRO ASYL kann dies jedoch in kei­ner Wei­se als leuch­ten­des Vor­bild die­nen. Bay­ern war seit vie­len Jah­ren das Bun­des­land, in dem die Lager­pflicht gegen­über Flücht­lin­gen mit Abstand am strengs­ten durch­ge­setzt wur­de. Wenn hier nun eine leich­te Locke­rung der äußerst restrik­ti­ven baye­ri­schen Lan­des­po­li­tik vor­ge­nom­men wur­de, so kann dies nicht ernst­haft als Maß­stab für die vol­le Ver­wirk­li­chung der UN-Kin­der­rech­te her­an­ge­zo­gen werden. 

Aus Sicht von PRO ASYL muss die Man­gel­ver­sor­gung nach dem Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz, wel­ches der­zeit vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt über­prüft wird, end­lich been­det wer­den. Zudem müs­sen auch über 16-Jäh­ri­ge bis zu ihrer Voll­jäh­rig­keit im Asyl­ver­fah­ren wie Min­der­jäh­ri­ge behan­delt wer­den. Außer­dem bedarf es einer bun­des­ge­setz­li­chen Abschaf­fung der Lager­un­ter­brin­gung von Flücht­lin­gen. Die Fra­ge der Unter­brin­gung und Ver­sor­gung wird inzwi­schen in jedem Bun­des­land unter­schied­lich gehand­habt. Es darf jedoch nicht eine Fra­ge des geo­gra­phi­schen Zufalls sein, ob das Recht auf eine eigen­stän­di­ge Lebens­füh­rung und der Wah­rung der Pri­vat­sphä­re zuge­stan­den wird oder nicht.

Außer­dem muss das Kin­des­wohl­prin­zip im Asyl- und Aus­län­der­recht recht­lich fest­ge­schrie­ben wer­den. Zur Stär­kung der Kin­der­rech­te sieht die UN-Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on das Kin­des­wohl als Gesichts­punkt an, der vor­ran­gig zu berück­sich­ti­gen ist. 

In ihrem aktu­el­len Staa­ten­be­richt an den UN-Kin­der­rechts­aus­schuss hebt die Bun­des­re­gie­rung die Par­ti­zi­pa­ti­on von Kin­dern und Jugend­li­chen als tra­gen­des  Ele­ment in Gesell­schaft und Poli­tik und als Instru­ment zur För­de­rung demo­kra­ti­scher Über­zeu­gun­gen her­vor (BMFSFJ, Drit­ter und Vier­ter Staa­ten­be­richt, S. 27, Abs. 82). „Dies ver­schlei­ert, dass die Bun­des­re­gie­rung fak­tisch und prak­tisch restrik­ti­ven aus­gren­zen­den Bestim­mun­gen des Aus­län­der- und Asyl­rechts den Vor­zug gibt vor Kin­des­wohl, Betei­li­gung und Anhö­rung von Flücht­lings­kin­dern,“ sag­te Hei­ko Kauff­mann, Vor­stands­mit­glied von PRO ASYL.

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