25.10.2011
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Das Flüchtlingslager "Hal Far". In diesen Zelten wohnen Flüchtlinge teils mehrere Jahre

Karl Kopp, Europareferent von PRO ASYL, besuchte Flüchtlingslager auf Malta. Sein kurzer Bericht aus dem Lager „Hal Fars tent Camp“ vermittelt einen ungefähren Eindruck vom Elend der dort festgesetzten Flüchtlinge.

Hal Fars Tent Camp ist das ein­zi­ge offi­zi­el­le Zelt­la­ger für Flücht­lin­ge in der Euro­päi­schen Uni­on. Mit­te Febru­ar 2011 wur­den meh­re­re Zel­te durch Unwet­ter stark beschä­digt. Acht Mona­te spä­ter – jetzt ist es Mit­te Okto­ber 2011 – leben unter die­sen zer­ris­se­nen Pla­nen immer noch dut­zen­de Flücht­lin­ge und Asyl­su­chen­de. Als ich bei unse­rem ers­ten Besuch Mit­te Okto­ber den Lei­ter die­ses Lagers, Herrn Mario Cam­mi­le­ri, frag­te, war­um Flücht­lin­ge in einem euro­päi­schen Land in Zel­ten leben müs­sen, ant­wor­te­te die­ser süf­fi­sant: „Aus poli­ti­schen Gründen“.

Bei unse­rem erneu­ten Besuch am 16. Okto­ber 2011 stürmt es. Es reg­net auf die Matrat­zen, rie­si­ge Was­ser­la­chen bil­den sich in den Zel­ten. Es ist kalt, alles ist feucht oder durch­nässt. Hier leben aner­kann­te Flücht­lin­ge, Men­schen mit einem huma­ni­tä­ren Sta­tus, Asyl­su­chen­de und vor allem vie­le „Dub­li­ners“ – Flücht­lin­ge, die auf­grund der Dub­lin-II-Ver­ord­nung aus Deutsch­land, Schwe­den, Nor­we­gen und Groß­bri­tan­ni­en nach Mal­ta abge­scho­ben wur­den, weil Sie auf der Flucht nach Euro­pa zuerst hier gestran­det sind. In Mal­ta fris­ten sie ihr Leben unter elen­den Bedin­gun­gen – etwa im Zelt­la­ger „Hal Far“. Sie haben kaum Aus­sich­ten, die­ses Lager zu verlassen.

Das Elend in Hal Far ist nicht Aus­druck eines „Not­stands“, nicht wie häu­fig ange­führt, Kon­se­quenz einer angeb­li­chen Über­for­de­rung Mal­tas bezüg­lich der neu ankom­men­den Boots­flücht­lin­ge, son­dern es ist, wie der Lei­ter des Lagers andeu­tet, poli­tisch gewollt: Die demons­tra­ti­ve Bei­be­hal­tung unwür­di­ger Lebens­be­din­gun­gen in Lagern wie Hal Far und die lan­ge und unmensch­li­che Inhaf­tie­rung von neu ankom­men­den Boots­flücht­lin­ge sind inte­gra­ler Bestand­teil des Flücht­lings­pro­gramms der mal­te­si­schen Behör­den. Das Elend der Flücht­lin­ge fun­giert gegen­über den ande­ren EU-Staa­ten als Druck­mit­tel, von denen Mal­ta erwar­tet, dass sie dem Insel­staat Flücht­lin­ge abnehmen.

Auch wenn drin­gend gebo­ten ist, dass die in der Mit­te Euro­pas gele­ge­nen Staa­ten sich end­lich mit Staa­ten wie Mal­ta soli­da­risch zei­gen und mehr Flücht­lin­ge auf­neh­men, ver­stößt Mal­ta mit der sys­te­ma­ti­schen Ver­elen­dung von Schutz­su­chen­den gegen ele­men­ta­re Men­schen­rechts­stan­dards und gegen EU- Recht. Die EU darf der men­schen­un­wür­di­gen Poli­tik Mal­tas nicht län­ger zuse­hen. Dass Flücht­lin­gen aus ande­ren EU-Staa­ten – auch aus Deutsch­land – wei­ter­hin in die unwür­di­gen Lebens­be­din­gun­gen nach Mal­ta abge­scho­ben wer­den, ist ein Skan­dal, der been­det wer­den muss.

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