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Verelendung mit Methode
Karl Kopp, Europareferent von PRO ASYL, besuchte Flüchtlingslager auf Malta. Sein kurzer Bericht aus dem Lager „Hal Fars tent Camp“ vermittelt einen ungefähren Eindruck vom Elend der dort festgesetzten Flüchtlinge.
Hal Fars Tent Camp ist das einzige offizielle Zeltlager für Flüchtlinge in der Europäischen Union. Mitte Februar 2011 wurden mehrere Zelte durch Unwetter stark beschädigt. Acht Monate später – jetzt ist es Mitte Oktober 2011 – leben unter diesen zerrissenen Planen immer noch dutzende Flüchtlinge und Asylsuchende. Als ich bei unserem ersten Besuch Mitte Oktober den Leiter dieses Lagers, Herrn Mario Cammileri, fragte, warum Flüchtlinge in einem europäischen Land in Zelten leben müssen, antwortete dieser süffisant: „Aus politischen Gründen“.
Bei unserem erneuten Besuch am 16. Oktober 2011 stürmt es. Es regnet auf die Matratzen, riesige Wasserlachen bilden sich in den Zelten. Es ist kalt, alles ist feucht oder durchnässt. Hier leben anerkannte Flüchtlinge, Menschen mit einem humanitären Status, Asylsuchende und vor allem viele „Dubliners“ – Flüchtlinge, die aufgrund der Dublin-II-Verordnung aus Deutschland, Schweden, Norwegen und Großbritannien nach Malta abgeschoben wurden, weil Sie auf der Flucht nach Europa zuerst hier gestrandet sind. In Malta fristen sie ihr Leben unter elenden Bedingungen – etwa im Zeltlager „Hal Far“. Sie haben kaum Aussichten, dieses Lager zu verlassen.
Das Elend in Hal Far ist nicht Ausdruck eines „Notstands“, nicht wie häufig angeführt, Konsequenz einer angeblichen Überforderung Maltas bezüglich der neu ankommenden Bootsflüchtlinge, sondern es ist, wie der Leiter des Lagers andeutet, politisch gewollt: Die demonstrative Beibehaltung unwürdiger Lebensbedingungen in Lagern wie Hal Far und die lange und unmenschliche Inhaftierung von neu ankommenden Bootsflüchtlinge sind integraler Bestandteil des Flüchtlingsprogramms der maltesischen Behörden. Das Elend der Flüchtlinge fungiert gegenüber den anderen EU-Staaten als Druckmittel, von denen Malta erwartet, dass sie dem Inselstaat Flüchtlinge abnehmen.
Auch wenn dringend geboten ist, dass die in der Mitte Europas gelegenen Staaten sich endlich mit Staaten wie Malta solidarisch zeigen und mehr Flüchtlinge aufnehmen, verstößt Malta mit der systematischen Verelendung von Schutzsuchenden gegen elementare Menschenrechtsstandards und gegen EU- Recht. Die EU darf der menschenunwürdigen Politik Maltas nicht länger zusehen. Dass Flüchtlingen aus anderen EU-Staaten – auch aus Deutschland – weiterhin in die unwürdigen Lebensbedingungen nach Malta abgeschoben werden, ist ein Skandal, der beendet werden muss.
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