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Protestbanner gegen die Auslieferung von Turgut Kaya. Bild: RSA

Turgut Kaya ist ein politischer Aktivist & Journalist aus der Türkei. Dort wurde er Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen. Er ist nach Griechenland geflohen, doch nun droht ihm die Auslieferung. Marianna Tzeferakou von RSA/PRO ASYL vertritt Kaya rechtlich. Sie fordert die Aussetzung der Auslieferung & den Zugang zu einem fairen Asylverfahren.

+++ Update vom 6. August 2018: Tur­gut Kaya wur­de mitt­ler­wei­le als Flücht­ling aner­kannt. Sei­ne Aus­lie­fe­rung wur­de aus­ge­setzt. Am 31. Juli konn­te Kaya die Haft­an­stalt verlassen. +++

Seit den 1990er Jah­ren ist Tur­gut Kaya in der Tür­kei poli­tisch aktiv. Er ist einer der bekann­tes­ten lin­ken, pro-kur­di­schen Akti­vis­ten und ver­tritt sei­ne poli­ti­schen Mei­nun­gen öffent­lich. In der Ver­gan­gen­heit wur­de er bereits mehr­fach auf­grund sei­ner Akti­vi­tä­ten ver­haf­tet. Zuletzt befand er sich sechs Jah­re in Unter­su­chungs­haft. Der Vor­wurf lau­te­te wie so oft: Mit­glied einer ter­ro­ris­ti­schen Ver­ei­ni­gung. Als Grund­la­ge die­nen Anti-Ter­ror-Geset­ze, mit denen das tür­ki­sche Regime gegen Regie­rungs­kri­ti­ker vor­geht. Die Unrecht­mä­ßig­keit die­ses Frei­heits­ent­zugs wur­de vom Euro­päi­schen Gerichts­hof für Men­schen­rech­te bestä­tigt. Da Kaya erneut um sei­ne Sicher­heit und Frei­heit fürch­ten muss­te, ent­schied er sich zur Flucht.

Politische Verfolgung in der Türkei

Über den Fluss Evros gelang­te er am 25.02.18 nach Grie­chen­land und stell­te dort einen Asyl­an­trag. Auf­grund eines Inter­pol-Haft­be­fehls wur­de er fest­ge­nom­men und die Tür­kei bean­trag­te sei­ne Aus­lie­fe­rung. Bevor das zustän­di­ge Gericht in Thra­ki­en über sei­nen Fall ent­schied, bean­trag­te Kaya eine Ver­schie­bung des Pro­zes­ses. Er benö­tig­te Zeit, um Bewei­se sam­meln zu kön­nen, die zei­gen, dass er in der Tür­kei poli­tisch ver­folgt wird und er Opfer von Fol­ter und juris­ti­scher Will­kür wur­de. Der Antrag wur­de abge­lehnt und das Gericht ord­ne­te Kayas Aus­lie­fe­rung an.

Trotz der ein­deu­ti­gen Beweis­la­ge ent­schied sich das Gericht dazu, die Bewei­se ent­we­der zu igno­rie­ren oder mit ver­fah­rens­tech­ni­schen Ver­wei­sen abzutun.

Kaya und sei­ne Anwäl­tin­nen brach­ten den Fall vor den Obers­ten Gerichts­hof. Sie leg­ten dem Gericht zahl­rei­che Zei­tungs­ar­ti­kel und Ver­öf­fent­li­chun­gen vor, die sei­ne regie­rungs­kri­ti­sche und pro­kur­di­sche Ein­stel­lung bele­gen. Der Her­aus­ge­ber eini­ger sei­ner Tex­te bestä­tig­te Kayas jour­na­lis­ti­sche Arbeit. Exper­ten des grie­chi­schen Flücht­lings­rats erstell­ten ein Zer­ti­fi­kat, in dem bestä­tigt wird, dass Kaya Opfer von Fol­ter wur­de. Dem Gericht sind dar­über hin­aus diver­se Berich­te von euro­päi­schen und inter­na­tio­na­len Insti­tu­tio­nen und von Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen zugäng­lich, die die desas­trö­se Lage der Men­schen­rech­te in der Tür­kei dokumentieren.

Nachweise werden ignoriert

Trotz der ein­deu­ti­gen Beweis­la­ge ent­schied sich das Gericht dazu, die Bewei­se ent­we­der zu igno­rie­ren oder mit dem ver­fah­rens­tech­ni­schen Ver­weis abzu­tun, dass Kaya die­se schon in Thra­ki­en hät­te vor­brin­gen müs­sen. Sie gin­gen sogar so weit, Kaya zu unter­stel­len, er behaup­te nur Jour­na­list zu sein, um von der der­zei­ti­gen Ver­fol­gung von Jour­na­lis­ten in der Tür­kei zu pro­fi­tie­ren. Am 30.05.18 urteil­te das Obers­te Gericht, dem Aus­lie­fe­rungs­ge­such der Tür­kei nach­zu­kom­men. Ein Prä­ze­denz­fall, denn bis­her wur­de in ähn­li­chen Fäl­len, auch vom Obers­ten Gerichts­hof, gegen eine Aus­lie­fe­rung ent­schie­den. Seit­dem befin­det sich Kaya im Hun­ger­streik. Da sich sein Zustand zuneh­mend ver­schlech­tert, ist er mitt­ler­wei­le sta­tio­när im Krankenhaus.

Bei einer Aus­lie­fe­rung dro­hen Kaya erneut Haft und Folter

Free Turgut Kaya!

Kaya steht auf einer Ter­ror­lis­te des tür­ki­schen Innen­mi­nis­te­ri­ums. Bei einer Aus­lie­fe­rung ist zu befürch­ten, dass er durch tür­ki­sche Behör­den ver­hört wird und erneut gefol­tert wird. Auch muss davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass er im Fall sei­ner Rück­kehr erneut ohne Aus­sicht auf einen fai­ren Pro­zess in Unter­su­chungs­haft genom­men wird. Mari­an­na Tze­fera­kou, Anwäl­tin von RSA / PRO ASYL, ist der Mei­nung »der Obers­te Gerichts­hof hät­te ange­sichts der fun­da­men­ta­len Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen, die Kaya in der Tür­kei dro­hen, den Fall noch­mals kom­plett neu unter­su­chen müs­sen.« Sie wünscht sich nun eine kla­re Bot­schaft des grie­chi­schen Jus­tiz­mi­nis­ters, dass Aus­lie­fe­run­gen unter sol­chen Umstän­den nicht statt­fin­den werden.

PRO ASYL und RSA for­dern Kayas sofor­ti­ge Frei­las­sung und den Zugang zu einem fai­ren Asylverfahren

RSA und PRO ASYL for­dern Tur­gut Kaya sofort frei­zu­las­sen und ihn nicht aus­zu­lie­fern. Statt­des­sen muss er Zugang zu einem fai­ren Asyl­ver­fah­ren erhal­ten, das sei­ner Vul­nerabi­li­tät als Fol­ter­op­fer Rech­nung trägt.

Gemein­sam mit dem Grie­chi­schen Flücht­lings­rat hat RSA eine Pres­se­er­klä­rung zu dem Fall und dem Urteil ver­öf­fent­licht. Die eng­li­sche Ver­si­on fin­den Sie hier.

(dm/RSA)