Heute wurde im Kabinett eine Verschärfung des Asyl- und Ausweisungsrechts beschlossen. Gegen diese geplanten Verschärfungen gibt es gravierende völker- und verfassungsrechtliche Einwände.

Mit dem geplan­ten Gesetz will die Bun­des­re­gie­rung die Kri­te­ri­en für Aus­wei­sun­gen und Abschie­bun­gen neu fas­sen. Völ­ker­recht­lich bedenk­lich ist, dass bei Vor­lie­gen bestimm­ter Straf­ta­ten dann auch Flücht­lin­ge im Sin­ne der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on in ihre Her­kunfts­staa­ten abge­scho­ben wer­den kön­nen. Sie sol­len, trotz dro­hen­der Ver­fol­gung, von der Aner­ken­nung als Flücht­ling aus­ge­schlos­sen werden.

Ent­zug des Schutz­sta­tus trotz dro­hen­der Verfolgung?

Dies soll dann gel­ten, wenn eine Per­son eine Gefahr für die All­ge­mein­heit bedeu­tet, weil sie wegen „einer oder meh­re­rer vor­sätz­li­cher Straf­ta­ten gegen das Leben, die kör­per­li­che Unver­sehrt­heit, die sexu­el­le Selbst­be­stim­mung, das Eigen­tum oder wegen Wider­stands gegen Voll­stre­ckungs­be­am­te rechts­kräf­tig zu einer Frei­heits- oder Jugend­stra­fe ver­ur­teilt wor­den ist, …“ (§ 60 Abs. 8 AufenthG).
Die Kon­se­quenz die­ser Rege­lung ist, dass Ver­folg­te kei­nen Schutz­sta­tus mehr erhal­ten oder bestehen­de Aner­ken­nun­gen gar ent­zo­gen wer­den kön­nen.  Die Men­schen kön­nen dann abge­scho­ben wer­den – auch in Ver­fol­ger­staa­ten, in denen ihnen schwe­re Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen dro­hen. Das ist mit dem Grund­ge­setz und der Men­schen­wür­de nicht vereinbar.

Geplan­tes Gesetz steht nicht im Ein­klang mit der Gen­fer Flüchtlingskonvention

Die geplan­te Rege­lung ver­stößt zudem gegen die Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on (GFK). Zwar erlaubt die­se als ulti­ma ratio eine Abschie­bung von Flücht­lin­gen, wenn von die­sen eine All­ge­mein­ge­fahr oder Gefahr für die Sicher­heit eines Lan­des aus­geht (Art. 33 Abs. 2 GFK). Aller­dings darf der Flücht­lings­sta­tus nicht ent­zo­gen werden.

Dem abschie­ben­den Staat soll deut­lich vor Augen ste­hen, um was für eine Per­son es sich han­delt: Denn der Straf­tä­ter ist zugleich Flücht­ling und ihm dro­hen Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen im Her­kunfts­land. Abschie­bun­gen sol­len des­halb nach der GFK nur bei fort­be­stehen­den gra­vie­ren­den Gefah­ren für die All­ge­mein­heit oder Sicher­heit zuläs­sig sein.

Dro­hen­de Ver­fol­gung wird bei der Prü­fung außen vor gelassen

Hier­ge­gen hilft dann nur noch der Schutz der Euro­päi­schen Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on (EMRK), nach der das Ver­bot der Abschie­bung in die Fol­ter abso­lut gilt (Art. 3 EMRK): Droht Fol­ter oder eine unmensch­li­che oder ernied­ri­gen­de Behand­lung oder Bestra­fung im Her­kunfts­staat, darf kei­ne Abschie­bung erfolgen.

Die nun geplan­te Ver­schär­fung kann jedoch dazu füh­ren, dass das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge (BAMF) erst gar nicht mehr fest­stellt, ob es sich beim Antrag­stel­ler um einen Flücht­ling han­delt. Die betrof­fe­ne Per­son wird dann als offen­sicht­lich unbe­grün­det abge­lehnt und es kommt zur Abschie­bung. Es steht zu befürch­ten, dass dro­hen­de Ver­fol­gung oder Fol­ter bei der Prü­fung nicht mehr ins Gewicht fal­len und trotz­dem abge­scho­ben wir, die zu nicht akzep­ta­blen Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen füh­ren. Auch die Durch­set­zung des Abschie­be­ver­bots der EMRK auf­grund dro­hen­der Fol­ter wird dann schwer, wenn das BAMF den Asyl­an­trag vor­her als „offen­sicht­lich unbe­grün­det“ abge­lehnt hat.

Köln: Reflex­ar­ti­ge Geset­zes­ver­schär­fun­gen len­ken von Behör­den­ver­sa­gen ab  (11.01.16)