11.01.2016

Nach den massiven Übergriffen in der Silvesternacht ist es wichtig, die frauenverachtenden Straftaten schnell und umfassend aufzuklären und sich auf die Strafverfolgung der Täter zu konzentrieren. Stattdessen wird an vielen Stellen reflexartig über neuerliche Gesetzesverschärfungen diskutiert.

An ver­schie­de­nen Orten kam es an Sil­ves­ter zu ver­ab­scheu­ungs­wür­di­gen Über­grif­fen auf Frau­en, an denen offen­bar auch Asyl­be­wer­ber betei­ligt waren. Nun muss alles getan wer­den, um die Gescheh­nis­se auf­zu­klä­ren und die Täter ding­fest zu machen. Denn die bis­her ver­öf­fent­lich­ten Ermitt­lungs­er­geb­nis­se offen­ba­ren: In der Sil­ves­ter­nacht hat der Staat beim Schutz sei­ner Bür­ge­rin­nen ver­sagt. Jetzt nach einer Ver­schär­fung bestehen­der Geset­ze zu rufen, stellt ein Ablen­ken von den Feh­lern der Behör­den dar.

Neu­es Aus­wei­sungs­recht seit 1. Janu­ar in Kraft

Der Ruf nach einer Ver­schär­fung des Aus­wei­sungs- und Abschie­bungs­recht ist die fal­sche Ant­wort auf die schreck­li­chen Über­grif­fe. Immer neue Ver­schär­fun­gen hel­fen nicht wei­ter, wenn ganz offen­sicht­lich die Poli­zei bei der Anwen­dung des gel­ten­den Rechts über­for­dert war. Die Ver­ant­wort­li­chen müs­sen das Ver­sa­gen bei der Gefah­ren­ab­wehr auf­klä­ren und Kon­se­quen­zen dar­aus ziehen.

Das neue Aus­wei­sungs­recht, das an eini­gen Stel­len die erleich­ter­te Aus­wei­sung von Straf­tä­tern vor­sieht, ist erst am 1. Janu­ar 2016 in Kraft getre­ten. Dort wur­de u.a. das erfor­der­li­che Straf­maß für Aus­wei­sung von drei Jah­ren (zwin­gen­de Aus­wei­sung) bzw. zwei Jah­ren (Aus­wei­sung im Regel­fall) auf zwei Jah­re bzw. ein Jahr her­ab­ge­setzt (§ 54 Auf­enthG-neu).  Es ist mit rechts­staat­li­chen Grund­sät­zen nicht ver­ein­bar, nach immer mehr Geset­zes­ver­schär­fun­gen zu rufen, obwohl das bestehen­de Recht noch gar nicht zur Anwen­dung gekom­men ist.

Inter­na­tio­na­les Recht beachten

PRO ASYL weist dar­auf hin, dass auch für Straf­tä­ter men­schen­recht­li­che Garan­tien zu beach­ten sind. Das inter­na­tio­na­le Recht ver­bie­tet die Abschie­bung von Straf­tä­tern, wenn ihnen im Her­kunfts­land schwer­wie­gen­de Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen dro­hen. Besteht im Her­kunfts­land die Gefahr von Fol­ter, so darf die betrof­fe­ne Per­son auf­grund des abso­lu­ten Fol­ter­ver­bots gem. Art. 3 EMRK auf kei­nen Fall in die­ses Land abge­scho­ben werden.

Die Mit­tel des Straf­rechts müs­sen kon­se­quent aus­ge­schöpft wer­den. Abschie­bung in die Fol­ter ist kein pro­ba­tes Mit­tel, um recht­staat­lich auf Straf­ta­ten, sei­en sie noch so abscheu­lich, zu reagieren.

Anhang: Aus­wei­sungs­recht und Flücht­lin­ge – Über­blick zur Rechts­la­ge (pdf)

Neu­es Aus­wei­sungs­recht: Dro­hen Abschie­bun­gen in Fol­ter­staa­ten? (27.01.16)