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Köln: Reflexartige Gesetzesverschärfungen lenken von Behördenversagen ab

Nach den massiven Übergriffen in der Silvesternacht ist es wichtig, die frauenverachtenden Straftaten schnell und umfassend aufzuklären und sich auf die Strafverfolgung der Täter zu konzentrieren. Stattdessen wird an vielen Stellen reflexartig über neuerliche Gesetzesverschärfungen diskutiert.
An verschiedenen Orten kam es an Silvester zu verabscheuungswürdigen Übergriffen auf Frauen, an denen offenbar auch Asylbewerber beteiligt waren. Nun muss alles getan werden, um die Geschehnisse aufzuklären und die Täter dingfest zu machen. Denn die bisher veröffentlichten Ermittlungsergebnisse offenbaren: In der Silvesternacht hat der Staat beim Schutz seiner Bürgerinnen versagt. Jetzt nach einer Verschärfung bestehender Gesetze zu rufen, stellt ein Ablenken von den Fehlern der Behörden dar.
Neues Ausweisungsrecht seit 1. Januar in Kraft
Der Ruf nach einer Verschärfung des Ausweisungs- und Abschiebungsrecht ist die falsche Antwort auf die schrecklichen Übergriffe. Immer neue Verschärfungen helfen nicht weiter, wenn ganz offensichtlich die Polizei bei der Anwendung des geltenden Rechts überfordert war. Die Verantwortlichen müssen das Versagen bei der Gefahrenabwehr aufklären und Konsequenzen daraus ziehen.
Das neue Ausweisungsrecht, das an einigen Stellen die erleichterte Ausweisung von Straftätern vorsieht, ist erst am 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Dort wurde u.a. das erforderliche Strafmaß für Ausweisung von drei Jahren (zwingende Ausweisung) bzw. zwei Jahren (Ausweisung im Regelfall) auf zwei Jahre bzw. ein Jahr herabgesetzt (§ 54 AufenthG-neu). Es ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar, nach immer mehr Gesetzesverschärfungen zu rufen, obwohl das bestehende Recht noch gar nicht zur Anwendung gekommen ist.
Internationales Recht beachten
PRO ASYL weist darauf hin, dass auch für Straftäter menschenrechtliche Garantien zu beachten sind. Das internationale Recht verbietet die Abschiebung von Straftätern, wenn ihnen im Herkunftsland schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen drohen. Besteht im Herkunftsland die Gefahr von Folter, so darf die betroffene Person aufgrund des absoluten Folterverbots gem. Art. 3 EMRK auf keinen Fall in dieses Land abgeschoben werden.
Die Mittel des Strafrechts müssen konsequent ausgeschöpft werden. Abschiebung in die Folter ist kein probates Mittel, um rechtstaatlich auf Straftaten, seien sie noch so abscheulich, zu reagieren.
Anhang: Ausweisungsrecht und Flüchtlinge – Überblick zur Rechtslage (pdf)
Neues Ausweisungsrecht: Drohen Abschiebungen in Folterstaaten? (27.01.16)