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Eine syrische Familie in einer Unterkunft in Köln. Statt Flüchtlingsschutz bekommen immer mehr syrische Flüchtlinge nur den subsidiären Status gewährt - und der bedeutet zwei Jahre Wartezeit auf einen Antrag auf Familiennachzug. Archivbild: UNICEF / Etges

Im Jahr 2015 haben syrische AsylbewerberInnen fast ausschließlich Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention erhalten. Dies ändert sich nun: PRO ASYL erreichen immer mehr BAMF-Bescheide und sogar Gerichtsurteile, die auf subsidiären Schutz entscheiden - mit fatalen Folgen für die Schutzsuchenden.

Die hohe Aner­ken­nungs­quo­te von syri­schen Asyl­su­chen­den als Flücht­lin­ge im Sin­ne der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on (GFK) hat­te vor allem einen Grund: Vie­le Ober­ver­wal­tungs­ge­rich­te zwan­gen das BAMF Ende 2014, den GFK-Schutz aus­zu­spre­chen, da syri­sche Rück­keh­rer mit indi­vi­du­el­ler Ver­fol­gung durch das Assad-Regime zu rech­nen haben. Das BAMF ent­schied über ihre Anträ­ge des­we­gen in einem beschleu­nig­ten Schriftverfahren.

Auf Anord­nung von Innen­mi­nis­ter Tho­mas de Mai­ziè­re (CDU) wur­de die­ses Ver­fah­ren been­det: Jeder syri­sche Asyl­an­trag wird wie­der indi­vi­du­ell mit Anhö­rung geprüft und ver­stärkt soll der sub­si­diä­re Schutz zuge­spro­chen wer­den. Bereits im April 2016 stieg die Zahl von sub­si­diä­ren Schutz­ent­schei­dun­gen bei Syre­rIn­nen an:  Von den knapp 21.000 Ent­schei­dun­gen, die zu Syrer*innen getrof­fen wur­den, beka­men knapp 3.500 sub­si­diä­ren Schutz – das ent­spricht einem Anteil von rund 16 Pro­zent. Im Gegen­satz dazu haben im Jahr 2015 ins­ge­samt nur 0,6 Pro­zent aller Asyl­su­chen­den in Deutsch­land sub­si­diä­ren Schutz erhal­ten, bei syri­schen Flücht­lin­gen war es sogar nur 0,1 Pro­zent. Der Trend ist also ein­deu­tig. In einem aktu­el­len rechts­po­li­ti­schen Papier erläu­tert PRO ASYL die geän­der­te Ent­schei­dungs­pra­xis des BAMF.

Was bedeutet subsidiärer Schutz?

Grund­sätz­lich ist der sub­si­diä­re Schutz eine sehr star­ke Schutz­form. Es gibt aber im Gegen­satz zum GFK-Schutz Unter­schie­de. So wird die Auf­ent­halts­er­laub­nis zunächst nur auf ein Jahr befris­tet. Das heißt aber nicht, dass sub­si­di­är Schutz­be­rech­tig­te dann abge­scho­ben wer­den. Ihre Auf­ent­halts­er­laub­nis wird unpro­ble­ma­tisch ver­län­gert. Auch haben sub­si­di­är Schutz­be­rech­tig­te vol­len Zugang zum Arbeits­markt und Anspruch auf Sozialleistungen.

PRO ASYL rät Syre­rIn­nen, sich stär­ker auf die Anhö­run­gen vorzubereiten.

Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte ausgesetzt

Doch durch das Asyl­pa­ket II gibt es einen sehr gra­vie­ren­den Unter­schied zu GFK-Flücht­lin­gen: Für sub­si­di­är Schutz­be­rech­tig­te ist der Fami­li­en­nach­zug für zwei Jah­re aus­ge­setzt. Dies betrifft nach § 104 Abs. 13 Auf­ent­halts­ge­setz alle Per­so­nen, die nach dem 17. März 2016 einen sub­si­diä­ren Schutz zuer­kannt bekom­men haben und gilt bis zum 16. März 2018.

SyrerInnen müssen sich stärker auf ihre Anhörungen vorbereiten

Nach Ansicht von PRO ASYL ist es sehr wich­tig, dass sich Syre­rIn­nen wie­der stär­ker auf ihre Anhö­run­gen vor­be­rei­ten. Auch die ehren­amt­li­chen Unter­stüt­zer und Ver­fah­rens­be­ra­ter soll­ten sich mit dem Pro­blem der neu­en Ent­schei­dungs­pra­xis auseinandersetzen.

PRO ASYL emp­fiehlt Asyl­su­chen­den, vor ihrer Anhö­rung auf jeden Fall eine Ver­fah­rens­be­ra­tung in Anspruch zu neh­men und im kon­kre­ten Ein­zel­fall zu klä­ren, wel­che Grün­de der Flucht­ge­schich­te rele­vant sind. Wich­tig ist, die indi­vi­du­el­len Flucht­grün­de anzu­ge­ben und gegen­über dem BAMF dar­zu­le­gen, aus wel­chen Grün­den Rück­keh­re­rIn­nen nach Syri­en mit Repres­sio­nen und Ver­fol­gung durch das syri­sche Regime zu rech­nen haben. Aus den Anhö­rungs­pro­to­kol­len und Beschei­den, die PRO ASYL vor­lie­gen, geht her­vor, dass vie­le Asyl­su­chen­den nicht alle asyl­re­le­van­ten Grün­de gegen­über dem BAMF vor­tra­gen – anschei­nend weil sie immer noch von einer fast 100%igen GFK-Aner­ken­nung als Qua­si-Auto­ma­tis­mus aus­ge­hen. Es gibt zudem Fäl­le, in denen das BAMF trotz des Vor­lie­gens von GFK-Flucht­grün­den auf sub­si­diä­ren Schutz ent­schei­det. Des­we­gen emp­fiehlt PRO ASYL auch allen, die sub­si­diä­ren Schutz erhal­ten, gericht­lich dage­gen vor­zu­ge­hen. Noch im Novem­ber 2015 hat das UN-Flücht­lings­hilfs­werk dar­ge­legt, war­um bei syri­schen Flücht­lin­gen die Aner­ken­nung als GFK-Flücht­ling unter sol­chen Umstän­den nur adäquat ist.