News
Gestiegene Antragszahlen: Innenminister schürt Ressentiments

Im ersten Halbjahr 2013 ist die Zahl der Asylanträge deutlich gestiegen. Doch anders als Bundesinnenminister Friedrich unterstellt, ist dafür nicht massenhafter Asylmissbrauch verantwortlich, sondern die Situation in den Herkunftsländern.
Im ersten Halbjahr des laufenden Jahres sind die Asylantragszahlen in Deutschland deutlich gestiegen, wie aus einer Presseerklärung des Bundesinnenministeriums hervorgeht. So wurden im ersten Halbjahr 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 43.016 Asylerstanträge gestellt – im Vergleich zum ersten Halbjahr 2012 ist die Zahl der Asylsuchenden damit um knapp 20.000 Personen gestiegen.
Angesichts der gestiegenen Asylantragszahlen folgert Innenminister Friedrich, nun müsse „der Aufenthalt derer, die nur aus missbräuchlichen oder asylfremden Gründen zu uns kommen, schnell beendet werden.“ Friedrich unterstellt damit, der Anstieg sei auf massenhaften Asylmissbrauch zurückzuführen. Diese Unterstellung ist gefährlich und falsch.
Nicht die Schutzsuchenden sind verantwortlich für die hohen Asylantragszahlen, sondern die Situation in ihren Herkunftsländern. An zweiter und dritter Stelle der Hauptherkunftsländer stehen Syrien (4.517) und Afghanistan (3.448). An erster Stelle der Hauptherkunftsländer steht die Russische Föderation (9.957 Asylanträge). Dies geht auf die katastrophale Menschenrechtslage im Nordkaukasus zurück. In Tschetschenien, Dagestan und Inguschetien herrschen Willkür und Verfolgung von staatlicher Seite und Gewalttaten seitens islamistischer Gruppen, wie unter anderem aus einem Bericht zur Menschenrechtslage in den nordkaukasischen Republiken Dagestan, Tschetschenien und Inguschetien der Gesellschaft für Bedrohte Völker hervorgeht.
Friedrichs Aussagen sind angesichts dessen irreführend und gefährlich, sie schüren Ressentiments gegen Asylsuchende. Wie gefährlich dies ist, zeigen Proteste gegen Asylbewerberunterkünfte in Berlin-Hellersdorf und an anderen Orten, bei denen auch aus der Mitte der Gesellschaft heraus mit rassistischen Stereotypen und Vorurteilen gegenüber Asylsuchenden argumentiert wird.
Mit seiner Aussage bekräftigt Friedrich zugleich seine bisherige Strategie, Asylsuchende aus vermeintlich sicheren Herkunftsregionen in Schnellverfahren zu priorisieren und Verfahren von Schutzsuchenden mit guten Anerkennungschancen auf die lange Bank zu schieben. Dies hat schon in den ersten Monaten des Jahres zu einer nochmals drastischen Verlängerung der Asylverfahrensdauer gerade für diejenigen geführt, die relativ gute Anerkennungschancen haben. Diese Strategie ist fatal: Die einen unterliegen einem schematischen Schnellverfahren, die anderen verlieren Jahre ihres Lebens in permanenter Ungewissheit.
PRO ASYL zur Asylstatistik 2013: (10.01.14)
Das Problem heißt Rassismus (22.08.13)
Innenminister Friedrich unterstellt reflexhaft massenhaften Asylmissbrauch (16.07.13)