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Menschenrechtsorganisationen, darunter Amnesty International und dem mazedonischen Helsinki-Komitee, wird der Zugang zu der Hafteinrichtung "Gazi Baba" in Mazedonien verweigert. Vor allem syrische Flüchtlinge werden hier festgehalten. Foto: Schneider/Baeck

In Mazedoniens Hauptstadt Skopje sind Flüchtlinge unter menschenrechtswidrigen Bedingungen eingesperrt. Die Behörden verweigern Menschrechtlern den Zugang. Ein Rechercheteam konnte trotzdem die dramatische Situation dokumentieren.

Offi­zi­ell ist „Gazi Baba“ ein Auf­nah­me­zen­trum, in dem die Behör­den die Iden­ti­tät von Flücht­lin­gen fest­stel­len. Vor allem syri­sche Flücht­lin­ge, dar­un­ter auch Fami­lie mit Kin­dern sind hier unter­ge­bracht – zum Teil mona­te­lang. Ein Recher­che­team ist mit Unter­stüt­zung von PRO ASYL Anfang März nach Maze­do­ni­en gefah­ren, um die Situa­ti­on zu dokumentieren.

Nie­mand darf rein und nie­mand raus

Bereits von außen ist zu sehen, dass in „Gazi Baba“ kein Will­kom­mens­zen­trum steht. „Der Kom­plex besteht aus sechs bis sie­ben acht­ecki­gen Gebäu­den. Die Fens­ter sind ver­git­tert. Das Gelän­de ist kom­plett umzäunt, an Mas­ten an den Ecken hän­gen Über­wa­chungs-Kame­ras. Zwei Poli­zis­ten bewach­ten die Ein­rich­tung in einem Pfört­ner­haus.“ berich­tet Marc Mil­lies, der für den Bre­mer Flücht­lings­rat an der Recher­che­rei­se teil­nahm. Fak­tisch ist „Gazi Baba“ eine Haft­an­stalt. Nie­mand darf rein und nie­mand raus. 

Die Ein­rich­tung ist voll­kom­men über­füllt: 300 Flücht­lin­ge bei 150 Plätze

Dazu kommt: Die Ein­rich­tung ist voll­kom­men über­füllt. Das Hel­sin­ki-Komi­tee berich­tet, dass die für 150 Per­so­nen aus­ge­leg­te Ein­rich­tung zur­zeit mit 300 Per­so­nen belegt sei. „Vie­le Insas­sen müss­ten in den Gän­gen auf dem Boden schla­fen. In den klei­nen Räu­men, die der ehe­ma­li­ge Insas­se in etwa auf zehn Qua­drat­me­ter schätzt, müss­ten zehn Men­schen schla­fen“, schreibt das Recher­che­team. Auch Amnes­ty Inter­na­tio­nal berich­tet, dass Per­so­nen auf dem Boden schla­fen müssen.

Zutritt ver­wei­gert: Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen unerwünscht

Mit den der­zei­ti­gen Insas­sen durf­te das Recher­che­team aus Jour­na­lis­tIn­nen, Anwäl­tIn­nen, Akti­vis­tIn­nen und einer Ärz­tin nicht spre­chen. Die maze­do­ni­schen Behör­den ver­wei­ger­ten ihnen den Zutritt. Bereits zuvor waren auch Amnes­ty Inter­na­tio­nal und der Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­ti­on Hel­sin­ki-Komi­tee der Zutritt ver­wei­gert wor­den. Offen­bar soll ver­hin­dert wer­den, dass die Zustän­de in „Gazi Baba“ öffent­lich werden.

Feh­len­de medi­zi­ni­sche Hil­fe: „Die­ser Mann ist in Gefahr sein Bein zu verlieren“

Um mehr zu erfah­ren sprach das Recher­che­team mit Flücht­lin­gen, die ehe­mals in „Gazi Baba“ ein­sa­ßen. Neben der Über­be­le­gung ist den ist den ehe­ma­li­gen Insas­sen vor allem Eines in Erin­ne­rung geblie­ben: Das Feh­len von medi­zi­ni­scher Hil­fe. In der Ein­rich­tung gras­sie­ren fieb­ri­ge Erkäl­tungs­krank­hei­ten und Hals­ent­zün­dun­gen, berich­ten die Flücht­lin­ge. Die Behand­lung bestehe meist nur aus der Ver­ga­be von Schmerzmitteln. 

Selbst herz­kran­ke Men­schen und Schwan­ge­re wür­den nicht adäquat ver­sorgt. Wich­ti­ge Ope­ra­tio­nen wür­den nicht durch­ge­führt. Die Flücht­lin­ge berich­ten von einem 24-Jäh­ri­gen Flücht­ling der mit einer ent­zün­de­ten Schuss­ver­let­zung nach „Gazi Baba“ gekom­men sei und ope­riert wer­den müs­se. „Die Ope­ra­ti­on wur­de jedoch nicht durch­ge­führt. Wegen der star­ken Schmer­zen habe der Mann auch trotz Schmerz und Schlaf­mit­teln nicht schla­fen kön­nen. Die­ser Mann ist in Gefahr sein Bein zu ver­lie­ren“, berich­tet Marc Millies.

Den Bericht „Gazi Baba im maze­do­ni­schen Skop­je – Ein Knast als Erst­auf­nah­me“ (März 2015) fin­den Sie hier (pdf).

Maze­do­ni­en: Von wegen „siche­res Her­kunfts­land“ (11.05.15)