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Zehntausende Menschen mit Duldung könnten bald endlich einen sicheren Aufenthalt bekommen. Foto: picture alliance / dpa | Wolfgang Kumm

Das Chancen-Aufenthaltsrecht (§104c AufenthG) ist am 31.12.2022 in Kraft getreten. Das bedeutet, dass es ab sofort beantragt werden kann. Das Chancen-Aufenthaltsrecht gilt für drei Jahre, es kann also bis einschließlich zum 30.12.2025 beantragt werden.

Update vom 20.01.2023

Wie und wo kann das Chan­cen-Auf­ent­halts­recht bean­tragt werden? 

Das Chan­cen-Auf­ent­halts­recht muss bei der zustän­di­gen Aus­län­der­be­hör­de bean­tragt wer­den. Wir emp­feh­len einen schrift­li­chen Antrag einzureichen.

Wer kann das Chan­cen-Auf­ent­halts­recht bekommen?

Zunächst muss die Per­son gedul­det sein, um das Chan­cen-Auf­ent­halts­recht zu erhal­ten. Die Per­son muss nach dem  31.10.2017 in Deutsch­land ohne Unter­bre­chung fünf Jah­re mit Dul­dung, Gestat­tung oder Auf­ent­halts­er­laub­nis gelebt haben. Auch Zei­ten mit einer »Dul­dung light« wer­den bei die­sen fünf Jah­ren ange­rech­net. Dazu wird ein Bekennt­nis zur frei­heit­lich-demo­kra­ti­schen Grund­ord­nung gefor­dert. Aus­führ­li­che­re Infor­ma­tio­nen zu die­sen Vor­aus­set­zun­gen sind in unse­ren Bera­tungs­hin­wei­sen beschrieben.

Nicht nötig sind die Siche­rung des Lebens­un­ter­halts, also Arbeit, ein Pass sowie eine nach­ge­wie­se­ne Iden­ti­tät oder Staats­an­ge­hö­rig­keit und Sprachkenntnisse.

Wer ist aus­ge­schlos­sen vom Chan­cen-Auf­ent­halts­recht, auch wenn die Per­son die Vor­aus­set­zun­gen erfüllt?

Aus­ge­schlos­sen sind Men­schen, die zu Haft­stra­fen oder zu Geld­stra­fen über 50 Tages­sät­zen ver­ur­teilt wur­den (90 Tages­sät­ze bei Straf­ta­ten, die nach Auf­ent­halts­ge­setz oder Asyl­ge­setz nur von Aus­län­dern began­gen wer­den kön­nen, wie zum Bei­spiel Ein­rei­se und der Auf­ent­halt im Bun­des­ge­biet ohne Pass oder Auf­ent­halts­ti­tel). Das wür­de auch für jun­ge Men­schen gel­ten, die nach Jugend­straf­recht zu einer Haft­stra­fe auf Bewäh­rung oder in einer Jugend­straf­an­stalt ver­ur­teilt wurden.

Zu unter­schei­den von der Jugend­stra­fe sind Jugend­ar­rest in sei­nen ver­schie­de­nen For­men und ande­re Ver­ur­tei­lun­gen nach dem Jugend­straf­recht. Die­se dür­fen nicht zur Ver­sa­gung des Chan­cen-Auf­ent­halts­rechts führen.

Das Chan­cen-Auf­ent­halts­recht soll auch ver­wei­gert wer­den, wenn jemand wie­der­holt vor­sätz­lich fal­sche Anga­ben gemacht oder über Iden­ti­tät oder Staats­an­ge­hö­rig­keit getäuscht hat und dadurch die Abschie­bung ver­hin­dert. Die blo­ße Nicht-Mit­wir­kung bei der Pass­be­schaf­fung oder Besei­ti­gung von Aus­rei­se­hin­der­nis­sen ist kein Ausschlussgrund.

Zu den Vor­aus­set­zun­gen für das Chan­cen-Auf­ent­halts­recht gehö­ren unter ande­rem ein fünf­jäh­ri­ger unun­ter­bro­che­ner Auf­ent­halt im Bun­des­ge­biet mit Dul­dung, Gestat­tung oder Auf­ent­halts­er­laub­nis und ein Bekennt­nis zur frei­heit­lich-demo­kra­ti­schen Grundordnung.

Gilt das Chan­cen-Auf­ent­halts­recht auch für Fami­li­en­mit­glie­der von Anspruchs­be­rech­tig­ten, auch wenn die Fami­li­en­mit­glie­der noch nicht fünf Jah­re in Deutsch­land leben?

Ja. Ehe­gat­ten oder ein­ge­tra­ge­ne Lebenspartner*innen sowie min­der­jäh­ri­ge Kin­der, die mit Anspruchs­be­rech­tig­ten in häus­li­cher Gemein­schaft leben, sol­len ein Chan­cen-Auf­ent­halts­recht erhal­ten, auch wenn sie selbst noch kei­ne fünf Jah­re in Deutsch­land leben – sofern sie die ande­ren Vor­aus­set­zun­gen erfül­len. Auch voll­jäh­ri­ge ledi­ge Kin­der kön­nen das Chan­cen-Auf­ent­halts­recht bekom­men, wenn sie bei der Ein­rei­se in das Bun­des­ge­biet min­der­jäh­rig waren und wei­ter im sel­ben Haus­halt mit der stamm­be­rech­tig­ten Per­son leben.

Wel­chen Sta­tus bekom­men Men­schen, die das Chan­cen-Auf­ent­halts­recht erhalten?

Wer das Chan­cen-Auf­ent­halts­recht bekommt, erhält eine Auf­ent­halts­er­laub­nis mit Gül­tig­keit für 18 Mona­te, mit der die Aus­übung einer Erwerbs­tä­tig­keit – sowohl unselb­stän­di­ge Beschäf­ti­gung bei einem Arbeit­ge­ber als auch selb­stän­di­ge Tätig­keit – erlaubt ist. Auch sind Aus­lands­rei­sen mög­lich, wenn ein gül­ti­ger Pass schon da ist.

Was müs­sen die Men­schen in den 18 Mona­ten tun, um danach wei­ter eine Auf­ent­halts­er­laub­nis zu bekommen?

Um über die 18 Mona­te hin­aus eine Auf­ent­halts­er­laub­nis in Deutsch­land zu bekom­men, soll­ten Betrof­fe­ne die Zeit nut­zen, um die Vor­aus­set­zun­gen für die Blei­be­rechts­re­ge­lung für gut inte­grier­te Jugend­li­che und jun­ge Voll­jäh­ri­ge (§ 25a Auf­enthG) oder für die Blei­be­rechts­re­ge­lung bei nach­hal­ti­ger Inte­gra­ti­on (§ 25b Auf­enthG) zu erfül­len. In der Regel soll­te aber die Iden­ti­tät geklärt und ein gül­ti­ger Hei­mat­pass vor­han­den sein.

Wel­chen Sta­tus kön­nen die Men­schen nach dem Chan­cen-Auf­ent­halts­recht bekommen? 

Nach dem Chan­cen-Auf­ent­halts­recht, aber auch schon vor Ablauf der 18 Mona­te, kön­nen die Men­schen in Blei­be­rechts­re­ge­lun­gen wech­seln, wenn sie die jewei­li­gen Vor­aus­set­zun­gen erfül­len: in die Blei­be­rechts­re­ge­lung bei gut inte­grier­ten Jugend­li­chen und jun­gen Voll­jäh­ri­gen (zwi­schen dem 14. bis 27. Lebens­jahr, § 25a Auf­enthG) oder in die Blei­be­rechts­re­ge­lung für Erwach­se­ne bei nach­hal­ti­ger Inte­gra­ti­on (§ 25b Auf­enthG). Über die­se Blei­be­rechts­re­ge­lun­gen hät­ten die Per­so­nen dann eine Auf­ent­halts­er­laub­nis für einen län­ge­ren Aufenthalt.

Die Bedin­gun­gen für die bei­den Blei­be­rechts­re­ge­lun­gen sind eben­falls geän­dert wor­den. In unse­ren Bera­tungs­hin­wei­sen fin­den Sie aus­führ­li­che Infor­ma­tio­nen zu den Ände­run­gen der bei­den Auf­ent­halts­er­laub­nis­se. Hier fin­den Sie Check­lis­ten für die Auf­ent­halts­er­laub­nis nach § 25a Auf­enthG und § 25b Auf­enthG.

Wenn die Men­schen die Anfor­de­run­gen nicht erfül­len, sieht das Gesetz der­zeit einen Rück­fall in die Dul­dung vor. Aber auch in die­sen Fäl­len kön­nen noch ande­re Auf­ent­halts­si­che­rungs­mög­lich­kei­ten in Fra­ge kommen.

Da bei jeder Fall­kon­stel­la­ti­on eine inten­si­ve Abwä­gung aller Auf­ent­halts­si­che­rungs­mög­lich­kei­ten für Gedul­de­te erfol­gen soll­te, kön­nen die­se FAQs und unse­re Bera­tungs­hin­wei­se eine inten­si­ve Ein­zel­fall­be­ra­tung von Betrof­fe­nen nicht ersetzen.

Kön­nen Arbeitgeber*innen etwas tun, um ihre Mitarbeiter*innen bei der Erfül­lung der Vor­aus­set­zun­gen zu unterstützen?

Der Geset­zes­ent­wurf sieht kei­ne Mit­wir­kung der Arbeitgeber*innen vor. Grund­sätz­lich kön­nen die­se aber ihre Mitarbeiter*innen unter­stüt­zen, indem sie sie zum Bei­spiel auf das neue Chan­cen-Auf­ent­halts­recht hin­wei­sen, Unter­stüt­zung anbie­ten und ihnen die nöti­gen Behör­den­gän­ge ermög­li­chen. Hel­fen kön­nen auch gute Arbeits­be­din­gun­gen wie unbe­fris­te­te Arbeits­ver­trä­ge und gute Bezahlung.

(ja,wr, pva)