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Erfolg vor dem EGMR: Griechenland muss Schutz von Leib & Leben gewährleisten

Gestern ordnete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) an, zwei besonders schutzbedürftige Personen aus dem Elend von Moria 2.0 zu befreien. Der Fall wird von Anwält*innen von PRO ASYL/ RSA vertreten. Dennoch verfolgt die griechische Regierung das Ziel, Moria 2.0 alternativlos zu machen.
Gestern, am 24.09.2020, wies der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die griechische Regierung an, das Leben und die körperliche Unversehrtheit von zwei vulnerablen Asylsuchenden zu schützen, die in dem neuen Zeltlager in »Kara Tepe« – Moria 2.0 – festgehalten werden. Das Lager wurde nach der Zerstörung des EU-Hotspots Moria Anfang September 2020 auf Lesbos eingerichtet.
Der Fall S.A. und O.A. gegen Griechenland wird von den Anwält*innen unserer Partnerorganisation Refugee Support Aegean (RSA) vertreten. Bereits am 17.Juli 2020 wurden beide als besonders schutzbedürftige Personen identifiziert und hätten die Insel verlassen dürfen. Trotz der vorherigen Entscheidung der griechischen Behörden, befinden sich die Antragsteller nach den Bränden in Moria Anfang September noch immer unter menschenunwürdigen Bedingungen auf der Insel. Unmittelbar nach dem Brand hat die griechische Regierung ein allgemeines Ausreiseverbot für Lesbos verhängt.
Der EGMR gewährte nun eine vorläufige Maßnahmen –sogenannte »Rule 39« – und ordnete die griechische Regierung an , »alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Leib und Leben der Antragsteller gemäß Artikel 2 und 3 der Konvention zu schützen und Rücksicht auf die besonderen Umstände und der Verwundbarkeit der Antragsteller zu nehmen, die in der Entscheidung vom 17. Juli 2020 festgestellt wurden«.
Artikel 39 der Verfahrensordnung erlaubt es, vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vorläufige Maßnahmen zu verlangen, wenn ein nichtwiedergutzumachender Schaden droht. Im April sind einige solcher Verfahren für vulnerable Geflüchtete aus Moria positiv verlaufen.
Noch vor dem Brand in Moria hatte das Straßburger Gericht bereits mehrere vorläufige Maßnahmen angeordnet, um die sofortige Überstellung mehrerer besonders schutzbedürftiger Personen aus dem nun abgebrannten EU-Hotspot Moria zu verfügen, da die dort herrschenden Lebensbedingungen nicht den Menschenrechten entsprachen.
Angriff auf Alternativen zu Moria 2.0
Derweil kündigte der griechische Migrationsministers, Notis Mitarakis, an, alternative Aufnahmestrukturen auf Lesbos zu schließen. Das kommunale Camp »Kara Tepe« muss zum Ende des Jahres seine Arbeit einstellen. Das selbstorganisierte Camp »PIKPA« muss Ende Oktober schließen.
Die Ankündigung, PIKPA zu schließen, ist ein Angriff auf alternative, humane Unterbringungsstrukturen!
Die beiden Camps haben über die letzten Jahre zehntausende vulnerable Schutzsuchende aufgenommen und eine Unterbringung entsprechend ihrer Bedürfnisse gewährleistet. Die Ankündigung, sie nun zu schließen, ist ein Angriff auf alternative, humane Unterbringungsstrukturen. Die griechische Regierung baut mit dem neuen »Kara Tepe« ein Moria 2.0. Humane Gegenentwürfe finden in ihren Politik keinen Platz.
Evakuierung jetzt!
PRO ASYL und RSA wiederholen ihren Appell an die griechische Regierung, die Versorgung von Schutzsuchenden mit ausreichend Nahrung und Wasser, sowie ihre Unterbringung in angemessenen Unterkünften sicherzustellen. Die Tausenden auf Lesbos verbliebenen Schutzsuchenden müssen gesicherten Zugang zu sanitären Einrichtungen und zur Gesundheitsversorgung erhalten. Ihre Gesundheit und körperliche Unversehrtheit ist aufgrund der derzeitigen Bedingungen in dem neuen Zeltlager »Kara Tepe« gefährdet.
PRO ASYL und RSA verurteilen die Ankündigung des griechischen Migrationsministers, Notis Mitarakis, alternative Aufnahmestrukturen zu schließen. Das selbstorganisierte Camp »PIKPA« und das kommunale Camp »Kara Tepe« müssen weiter arbeiten dürfen.
Die griechische Regierung muss für die sofortige Überstellung der Schutzsuchenden in Aufnahmeeinrichtungen auf dem Festland sorgen. Europäische Mitgliedsstaaten wie Deutschland müssen unmittelbar mehr Kapazitäten zur Aufnahme der Schutzsuchenden zur Verfügung stellen.
(rsa / mz)